Volksoper: Die Dubarry

September 4, 2022 in Klassik

VON MICHAELA MOTTINGER-MEHMOOD

Babylon Berlin meets Wiener Walzerseligkeit

Endlich zur Mätresse des Königs aufgestiegen: Annette Dasch als Gräfin Dubarry und Harald Schmidt als Ludwig XV. Bild: © Barbara Pálffy/Volksoper Wien

Kommt man nach der Pause zurück in den Saal, sitzen auf der Bühne bereits Oliver Liebl als Hauslehrer und Annette Dasch, die von diesem vom Arbeitermädchen Jeanne Beçu zur Gräfin Dubarry erzogen werden soll – allerdings nicht für den Hof des französischen Königs Ludwig XV., sondern laut Liebls Zungenschlag eindeutig für den kaiserlichen zu Wien. Da gibt’s freilich viel zu lachen bei diesem Zwischenspiel, wenn der Berlinerin vom Wiener Kaffeeunterricht erteilt wird,

wenn die „Piefkenesin“ an der Knödelfrage „Hauptspeis‘, Zuaspeis‘, Nachspeis‘?“ scheitert, das Hand-Ablecken ist gleich den Handkuss pervers findet, und sich schief lacht über die Anrede „Eiergnaden“. Liebls „Lecker is bei uns goar nix!“ wird von jenem Teil des Publikums mit einem Jauchzer begrüßt, der auch am Schluss für Jubel und Applaus sorgte, während der andere ob des Niveaus indigniert das Leading Team mit Buhrufen bedachte.

Das war sie also die Eröffnungspremiere der Direktion Lotte de Beer an der Volksoper, „Die Dubarry“, mit einem ZuschauerInnen-Unentschieden als Endstand, wobei an dieser Stelle von einem verheißungsvollen Start die Rede sein soll. Hausdebütant Regisseur Jan Philipp Gloger turnt bei seiner theatralen Recherche über die Weibsbilder toxischer Männlichkeit eine Rolle rückwärts, vom Heute in die 1930er-Jahre zum Ende des 19. Jahrhunderts zu Louis Quinze, was weniger mit der von dem betriebenen Beilegung des Habsburgisch-Französischen Gegensatzes zu tun hat, als mit der Zeitlinie, die der Operette eingeschrieben ist:

Der Aufführung des selten gespielten, weil doch ziemlich angestaubten Werks im Jahr 2022, der Originalfassung des österreichischen Komponisten Carl Millöcker anno 1879, der Neufassung vom Deutschen Theo Mackeben von 1931 und der Handlung rund ums Jahr 1769. Entstanden ist so eine frisch aufgebrühte Melange mit dem melodie-verliebten Charme der goldenen Operettenära in der Donaumetropole und einer schmissig-schnoddrigen Revue-Operette à la an der Spree, sozusagen ein Babylon Berlin meets Wiener Walzerseligkeit, eine Konfetti-Explosion voll Witz und Ironie fürs Genre, dessen Dekonstruktion zweifellos – aber durchaus mit dem gebotenen Respekt.

Und in der Titelpartie eine entfesselte Annette Dasch, die mit ihrer Stimme sowieso und ihrem Spiel begeistert, eine grandiose Komödiantin, die ihren Charakter aber auch in Tiefen gleiten lassen kann, wenn es gilt die antiquiert-anzüglichen Frauenfantasien der besseren Herren zu hinterfragen – wobei trotz Feminismus und Büstenhalter-Verbrennung die bittere Essenz des Abends ist, dass Emanzipation bis zum Anschlag immer noch nicht stattgefunden hat. In allen vier Teilen bleibt die Frau mehr oder minder (Sex-)Objekt des Mannes, das alles gut getarnt im Dreivierteltakt als „Weiblicher Reize Macht“.

Los geht’s im Jetzt: Die „Putzmacherinnen“ im Atelier Madame Labille dekorieren Schaufensterpuppen, schwatzen über die neueste Emma-Ausgabe und, dass sie lieber bei Cartier als bei Kik shoppen würden, die Dasch rauscht mit Timbre und Temperament heran. Noch ist sie die aus ärmlichsten Verhältnissen stammende Jeanne Bécu, doch mit bester Freundin Margot, entzückend quirlig wie stets: Juliette Khalil, schmiedet sie größere Pläne. Die so rotzfrechen wie leichtlebigen Gören haben noch was vor: reiche Männer gegens eigene Elend aufreißen. Ergo raus aus dem Modesalon, rein ins Nachtleben, wo Marco Di Sapia als Graf Dubarry, Daniel Ohlenschläger, Oliver Liebl, Martin Enenkel und Wolfgang Gratschmaier ihr zynisches „Cherchez la femme“ anstimmen, Motto: Klug muss sie nicht sein, aber schön. „Das wird man doch wohl noch sagen dürfen.“

Die Putzmacherinnen und die Blaublüter anno 2022, M.: Wolfgang Gratschmaier und Juliette Khalil. Bild: © Barbara Pálffy/Volksoper Wien

Die Bohème-Romantik kann er sich einrahmen lassen: Annette Dasch und Lucian Krasznec als Maler René Lavallery. Bild: © Barbara Pálffy/Volksoper Wien

In den Berliner 1930ern, gestrandet als Sängerin im Bordell: Annette Dasch und Marco Di Sapia als Graf Dubarry. Bild: © Barbara Pálffy/Volksoper Wien

Im k.u.k.-Reich Seiner Majestät: Martin Enenkel, Wolfgang Gratschmaier, Marco Di Sapia, Annette Dasch und Oliver Liebl. Bild: © Barbara Pálffy/Volksoper Wien

Vor allem gefällt hier Wolfgang Gratschmaier als Marquis de Brissac, ein in die Jahre gekommener schlitzohriger Don Juan, dessen Ähnlichkeit mit einem bekannten Wiener Rechtsanwalt rein zufällig ist. Gemeinsam mit Khalil wird er in zahlreichen Bravourszenen ein akklamiertes Buffo-Paar abgeben. Margot wird nämlich die Geliebte des alten Gockels und hat sich in den Kopf gesetzt, sich von ihm die Schauspielerei finanzieren zu lassen.

