Kunst Haus Wien: Teach Nature

Juni 13, 2022 in Ausstellung

VON MICHAELA MOTTINGER

Zur Eröffnung gibt’s ein Sommerfest in der Grätzloase

© Akademie der bildenden Künste Wien © Freja Gøtke

Das Kunst Haus Wien zeigt ab 15. Juni die Ausstellung „Teach Nature“. Für die Gruppenausstellung setzen sich Studierende der Akademie der bildenden Künste mit der Bedeutung von Natur für die Kunstproduktion auseinander. Inspiriert wurden ihre Arbeiten durch Besuche österreichischer Nationalsparks und Gespräche mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie Parkbetreuerinnen und Parkbetreuern.

Ausgangspunkt der Beschäftigung der Studierenden war die sogenannte „Rote Liste“, also die stetig steigende Anzahl der gefährdeten Tier- und Pflanzenarten Österreichs. Simone Bader, Mona Hahn, Roland Kollnitz, Nora Schultz und Heimo Zobernig standen den Studierenden  als Lehrende der Fachbereiche Bildhauerei | Raumstrategien, Bildhauerei und Installation, sowie Kunst im öffentlichen Raum begleitend zur Seite. In regelmäßigen Treffen wurden die Zusammenhänge der in und mit der Natur gesammelten Eindrücke und deren Bedeutung für die Kunstproduktion diskutiert und Bezüge zur künstlerischen Arbeitsmethodik hergestellt.

Die künstlerischen Ergebnisse sind Interventionen im Innen- und Außenbereich der Garage des Kunst Haus Wien sowie im Café: Skulpturen, Malerei, Drucke, Videos und Performances. Zu den Künstlerinnen und Künstlern aus dem In- und Ausland zählen Vik Bayer, Anna Bochkova, Karolin Brägger, PYO E, Bianca Phos, Emma Hummerhielm Carlén, Kristina Cyan, Nana Dahlin, Freja Gøtke, Yoko Gwen Halbwidl,  Jusun Lee, raúl i. lima und Bob Schatzi Hausmann.

Zu sehen bis 2. Oktober.

Sommerfest im Kunst Haus Wien

© Akademie der bildenden Künste Wien © Bob Schatzi Hausmann

© Akademie der bildenden Künste Wien © Freja Gøtke

Zur Eröffnung der Ausstellung „Teach Nature“ und der neu installierten grünen Grätzloase lädt das Kunst Haus Wien zum Sommerfest am Dienstag, 14. Juni ab 18 Uhr. An diesem Abend ist auch die Fotografie- ausstellung „Wenn der Wind weht“ bei freiem Eintritt zu besichtigen. Es gibt es sommerliche Cocktails, Grillköstlichkeiten und Eis sowie feine Beats von den DJs Juliana Lindenhofer und Gerald Moser im begrünten Innenhof und der Grätzloase des Kunst Haus Wien.

Programm:

18 Uhr: Eröffnung Ausstellung „Teach Nature“
18.45 Uhr: “This basic nature” von Florian Hofer
17.30 – 20 Uhr: DJ Gerald Moser
20 Uhr: Performance/Konzert von Nana Dahlin
20.30 – 22 Uhr: „Du musst nicht alles wissen / Says the ruling class“ DJ- Set von Juliana Lindenhofer
18 -21 Uhr Ausstellung „Wenn der Wind weht“

Food & Drinks:

Lammwürste vom Grill mit Wiederkehr Brot von Ströck
Sommerliche Cocktails von der Eden Bar
Eis von Ramelle in der Grätzloase *

* Das begrünte Parklet des Kunst Haus Wien wurde von Designer Robert Rüf gestaltet und besteht aus massiver Lärche und Seekiefer-Sperrholz. Für die Bepflanzung wurde der Fokus auf essbare, Kräuter und bienenfreundliche Pflanzen gelegt. So findet sich in der Grätzloase zum Beispiel Lavendel, Salbei, Griechischer Bergtee, Minze, Petersilie und Gewürztagetes.

