Private Views im MAK: Vorab-Online-Führung durch „Adolf Loos. Privathäuser“

November 29, 2020 in Ausstellung

VON MICHAELA MOTTINGER

Kein Palast für Josephine Baker

Adolf Loos: Haus Josephine Baker, Paris XVI, Avenue Bugeaud, Frankreich, 1927. Um- und Zusammenbau zweier bestehender Häuser. Modell. © Albertina, Wien

Auch während des zweiten Lockdowns ist das MAK #closedbutactive. Im Rahmen seines Digital-Angebots gibt das Museum nun vorab Einblick in jene neue Ausstellung, die unmittelbar nach dem Lockdown geöffnet sein wird: Rainald Franz gibt ab 4. Dezember auf www.youtube.com/makwien einen Vorgeschmack auf die Schau „Adolf Loos. Privathäuser“, die dem bedeutenden Wegbereiter der Wiener Moderne anlässlich seines 150. Geburtstags gewidmet ist.

Rainald Franz durchwandert die jederzeit für die Öffnung bereite Ausstellung und erzählt von den privaten Wohnbauten des berühmten Architekten, wie dem nie realisierten Haus für die Sängerin und Tänzerin Josephine Baker in Paris. Außerdem bespricht er neben zahlreichen Architekturzeichnungen auch Modelle für bedeutende Sozialbauten von Adolf Loos. Franz legt den Schwerpunkt auf Loos‘ revolutionäre Privatbauten, zumeist luxuriös eingerichtete Einfamilienhäuser, Villen und Landhäuser für eine bürgerliche Klientel, aber auch für Künstlerinnen, Künstler, Literatinnen und Literaten.

Kontrastierend dazu stehen in der Schau, die knapp 100 Entwurfszeichnungen, Pläne, Fotografien und Modelle aus dem Adolf-Loos-Archiv der Albertina zeigt, die bedeutende Sozialprojekte des Jahrhundertarchitekten, darunter Bauten für das Wiener Siedlungswerk, die Gemeinde Wien sowie den Werkbund. Das komplexe Œuvre von Adolf Loos, vor allem seine Architektur und seine Schriften, nahm kontinuierlichen Einfluss auf die Baukultur der vergangenen 100 Jahre. Mit seinen revolutionären baulichen Lösungen stillte er eines der wichtigsten Bedürfnisse des Menschen, den Wunsch nach Behausung.

Nachfolgende Architektur-Ikonen wie Richard Neutra, Heinrich Kulka oder Rudolph M. Schindler und kurzzeitig auch Margarete Schütte-Lihotzky zählten zu seinen Schülern und Mitarbeitern. Als energischer Gegner des Ringstraßenstils und scharfer Kritiker des Jugendstils sowie der Wiener Secession prägte Loos den ästhetischen Diskurs in Wien um 1900. In seinen zahlreichen theoretischen Abhandlungen und insbesondere in seiner legendären Streitschrift „Ornament und Verbrechen“ aus dem Jahr 1908 trat er vehement gegen jegliche neu erfundene Verzierung von Gebrauchsgegenständen und Gebäuden auf.

Adolf Loos: Haus Rufer, Wien XIII., 1922. Bild: © Martin Gerlach jun., 1930. © Albertina, Wien

Adolf Loos: Haus Rufer, Wien XIII., Blick ins Speisezimmer, 1922. Bild: © Martin Gerlach jun., 1930. © Albertina, Wien

Adolf Loos: Haus Moller, Wien XVIII., Treppenaufgang, 1930. Bild: © Martin Gerlach jun., 1930. © Albertina, Wien

Wohnbauten beschäftigten Loos sein gesamtes Schaffen hindurch und nehmen einen besonderen Stellenwert darin ein. Die MAK-Ausstellung beleuchtet sowohl sein projektiertes als auch sein ausgeführtes Werk, das sich in den privaten und den öffentlichen Wohnbau teilen lässt. Loos schuf die Bauten sehr eigenständig, war aber nicht frei von verschiedensten Einflüssen, so lassen sich etwa komplexe Bezüge zur amerikanischen, englischen und mediterranen Architektur sowie auch zum Klassizismus und zur Antike ablesen.

