Mamuz Museum Mistelbach: Königreiche der Eisenzeit
März 17, 2022 in Ausstellung
VON MICHAELA MOTTINGER
Absolute Herrscher und ihr Einfluss auf Europa

Königreiche der Eisenzeit. Bild: © Atelier Olschinsky
Das Mamuz Museum Mistelbach zeigt ab 19. März die neue Sonderausstellung „Königreiche der Eisenzeit“ und begibt sich damit auf die Suche nach den Spuren der frühen Eisenzeit. Mit dem Aufkommen des neuen Werkstoffs Eisen kam es im achten vorchristlichen Jahrhundert zu fundamentalen Umbrüchen in der Gesellschaft, die sich in zahlreichen technischen, wirtschaftlichen und religiösen Neuerungen niederschlugen.
An der Spitze der Gesellschaft bildete sich eine durch den Handel reich gewordene Elite, die unter monumentalen Grabhügeln prunkvoll bestattet wurde. Kostbare Grabbeigaben wie kunstvoll dekorierte Geschirrsets zeugen von üppigen Gastmählern an den Königshöfen. Mit einzigartigen archäologischen Objekten und spektakulären Rekonstruktionen vermittelt die Ausstellung unvergessliche Eindrücke von den ersten Königreichen Mitteleuropas.
Im 8. Jahrhundert v. Chr. begann in Mitteleuropa eine neue Epoche: die Eisenzeit. Eisen wurde zum wichtigsten Werkstoff für Werkzeuge, Schmuck, Gerätschaften und Waffen und lieferte zusammen mit verstärkten Handelsbeziehungen in den Mittelmeerraum die Grundlage für eine neue, stärker strukturierte Gesellschaft. Mit der nach dem berühmten Fundort in Oberösterreich benannten Hallstattkultur entstand eine völlig neue Kultur mit einer deutlich ausgeprägten Hierarchisierung in der Bevölkerung, wie zahlreiche Gräberfunde nachweisen. Eine hochrangige Oberschicht wurde in markanten Großgrabhügeln beigesetzt. Diese enthielten wertvolle Beigaben, darunter Waffen, Schmuckstücke, Importe aus dem Mittelmeerraum sowie große Geschirrsets für Festgelage im Jenseits und Kultgefäße.

Bronzene Statuette: Der Aulosbläser von Százhalombatta. Bild: Ádám Vágó, © Ungarisches Nationalmuseum

Grabstele aus Ditzingen-Hirschlanden. Bild: P. Frankenstein/H. Zwietasch, © Landesmuseum Württemberg

Bronzene Maske und Hände aus dem Kröllkogel. Bild: © Universalmuseum Joanneum
Doch was weiß man heute über die Anführer der frühen Eisenzeit und wie weit reichte ihre Macht? Man kennt weder die Namen der einzelnen Völker noch die ihrer Herrscher. Einzig archäologische Zeugnisse und die Schriftquellen antiker Hochkulturen im Mittelmeerraum geben Aufschlüsse über ihren Reichtum und Einfluss. Ausstellungskurator Fritz Preinfalk erklärt: „Zahlreiche Funde deuten darauf hin, dass an der Spitze der hallstattzeitlichen Gesellschaft absolute Herrscher standen, deren Gewalt über ein Territorium offenbar vererbbar war. Neben der weltlichen Macht übten sie offenbar auch religiöse Funktionen aus, weshalb die Bezeichnung dieser Personen als ,Kleinkönige‘ oder ,Sakralkönige‘ berechtigt erscheint, zumal diese Begriffe aus zeitgenössischen Schriftquellen benachbarter Völkerschaften bezeugt sind.“
Mit spektakulären Fundstücken, originalgetreuen Rekonstruktionen und Repliken zum Angreifen entführt das Mamuz auf eine Reise in die frühe Eisenzeit. Höhepunkte der Ausstellung sind hallstattzeitliche Grabbeigaben wie die bronzene Maske und die Hände sowie der Panzer und Helm aus dem Kröll-Schmid-Kogel bei Kleinklein in der Steiermark, die Aulosbläser-Figur aus Százhalombatta in Ungarn, der Vogelwagen aus Glasinac oder die Bronzene Stierfigur aus der Býčí skála-Höhle. Präsentiert werden zudem Nachbildungen des Kultwagens von Strettweg, des Goldhalsreifs aus Uttendorf und der Statue eines hallstattzeitlichen Fürsten aus Hirschlanden. Außerdem werden einige neue Fundstücke aus jüngsten Grabungen, wie die Gesichtsurne aus Schöngrabern, erstmals einem breiten Publikum präsentiert. Junge Besucherinnen und Besucher werden bei Kinderstationen eingeladen, das Leben in der Eisenzeit auf interaktive Weise kennenzulernen.
Der Fokus der Ausstellung liegt auf der Repräsentationskultur der herrschenden Eliten, die nicht zuletzt durch ihre internationale Vernetzung Mitteleuropa entscheidend geprägt haben. Funde aus dem Mittelmeerraum lassen auf einen intensiven Austausch mit den frühen mediterranen Hochkulturen schließen. „Die Hallstattkultur ist ein enorm faszinierendes Phänomen. Sie umfasste weite Teile Mitteleuropas, von Frankreich bis nach Ungarn. Ihre Nachbarn im Süden waren die Etrusker und die Griechen, mit denen man nicht nur Handel betrieb, sondern auch in einem regen Ideenaustausch verbunden war. Die Ausstellung in Mistelbach ist eine spannende Spurensuche nach den Eliten der frühen Eisenzeit, die für ihre Repräsentationskultur einheimische Traditionen mit neuartigen Ideen aus dem Mittelmeerraum verbanden“, so Franz Pieler, wissenschaftlicher Leiter des Mamuz.
Zu sehen bis 22. November. Link zur virtuellen Ausstellungseröffnung am 18. 3., 18 Uhr: www.youtube.com/watch?v=WKSRPI2sZTk