Der Eintritt zum Sommerfest ist frei!
Um Anmeldung wird gebeten: HIER ANMELDEN

Welttag des Windes: 1+1 gratis ins Museum

Kunst Haus Wien. Bild: © Rudolf Strobl

Zum Welttag des Windes am 15. Juni, 10 bis 18 Uhr, erhalten Besucherinnen und Besucher zu jedem Vollpreisticket ein weiteres Ticket gratis dazu. Im Kontext der Klimakrise spielen sowohl Luftverschmutzung und Stürme als auch die Windkraft als erneuerbare Energiequelle eine wesentliche Rolle. Ursprünglich als Aktionstag der Windenergie ausgerichtet, dient er nun zur Bewusstseinsbildung zu alternativer Energieformen, Ökologie und Umweltschutz. Um 17 Uhr startet eine Führung durch die Fotoausstellung Wenn der Wind weht. Die Teilnahme ist ebenfalls gratis.

www.kunsthauswien.com

13. 6. 2022

Foto Wien 2022: Fotografinnen im Fokus …

März 6, 2022 in Ausstellung

VON MICHAELA MOTTINGER

… Rethinking Nature und die besten Fotobücher

Pixy Liao: Red Nails, Serie: For Your Eyes Only, seit 2012 © Pixy Liao

Von 9. bis 27. März rückt das Festival Foto Wien gemeinsam mit mehr als 140 Ausstellungen und mehr als 300 Veranstaltungen das Medium Fotografie ins Zentrum der Aufmerksamkeit. Organisiert wird das Festival vom Kunst Haus Wien mit zahlreichen Programmpartnern. Museen, Ausstellungshäuser, Galerien, Kunstuniversitäten, Ausstellungsräume zeigen aktuelle fotografische Positionen aus den Bereichen der künstlerischen, aber auch der Dokumentar-, der Reportage- und Modefotografie.

Zwei inhaltliche Schwerpunkte prägen das diesjährige Festival: „Fotografinnen im Fokus“ hebt die herausragenden, nicht immer ausreichend gewürdigten fotografischen Leistungen von Frauen hervor. „Rethinking Nature/Rethinking Landscape“ stellt die Schlüsselrolle der Fotografie in der Wahrnehmung von Natur und Landschaft in den Mittelpunkt und beleuchtet kritisch den Umgang der Menschen mit ihnen.

Lokale und internationale Positionen sind im Rahmen von Einzelpräsentationen und thematischen Gruppenausstellungen in ganz Wien zu sehen. Ergänzend lädt das umfangreiche Rahmenprogramm mit Führungen, Workshops, Symposien, Talks, Buchpräsentationen, den täglichen Bildbesprechungen und Studio Visits zur vertiefenden Auseinandersetzung ein.

Die Festivalzentrale im Atelier Augarten fungiert als Herzstück der Foto Wien. Neben Ausstellungen zu den Schwerpunktthemen ist die Festivalzentrale Treffpunkt und Ort für Austausch und Diskurse. Das Symposium „Wie hältst du’s mit dem Material“ am 18. und 19. März lässt verschiedene Akteurinnen und Akteure der Fotoszene zu Wort kommen. Sie analysieren die sich verändernden Anforderungen im praktischen und theoretischen Umgang mit Fotografie sowie deren Vermittlung. Dabei werden insbesondere die Anliegen von Künstlerinnen und Künstler in die Debatte aufgenommen, um neue Handlungsfelder für die Politik und die Institutionen aufzuzeigen.

Mit der Fotobuch-Ausstellung, dem Photobook Market, dem Photobook Award sowie zahlreichen Buchpräsentationen und Signierstunden steht das letzte Festivalwochenende ganz im Zeichen des Fotobuchs.