Aus den USA, wo er drei Jahre lang gelebt hatte, brachte Loos ein völlig neues Bild moderner Kultur nach Wien, das er in polemischen Zeitungsartikeln verbreitete – und im berühmten Looshaus am Michaelerplatz demonstrierte: In der Klarheit seiner Gliederung und der Schnörkellosigkeit der Fassade löste es im Wien um 1912 einen Skandal aus.

Bei seinen privaten, oft flachgedeckten Wohnbauten bevorzugte Loos – wann immer es möglich war – großflächige Terrassen und den „Raumplan“: Bei diesem von ihm entwickelten System wurden die Stockwerke nicht schichtartig übereinander „gelegt“, sondern jeder Raum erhielt die für seine Benutzung nötige Höhe und Dimension. Durch diesen ökonomischen Umgang mit Raum ergab sich ein kompliziertes, räumlich ineinander verschränktes System, das große wohnliche Qualitäten bot und noch bietet.

Adolf Loos: Haus Hugo und Lilly Steiner, Wien XIII., St. Veitgasse 10, 1910. Modell: Prof. Hans Puchhammer, TU Wien. © ALBERTINA, Wien

Zwischen 1903 und 1931 mit diesem System geplante und erbaute Projekte wie die Häuser für den Dadaisten Tristan Tzara 1925/26, die Sängerin und Tänzerin Josephine Baker in Paris 1927, das ein Projekt blieb, das nie ausgeführt wurde, den Baumeister František Müller in Prag von 1928 bis1930 und den Textilfabrikanten Hans Moller in Wien um 1927zählen bis heute weltweit zu den bedeutendsten Einfamilienhäusern des 20. Jahrhunderts.

An der Seite von Ausstellungskurator Peter Klinger kann seit 27. November außerdem die Schau „100 Beste Plakate 19. Deutschland Österreich Schweiz“ virtuell erkundet werden. Besprechung: www.mottingers-meinung.at/?p=42723, Teaser: www.youtube.com/watch?v=4RxXiMNDp-s&t=3s

Unter www.mak.at finden sich zahlreiche weitere digitale Angebote wie die neue Audioserie „Nachdenkereien“, der MAK-Blog, Podcasts zum Thema Creative Climate Care oder die MAK Lab App rund um Zukunftsgestaltung in Zeiten der Digitalen Moderne und des Klimawandels.

www.youtube.com/makwien           www.mak.at

  1. 11. 2020

Private Views im MAK: Vorab-Online-Führung durch „100 Beste Plakate 19. Deutschland Österreich Schweiz“

November 25, 2020 in Ausstellung

VON MICHAELA MOTTINGER

Das Tanzquartier Wien & die schrille Welt der Topfpalmen

MAK-Ausstellungsansicht: 100 Beste Plakate 19. Deutschland Österreich Schweiz. Von der Säulenhalle des Hauses geht es nun virtuell in den Kunstblättersaal. Bild: © MAK/Georg Mayer

Auch während des zweiten Lockdowns ist das MAK #closedbutactive. Im Rahmen seines umfangreichen Digital-Angebots gibt das Museum nun vorab Einblick in die neue Ausstellung, die unmittelbar nach dem Lockdown geöffnet sein wird: An der Seite von Ausstellungskurator Peter Klinger kann ab 27. November auf dem MAK-Channel www.youtube.com/makwien die Schau „100 Beste Plakate 19. Deutschland Österreich Schweiz“ virtuell erkundet werden.

In seiner Online-Führung vertieft Klinger die gezeigte grafische Ideenwelt, die unterschiedlicher nicht sein könnte: vom studentischen Plakat-Projekt bis zur Auftragsarbeit etablierter Grafikdesignerinnen und -designer. Die bereits aufgebaute Schau im Kunstblättersaal des Hauses unterstreicht die Relevanz des gedruckten Plakats in Social-Media-Zeiten und zeigt, wie vielfältig Typografie im Gestaltungsprozess eingesetzt werden kann. Die Siegerprojekte bestechen durch den Einsatz von Typografie als integrativem Bestandteil des Gestaltungsprozesses: einerseits als dekoratives Element im harmonischen Zusammenspiel mit dem Sujet, andererseits als rein ästhetisches Stilmittel, um die Lesbarkeit der Ankündigungen zu steigern.

