Schikaneder: Milica Jovanovic im Gespräch
September 30, 2016 in Klassik
VON MICHAELA MOTTINGER
Sie spielt die Ehefrau Eleonore

Milica Jovanovic und Mark Seibert als Eleonore und Emanuel Schikaneder. Bild: Rafaela Proell
Wenn sich heute Abend im Raimund Theater der Vorhang hebt, wird sie als Eleonore Schikaneder auf der Bühne stehen. Milica Jovanovic verleiht in der Weltpremiere des neuen VBW-Musicals der Ehefrau des genialen Theatermanns Gestalt und Stimme – und erlebt dabei eine turbulente Liebesgeschichte rund um die Entstehung der „Zauberflöte“. Den Schikaneder spielt Mark Seibert. Das Buch stammt von VBW-Musicalintendant Christian Struppeck, die Musik von Stephen Schwartz. Regie führt Sir Trevor Nunn.
Milica Jovanovic im Gespräch:
MM: Hand aufs Herz, seit wann wissen Sie, dass es einen Wiener Theatermacher namens Emanuel Schikaneder und seine Frau Eleonore gegeben hat?
Milica Jovanovic: Ich habe 2008 zum ersten Mal die Papagena in der „Zauberflöte“ am Staatstheater am Gärtnerplatz in München gesungen und habe da auf dem Deckblatt der Noten seinen Namen gelesen. Von seiner Frau weiß ich erst durch unser Musical.
MM: Ihnen kommt nun die Aufgabe zu, Eleonore Schikaneder zu würdigen. Ich denke, bis dato wusste kaum jemand, wie wichtig Ihre Funktion bei der Entstehung dieses Meisterwerks war. Über sie weiß man wenig, was haben Sie sich also über Ihre Figur erarbeitet und zurechtgelegt? Und mit Augenzwinkern gefragt: Wird’s einen emanzipatorischen Ansatz dabei geben?
Jovanovic: Eleonore ist eine starke, hochintelligente Frau, die ihrer Zeit weit voraus war. Dennoch stieß sie in der damaligen Gesellschaft an ihre Grenzen, weil sie eine Frau war und somit nicht dieselben Rechte besaß. Unser Musical begleitet sie auf dem Weg ihrer Emanzipierung. Ich habe Fakten über Eleonore gesammelt, mit dem Kreativteam und unserer Dramaturgin diskutiert und habe mir anhand der Texte und Lieder meine Eleonore gebaut. Interessant finde ich, dass ich ihr unterbewusst eine tiefere Sprechstimme gegeben habe, als ich normalerweise habe, um aus ihr eine toughe Frau zu machen. Spannend für mich als Schauspielerin ist die Alterspanne, ich zeige Eleonore von Anfang zwanzig bis Mitte dreißig.
MM: Ist es eine besondere Herausforderung Rollen für eine Uraufführung erstmals, heißt: ohne „Vorbilder“, zu gestalten?
Jovanovic: Für mich ist es eine wunderbare Chance und ein Geschenk. Ich darf kreativ sein und mich einbringen. Ich darf singen, wie es aus mir herauskommt und spielen, wie ich es empfinde und somit viel ausprobieren. Unser Regisseur unterstützt uns in diesem Prozess sehr und hilft uns, wenn wir irgendwo steckenbleiben. Ich fühle mich in diesem Team sehr aufgehoben. Und unser Komponist ist fast immer da und passt uns die Songs an. Es ist ein wahr gewordener Traum.
MM: Sie probten sechs Tage die Woche. Wie ist diese intensive Arbeit mit Regisseur Sir Trevor Nunn und Musikchef Koen Schoots?
Jovanovic: Er ist ein wunderbarer Mensch und grandioser Regisseur, immer freundlich und sehr witzig. Mit Koen arbeite ich bereits zum dritten Mal. Jedes Mal staune ich über sein Dirigat, wie er mit mir als Sängerin atmet und mich mit dem Orchester unterstützt, ist einmalig. Jetzt gerade arbeiten wir an den technischen Abläufen, morgen haben wir die erste Bühnenorchesterprobe und darauf freue ich mich schon sehr.

Die Hauptdarsteller bei derProbe … Bild: VBW/ Herwig Prammer

… und knapp vor der Weltpremiere. Bild: VBW/Rolf Bock
MM: Bei einer ersten Präsentation hat uns Stephen Schwartz in seine Musik hineinhören lassen, sie ist sehr eingängig, lässt für mich klassische Musicalmelodien, aber auch die goldene Operette anklingen als wäre es seine Hommage an die Uraufführungsstadt.
Jovanovic: Stephen Schwartz ist etwas Magisches gelungen. Er schafft es, seine Musik mit Mozart zu verweben und daraus etwas Neues zu schaffen.
MM: Wie hoch ist der Erwartungsdruck, den Sie sich vielleicht auch selber machen, wie hoch die Fallhöhe bei so einem Projekt?
Jovanovic: Ich freue mich jetzt sehr auf das Publikum, um zu sehen, wie die Menschen auf das Stück reagieren, und ob es sie genauso berührt wie mich. Ich hoffe, dass es ein Erfolg wird. Ich spüre insoweit Druck, dass wir alle auf und hinter der Bühne auf Hochtouren arbeiten und alles geben.
MM: Sie haben schon in Wien gearbeitet. Ist es in Wien wirklich so besonders, wie viele Künstler gerne sagen?
Jovanovic: Ja, das ist es. Ich habe selten so ein leidenschaftliches Publikum erlebt. Ich werde nie den Moment und die Reaktionen vergessen, als ich zum ersten Mal die Arie „Liebe stirbt nie“ gesungen habe.
MM: Der vorprogrammierte Hit des Werks heißt ja „Träum‘ groß!“. Wovon werden Sie vor der Welturaufführung träumen?
Jovanovic: Von veganen Cupcakes, Kokoswasser und ausverkauften Vorstellungen.
Was VBW-Musicalintendant Christian Struppeck über „Schikaneder“ sagt: www.mottingers-meinung.at/?p=23050
Was Komponist Stephen Schwartz über „Schikaneder“ sagt: www.mottingers-meinung.at/?p=19731
Wien, 30. 9. 2016