Fotografinnen im Fokus – Pixy Liao: Experimental Relationship, 2014 © Pixy Liao

Weronika Gęsicka: Untitled #12, aus der Serie: Holiday, 2019–2020 © Weronika Gęsicka, 2019-2020, Courtesy: Jednostka Gallery, Warsaw

Rethinking Nature/Rethinking Landscape – Danila Tkachenko: #9, aus der Serie: Motherland, 2016 © Danila Tkachenko

Jonathas De Andrade: Still aus „O Peixe“ (The Fish), 2016 © Jonathas De Andrade

Fotografinnen im Fokus

Einer der Schwerpunkte von Foto Wien liegt auf der Hervorhebung der herausragenden Arbeit von Fotografinnen, um der noch immer herrschenden musealen und kunsthistorischen Dominanz männlicher Positionen innerhalb des Mediums entgegenzuwirken. Zu sehen sind inhaltlich und ästhetisch unterschiedlichste Werke. Sie stehen für die Vielfalt des fotokünstlerischen Schaffens von Frauen, wobei die Ausstellung vor allem auch die Auseinandersetzung mit Werken von in Österreich noch wenig bekannten Fotografinnen ermöglicht. Gemeinsam ist allen Künstlerinnen die Reflexion politischer und gesellschaftlicher Themen. Mit Fotos von Laia Abril, Alia Ali, Poulomi Basu, Nakeya Brown, Pixy Liao, Paola Paredes, Sọ̀rọ̀ Sókè (Kollektiv), Annegret Soltau, The Journal (Kollektiv) und Carmen Winant.

Rethinking Nature/Rethinking Landscape

Seit der Erfindung des Mediums spielt das fotografische Abbild eine entscheidende Rolle bei der Wahrnehmung von Natur und Landschaft. Viele zeitgenössische Fotografinnen, Fotografen, Künstlerinnen und Künstler reflektieren in ihren Arbeiten das aktuelle Verhältnis von Mensch und Natur, machen die gegenwärtigen ökologischen Veränderungen visuell erfahrbar und loten dabei die Möglichkeiten der fotografischen Repräsentation aus. Die Ausstellungen in der Festivalzentrale zeigen neben herausragenden Einzelpräsenationen auch jene fünf aufstrebenden, europäischen Positionen, die vom Festivalnetzwerk „European Month of Photography“ für den EMOP Arendt Award nominiert waren. Mit Fotos von Simon Brugner, Vanja Bucan, Tamás Dezsö, Judith Huemer, Maria-Magdalena Ianchis, Inka & Niclas Lindergård, Sissa Micheli, Stefan Oláh, Anastasia Mityukova, Georg Petermichl, Klaus Pichler und Danila Tkachenko.

Basierend auf einem internationalen Open Call in Kooperation mit Mois européen de la photographie Luxembourg und Imago Lisboa und den daraus hervorgegangenen Einreichungen wurden Arbeiten von 111 internationalen Kunstschaffenden ausgewählt und zu einem eindringlichen, audiovisuellen Erlebnis – einer Slideshow – arrangiert. Zeitgenössische Natur- und Landschaftsfotografie kommt in ihrer Vielfalt ebenso zum Ausdruck wie unterschiedliche Perspektiven auf den Begriff Natur.

Luca Piscopo, Candy Oscuro: Apocalypse & Genesis, 2020 © Luca Piscopo

Michaela Bruckmüller: Lilie Lilium, 2018, aus der Serie: Danse macabre, 2018 © M. Bruckmüller, Bildrecht Wien 2022

Kristina Varaksina: Self-Portrait Hair, 2020 © Kristina Varaksina, Courtesy: Hello World Gallery, Wien

Unseen Wien

Die Fotografien der Studierenden der Höheren Graphischen Bundes-Lehr- und Versuchsanstalt zeigen individuell entdeckte Unorte und Hiding Places in Wien und Umgebung, erforschen die architektonischen Strukturen der Stadt sowie ihre urbanen und suburbanen Besonderheiten.

Fotobuch-Ausstellung

Das Fotobuch spielt eine zentrale Rolle in der Fotografie. Es ist eines der wichtigsten analogen Medien, um fotografische Arbeiten und Projekte auf eine hochqualitative Weise zu transportieren. In der Ausstellung werden die besten Fotobücher der vergangenen drei Jahre gezeigt, die aus allen Einsendungen ausgewählt wurden. Am 26. März wird der Foto Wien Photobook Award verliehen: Mit einem Preisgeld von insgesamt 3.000 Euro werden die drei besten Fotobücher seit 2019 prämiert. Der Jury gehören Andreas Bitesnich, Fotograf und Fotobuch-Sammler, Verena Kaspar-Eisert, Kuratorin Foto Wien, und Michael Kollmann, Fotobuch-Kurator des OstLicht, an.