Fumetto Comic Festival Luzern 2019. Atelier: C2F. Schweiz. © C2F und Keiichi Tanaami/100 Beste Plakate e. V.

La Fille du Regiment. Auftraggeber: Theater Orchester Biel Solothurn. Atelier Bundi. Schweiz. © Atelier Bundi/100 Beste Plakate e. V.

Tanzquartier Wien Kampagne – Jakob Lena Knebl. Atelier: Studio VIE. Bild: Katarina Šoškić. Österreich. © Studio VIE/100 Beste Plakate e. V.

684 Einreicherinnen und Einreicher beteiligten sich mit insgesamt 2.247 Plakaten am diesjährigen Wettbewerb, 45 der Sieger-Plakate und -Plakatserien stammen aus Deutschland, 52 aus der Schweiz und drei aus Österreich. Unter den drei österreichischen Gewinnersujets ist Verena Panholzers Studio Es gleich zweimal vertreten. Für das Plakat zu Rosa Friedrichs Kurzfilm “Topfpalmen“ gestalteten Panholzer und Arjun Gilgen ein grellfarbiges Sujet, mit dem sie direkt Bezug auf die charakteristische Farbpalette des 16-mm-Kodachrome-Films nahmen:

„In der schrillen Welt von Topfpalmen stimmt etwas nicht. Auf der ausgefallenen Hochzeitsfeier von Bettis Tante Vio und dem herumtreiberischen Bräutigam Alf ist nicht nur ganz viel Liebe in der Luft, sondern es riecht auch verdächtig nach Schwindel. […] und dennoch tanzen alle weiter!“, so die Bewerbung des Films seitens der Filmakademie. Oder wie die Regisseurin meint: „Die Realität muss nicht grau und grausam sein. Sie kann auch bunt und grausam sein.“

JazzOnze+ Festival. Grafik: Anaëlle Clot. Schweiz. © Anaëlle Clot/100 Beste Plakate e. V.

Théâtre Oriental Vevey. Atelier: Scholl Design. Schweiz. © Scholl Design/100 Beste Plakate e. V.

Staatsballett Berlin: Lib/Strong. Atelier: cyan. Deutschland. © cyan/100 Beste Plakate e. V.

Das Studio Es reüssierte auch mit einer Serie von drei Plakaten für die Kunstgalerie Helmuts Art Club im 4. Bezirk in Wien. Alle drei Einreichungen weisen dabei den gleichen Aufbau auf: Zwei Sujets dienen als immer wiederkehrendes Rapportmuster. Mit einer Serie von drei Plakaten für das Tanzquartier Wien überzeugte das Studio VIE die Jury. Das TQW gilt als die wichtigste Einrichtung für zeitgenössischen Tanz und Performance sowie für Choreografie in Österreich. Der Entwurf des Studio VIE zeigt ein sinnliches Körper-Schrift-Arrangement der österreichischen Künstlerin Jakob Lena Knebl, fotografiert von Katarina Šoškić.

Körper und Textbausteine, jeweils einer der drei Buchstaben des Akronyms TQW, bilden ein metamorphes Versatzstück aus Korallen, Muscheln, vergoldeten Knochen und organischen Körpern. Jakob Lena Knebl wird 2021 anlässlich der Biennale in Venedig den österreichischen Pavillon bespielen. Unter www.mak.at finden sich zahlreiche weitere digitale Angebote wie die neue Audioserie „Nachdenkereien“, der MAK-Blog, Podcasts zum Thema Creative Climate Care oder die MAK Lab App rund um Zukunftsgestaltung in Zeiten der Digitalen Moderne und des Klimawandels.

www.youtube.com/makwien           www.mak.at

25. 11. 2020