Der Vogelwagen aus Glasinac, Bosnien-Herzegowina. Bild: © Alice Schumacher, © Naturhistorisches Museum Wien

Kuh-Kälbchengefäß aus Hallstatt, Grab 671. Bild: Alice Schumacher, © Naturhistorisches Museum Wien

Darstellung der Hallstattkultur. Funde von Textilresten und Schmuck vermitteln, wie sich die Menschen der Eisenzeit kleideten. Bild: © Atelier Olschinsky

Kleidung einer wohlhabenden Frau: Das Schlauchkleid „Peplos“ wurde an den Schultern mit Fibeln befestigt. Dazu Tuch oder Schleier. Bild: © Atelier Olschinsky

Bronzene Stierfigur aus der Býčí skála-Höhle, Tschechische Republik. Bild: Alice Schumacher, © Naturhist. Museum Wien

Goldhalsreif aus Uttendorf, Oberösterreich. Bild: © OÖ Landes-Kultur GmbH, Land Oberösterreich
TIPP: Ab 19. März ist auch wieder das archäologische Freigelände im Mamuz Schloss Asparn an der Zaya geöffnet. Von der Steinzeit bis zum frühen Mittelalter geben originalgetreue Nachbauten von Wohn- und Wirtschaftsgebäuden einen Einblick auf vergangene Lebenswelten Mitteleuropas. Hütten aus Lehm und Holz zeigen Wohn- und Arbeitsbereiche wie das Handwerk der Steinschläger, der Bronzegießer oder der Drechsler. Die Gebäude sind in Siedlungen der unterschiedlichen Epochen zusammengefasst, ergänzt durch Acker- und Gartenflächen. So sind die ersten Getreidesorten – Emmer und Dinkel – ebenso zu sehen, wie Erbsen, Bohnen und Färberpflanzen. Ein keltisches Heiligtum ist das Highlight, wie wohl das Ausstellungsgelände seit 2021 um ein Objekt reicher ist: eine frühmittelalterliche Kirche.
Alle Veranstaltungstermine, von den Erlebniswochenenden „Brot backen“ und „Bogenschießen“ bis zu „Steinschleudern“ und „Survival“, von den Abenteuerführungen in den Osterferien bis zu Workshops zu Themen wie „Lebensmittel haltbar machen“ und „Käse herstellen“ über Waffen gießen, schärfen und einem Versuch als MammutjägerIn bis zur Fertigung von Glasperlen und Ledertaschen (eine Nacht im Museum darf natürlich auch nicht fehlen) hier: www.mamuz.at/de/veranstaltungen
www.mamuz.at Videos: www.youtube.com/watch?v=M7fT-rfr1FU www.youtube.com/watch?v=J5lwkslrlY8
17. 3. 2022