Photobook Market

Am letzten Festivalwochenende findet der von Fotohof edition veranstaltete Photobook Market statt. Mit ausgewählten Verlagen und Fotobuchhandlungen, Neuerscheinungen, Talks und Booksignings dreht sich alles um Fotografie in Buchform.

Trailer: www.youtube.com/watch?v=uhvaL7Tyt14           www.fotowien.at

6. 3. 2022

Wiener Festwochen – Nature Theater of Oklahoma: Burt Turrido. An Opera

August 28, 2021 in Bühne

VON MICHAELA MOTTINGER

Das Folkslied von der toten Erde

Bild: © Jessica Schaefer

Ein Schiffbruch, eine letzte bewohnbare Insel, Liebe, Tod und unbefleckte Empfängnis – das sind nur einige der Komponenten, aus denen das Nature Theater of Oklahoma einmal mehr ein Spektakel – nun: komponiert. Die auf übermütige, überbordende, überfordernde Produktionen eingeschworene Performance-Truppe rund um Kelly Copper und Pavol Liška hat sich für ihre jüngste Bühnen- dekonstruktion nämlich des Formats Oper angenommen.

„Burt Turrido. An Opera“ heißt diese Spätvorstellung der diesjährigen Wiener Festwochen, zu sehen noch am 29. und 30. August im Theater Akzent, und es gibt für beide Termine noch Karten, und wer Gefallen an vier Stunden Country-Western-Klima-Apokalypse zu finden vermag, der sollte sich den Abend keinesfalls entgehen lassen. Die New Yorker Szeneavantgardisten, wie immer changierend zwischen Dada und Gaga, singen ein Folkslied von der toten Erde, was weniger mit Gustav Mahler denn mit Richard Wagner zu tun hat, an dessen „Fliegenden Holländer“ inhaltlich zu orientieren die Sich-zur-Schau-Steller immerhin behaupten.

Im Line-Dance-Gleichschritt tänzeln drei Hillbilly-Geister über die verbliebenen Bretter, die deren Welt bedeuten, eins der Gespenster rettet einen Schiffbrüchigen vorm Ertrinken nach Banana-Island. Die -republik enttarnt sich tatsächlich als solche, das jüngste Gericht ist sozusagen der tägliche Überlebenskampf um den letzten Bissen Brot, auf dieser Insel, die den einzig besiedelbaren Ort nach der globalen Klimakatastrophe markierte.

Flugs wird der Seemann zum Gefangenen gemacht. „Are you jealous / Of a slave? / A silly thing / For a king …“ Doch warum Ressourcen teilen? Weshalb einem Klima-/Flüchtling beistehen? Das nach dem mysteriösen Zirkus in Franz Kafkas „Amerika“-Fragment benannte Ensemble entwirft im hohen, mit blaubemalten Schwungtüchern und Sperrholzbändern simulierten Wellengang ein Zerrbild für Zeitgenossen, die an Seh-Krankheit leiden, und wie schamlos fröhlich Gesellschaftskritik sein kann, zeigt sich im Folgenden.

Bild: © Jessica Schaefer

Bild: © Jessica Schaefer

Inmitten kitschiger Kulisse, pathostriefender Exzentrik und Robert M. Johansons Fahrstuhlmusik-Fiddles landet „Burt Turrido“ im absurdesten Honky Tonk ever. Sorry, dass einem Rodgers und Hammerstein durch den Kopf spuken, aber ständig wabert Herzschmerz, sehnsüchtige oder nicht erwiderte Liebe durchs wildromantische Setting. „Oklahoma!“ wortwörtlich, Nonsens mit gewaltig Hintersinn, alles ganz fabelhafte Hausmacher-Art, respekt- und grenzenlos, wie man’s zuletzt beim mittlerweile legendären Jelinek-Projekt „Kinder der Toten“ beim steirischen herbst erlebt hat.

Dass das Anti-Elysium zustande kam, ist übrigens der Generosität des Schauspiel Frankfurt zu danken, wo eine Aufführung des Auftragswerks fürs Festival „Frankfurter Positionen“ COV19-bedingt ausfallen musste, man der Truppe aber dennoch Haus und Werkstätten zur Verfügung stellte, um ihr Vaudeville samt seinem Strand voller Plastikmüll in Fischernetzen, einer Meeresbrühe von vergifteten Fischen und Dutzenden Totenpuppen – all jene, denen das rettende Ufer zur verbotenen Zone deklariert wurde – zu fertigen (Bühne: Luka Curk, Kostüme: Anna Sünkel).

Fußnote zum Insel-Bild: Als Kelly Copper und Pavol Liška am Libretto schrieben, versuchte Trump gerade, Grönland samt seinen Gas- und Ölreserven zu ergattern, etwa im Tausch gegen Costa Rica. Kein politischer Eisbrecher – die Antworten aus Nuuk und Kopenhagen auf das Kaufangebot des US-Präsidenten waren unmissverständlich …

Die Darstellerinnen und Darsteller Gabel Eiben, Anne Gridley, Robert M. Johanson, Bence Mezei und Kadence Neill teilen sich auf die Figuren Emily, das selbsternannte Königspaar Karen und Bob sowie Joseph, Karens verflossenen Liebhaber, der in einem Verlies neben einem Berg von Leichen dahinvegetiert, und dem gestrandeten Fremdling „Burt Turrido“ auf – und naturgemäß sind sie alle großartig, vor allem aber Gabel Eiben mit seinem bauschigen Backenbart und Bence Mezei in den vorstellbar knappsten Jeans-Hotpants, der sich noch dazu als flinkfüßiger Schuhplattler-Profi erweist.

Komponist Johanson, der schon bei „Life and Times“ – 2009 im Kasino des Burgtheaters – die preisgekrönte Musik beisteuerte, ist ein grotesk grausamer König Bob, Anne Gridley seine stets neue Opfer fordernde Schreckschrauben-Königin. Und wahrhaft ist die Sache mit dem gitarrenlastigen Nashville Sound und den Klavierballaden eine Königsidee – dies wohltönend-wehmütige, letztlich lakonische Erzählen Armer-Leute-Storys von Unentrinnbarkeit und Schicksalsergebenheit in der Larger-than-Life-Behauptung des Genres Oper.

Was Wunder, landen am Ende noch Aliens, auf dass ein Kindlein geboren werde, das auf einem Narwal lachend-brabbelnd in die Zukunft reitet. „Burt Turrido. An Opera“ ist eine opulente Show, die mit Augenzwinkern tagesaktuelle Themen aufmischt, in der Zart und Zynisch sich die Hände reiben, den unsympathischen Figuren zum Trotz hochsympathisch – und mit einem Hoffnungsschimmer wie einer Songzeile der Carter Family … there’s a silver linin‘ behind every cloud …

www.festwochen.at          Trailer: www.youtube.com/watch?v=ghisQIJFiJQ           oktheater.org

  1. 8. 2021

Kunsthistorisches Museum Wien: Ganymed Nature

März 8, 2018 in Bühne

VON MICHAELA MOTTINGER

Furchtbarer Fischmarkt und frisch geköpfte Rosen

Die Strottern spielen auf der Klimt-Brücke auf. Bild: © Helmut Wimmer

Zum fünften Mal hält seit gestern Abend die Erfolgsserie „Ganymed“ Einzug ins Kunsthistorische Museum Wien; „Ganymed Nature“ heißt die neue Arbeit von Regisseurin Jacqueline Kornmüller – und sie ist genauso fantastisch wie ihre Vorgänger. Mit 25 darstellenden Künstlerinnen und Künstlern entwickelte Kornmüller ihre Inszenierung, in der sie diesmal die Natur zur Hauptdarstellerin macht.

Das exzellente Ensemble aus Musik, Theater und Tanz erweckt dabei die Gemäldegalerie zu neuem Leben. Sechs Kompositionen und sieben literarische Texte, inspiriert von den Meisterwerken des Hauses, werden direkt vor den Werken aufgeführt – ein unvergesslicher Eindruck, der an der einen oder anderen Stelle auch neue Sichtweisen auf Alte Meister eröffnet.

Mit brillant beklemmendem Humor seziert eingangs Peter Wolf „Am Beispiel des Hummers“ von US-Autor David Foster Wallace vor „Großer Fischmarkt“ von Joachim Sandrart. Welch ein Kontrast, das Fest der Meeresfrüchte auf dem Bild und die drastische Schilderung des schändlichen Umgangs mit dem Tier in der modernen Nahrungsmittelindustrie! „Augenschmaus der Speckfalte“ nennt sich ein launiger Text von Eva Menasse, den Katharina Stemberger vor dem „Venusfest“ von Peter Paul Rubens zum besten gibt. Fliegendes, kugelndes, wurlendes Puttenfleisch, ein riesiges nacktes Durcheinander, begleitet von Karlheinz Essl, der seine Komposition „Some Way Up“ über Rubens‘ „Gewitterlandschaften“ legt. Vor dem Werk entfesselt er spontan wie ein Wettermacher immer neue Stürme, lässt Regenmassen niederprasseln und erschafft elektronische Regenbogen.

Raphael von Bargen. Bild: © Helmut Wimmer

Peter Wolf. Bild: © Helmut Wimmer

Ein, wenn nicht das Highlight des Ganzen ist David Oberkoglers Vortrag „Der unnatürliche Mensch“ von Milena Michiko Flasar vor „Waldlandschaft“ von Gillis van Coninxloo. Inhalt: Erich bekommt den Schlüssel für die Nachbarswohnung zum Blumengießen und landet in einem Dschungel – auch der Gefühle -, in dem er sich nicht zurechtfinden kann. Bei seiner Odyssee durch Blüten und Blätter und vielleicht auch einem Panther spricht er Dinge an, die sonst lieber unausgesprochen bleiben, um am Ende zu erkennen, dass der Mensch nichts mehr als ein Teil der Natur ist.

Besonders bewegend ist Ahmet Altans „Das Geflüster des Schnees“, das Raphael von Bargen auf dem Fensterbrett neben Samuel van Hoogstratens „Alter Mann im Fenster“ spielt. Der türkische Schriftsteller und Journalist, der in Istanbul inhaftiert ist, gibt im Text seine Gedanken im Hochsicherheitstrakt wieder. Sein Anwalt konnte die Niederschrift aus dem Gefängnis schmuggeln und nach Wien schicken. Rania Mustafa Ali, die dieses Jahr mit dem Video „Flucht aus Syrien“ mehr als acht Millionen Menschen erreichte und seit einem Jahr in Wien lebt, zeigt vor dem Gemälde „Ruhe auf der Flucht nach Ägypten“ von Orazio Lomi Gentileschi nicht nur ihren Film, sondern berichtet auch von den stillen Momenten ihrer Flucht.

Sona MacDonald, Philip Haas und Manu Mayr. Bild: © Helmut Wimmer

David Oberkogler. Bild: © Helmut Wimmer

 

 

 

 

 

 

 

Besonders auch die Station „schaun magst“ der Strottern. Klemens Lendl und David Müller spielen auf der Klimt-Brücke vor den berühmten Wand- und Weibsbildern. Neue Kompositionen steuerten des Weiteren Johanna Doderer mit „Natürlich Übernatürlich“ und das Duo Blech mit „Twilight Train“ bei. Neue Texte kamen zusätzlich von Franz Schuh, Vivien Löschner und Martin Pollack. Als Schlusspunkt schließlich erzählt Sona MacDonald vor der „Erzherzogin Marie Antoinette, Königin von Frankreich“ von Marie Louise Elisabeth Vigée-Leburn sehr persönlich und poetisch vom Tod ihres Vaters. Begleitet von Philip Haas und Manu Mayr singt sie dazu „The Last Rose of Summer“, und die unglückliche Habsburgerin hält dazu eine frisch geköpfte Rose in der Hand …

www.khm.at/ganymednature/

  1. 3. 2018

Kunst Haus Wien: Visions of Nature

September 12, 2017 in Ausstellung

VON MICHAELA MOTTINGER

Vom Zugriff des Menschen seine Umwelt

Vanja Bucan: Camouflage, aus der Serie Sequences of Truths and Deception, 2015. Bild: © Vanja Bucan

Ilkka Halso: Kitka River (aus der Serie Museum of Nature), 2004. Bild: © Ilkka Halso, courtesy Gallery Taik Persons, Berlin

Axel Hütte: San Fernando de Atabapo, 2007. Bild: © Axel Hütte, courtesy ALTANA Kunstsammlung, Bad Homburg

Ola Lanko: Installationsansicht „Mountain 2015“. Bild: © KUNST HAUS WIEN 2017, Eva Kelety

Die Ausstellung „Visions of Nature“ vertieft ab 13. September den vom Kunst Haus Wien in diesem Jahr festgelegten Programmschwerpunkt seiner Fotografieausstellungen auf die Themen Natur, Landschaft, Umwelt und Ökologie. Eine Auswahl von 25 aktuellen Positionen österreichischer und internationaler Künstlerinnen und Künstler führt in der Präsentation eindrücklich vor Augen, dass dem Medium Fotografie und Video im Bestreben, das gegenwärtige Verhältnis von Mensch und Natur zu verstehen, eine besondere Rolle zukommt.

Die stets in Veränderung begriffene Beziehung der Menschen zur Natur wird aus künstlerischer Sicht, aus unterschiedlichen Perspektiven reflektiert. Es sind Naturbetrachtungen, die die heutige Ambivalenz des Naturverständnisses – Natur als Zuflucht zum einen, eine immer weitreichender von Zerstörung und Ausbeutung bedrohte Umwelt zum anderen – bebildern, filtern und analysieren.

Das Verhältnis des Menschen zur Natur unterliegt einem permanenten Wandel. Nie vor dieser Zeit hatten jedoch die Veränderungen durch menschliches Einwirken auf die Natur so weitreichende Auswirkungen wie heute. Die gezeigten Bilder thematisieren Natur und die Möglichkeiten der Abbildung und Repräsentation derselben vor dem Hintergrund des Anthropozän, der vom Menschen geprägten Epoche der Erdgeschichte.

Mit der Ausstellung wird deutlich, wie sehr sich der Mensch nicht mehr als Teil der Natur begreift, sondern diese aufgrund komplexer Zusammenhänge und indirekter Abhängigkeiten weitaus abstrakter erlebt. Man ist Teil einer Gesellschaft, die sich vom selbstverständlichen Wissen um die Natur und vom Leben mit der Natur weit entfernt hat, und sich mittlerweile in nicht nur wissenschaftlich geführten Diskursen mit den langfristigen Auswirkungen des menschlichen Eingriffs in die Natur auseinandersetzen muss.

Alle Arbeiten siedeln sich im Spannungsfeld zwischen Natur als Sehnsuchtsort sowie Natur als Ressource an und sind in einer Gegenüberstellung von gefährdetem Öko-System und alles überdauernder Naturgewalt verankert. Sie zeigen, dass die fotografische Abbildung von Natur und Landschaft als Konstrukt schon unsere Vorstellung von Natur prägt und veranschaulichen Szenarien der Annäherung und Abgrenzung zwischen Mensch und Natur.

Die Bandbreite der vorgestellten Arbeiten – sie reichen von Darren Almond bis Anna Reivilä  – macht zudem die Wandelbarkeit unserer Beziehung zur Natur deutlich. Natur ist kein von kulturellen Kontexten unabhängiger Ort: Natur und Kultur sind untrennbar miteinander verbunden.

Mit Arbeiten von Darren Almond, Rodrigo Braga, Vanja Bucan, Jennifer Colten, Andreas Duscha, Tomas Eller, Michael Goldgruber, Andreas Gursky, Ilkka Halso, Roni Horn, Michael Höpfner, Axel Hütte, Adam Jeppesen, Jaakko Kahilaniemi, Mathias Kessler, Claudia Märzendorfer, Ola Lanko, Myoung Ho Lee, Ralo Mayer, Simone Nieweg, Charly Nijensohn, Donna Ong, Anna Reivilä, Bruno V. Roels und Michael John Whelan.

www.kunsthauswien.com

12. 9. 2017