Zwischen kleinen Gags, kurzem Augenzwinkern und dem Schießen von Selfies darf derweil Lucian Krasznec als Kunstmaler René Lavallery seine Schellackstimme strahlen lassen. Es stand hier schon in der Rezension zum „Bettelstudent“ (www.mottingers-meinung.at/?p=19470), dass da einer ziemlich nah an den großen Adolf Dallapozza heranreicht, ein Eindruck, der sich bei seinem Schmachten um Jeanne wiederholt. In ihren Szenen sind Dasch und Krasznec musikalisch als das dramatische Liebespaar der Operette ausgewiesen, auch wenn ihn Besitzgier und häusliche Gewalt fehlleiten und die wichtigste Frage an die Geliebte ist, was sie denn vorhabe zu kochen. Bühnenbildner Christof Hetzer setzt Renés Bohème-Stube in einen blattgoldenen Bilderrahmen, in den –  einmal rausgestiegenJeanne kein Zurück mehr findet.

Denn die Dasch wirft den Würfel mit den zahlreichen Spielflächen selbst immer wieder händisch an, dreht die eigene Geschichte weiter, die Zeituhr zurück in die 1930er-Jahre, wo sie als Sängerin mit Künstlerinnennamen Manon in einem anrüchigen Etablissement auftritt. Alles atmet hier die Exzellenz der Dekadenz, als erneut Marco Di Sapia als eiskalt-eleganter, sinistrer Graf Dubarry erscheint, um der desillusionierten Jeanne, die er sofort als solche erkennt, ein unmoralisches Angebot zu machen: Um sein politisches Ränkeschmieden in Versailles voranzutreiben, will er sie als Gräfin Dubarry zur Mätresse des Königs machen. Schließlich habe sie nicht nur den Körper, sondern auch den Geist, um in dieser monarchisierten Form der Prostitution zu reüssieren.

Und während Dasch in einer De-facto-Vergewaltigungsszene beim Roulettetisch „Ich schenk mein Herz nur dem allein, dem ich das Höchste könnte sein“ singt, zeigt Margot, wie’s mit dem „Der Mann denkt, aber die Frau lenkt“ richtig geht: Sie trotzt dem Marquis de Brissac Luxuslabel-Sackerl um Luxuslabel-Sackerl ab, singt ihm ein fröhliches „Wenn Verliebte bummeln gehen“, während der alte Bock dasteht wie ein Packesel.

Der König der Late-Night-Shows kündigt seinen Gast an: Harald Schmidt als Ludwig XV. Bild: © B. Pálffy/Volksoper Wien

Die Dubarry rockt Versaille: Gi­tar­re­ra Annette Dasch und Harald Schmidt. Bild: © Barbara Pálffy/Volksoper Wien

Aus dem Schaf wird keine Schauspielerin: Juliette Khalil als Margot. Bild: © Barbara Pálffy/Volksoper Wien

Am Ende steht die Guillotine: Daschs Dubarry wird zum Opfer der französischen Revolution. Bild: © B. Pálffy/Volksoper Wien

In der zweiten Hälfte der Aufführung findet man sich in Millöckers k.u.k.-Wien wieder, beim „Alles Walzer!“ mit weißroten Gala- und Husaren-Uniformen à la Ungarland. Nach wie vor bewegt sich die nunmehrige Gräfin Dubarry in einer Männerwelt – und gallig klingt der Dasch mit erhobener linker Faust dargebotenes „Ob man gefällt oder nicht gefällt“, von Kai Tietje mit krassen Dissonanzen und gehetztem Rhythmus dirigiert, derweil sich die Szenerie vom neuen Resident Lichtdesigner Alex Brok ins Teuflische, Albtraumhafte verändert.

Nicht nur die Herren liefern Großteils mehrere Rollen ab, die großartige Ulrike Steinsky wechselt von Couturière Madame Labille über Bordellbesitzerin Marianne Verrières bis zur Marschallin von Luxemburg von Chefinnen-Gekeife über Raucherlungen-Tonfall zu Paula-Wessely’schem Schönbrunner Näseln. Der Steinsky gelingt jedes dieser Kabinettstücke vom Feinsten, immer toller werden die Kapriolen, die sie macht, und auffällt, wie präzise und exquisit die „Nebenfiguren“ geführt sind.

Zu guter Letzt: Auftrittsapplaus für Harald Schmidt als Ludwig XV. im Epoche-gemäßen Justaucorps, Annette Dasch mit Cul de Paris, endlich der Moment, an dem sich Kostümbildnerin Sibylle Wallum austoben durfte. Und Volksopern-Debütant Schmidt macht gar nicht den Versuch majestätisch zu sein. Die Entertainerlegende spielt sich selbst als König der Late-Night-Shows (auch der echte Ludwig XV. verstand es, sich als le Bien-Aimé zu inszenieren), er „dirigiert“ das Orchester wie Helmut Zerlett und die ARD-Showband, stellt ganz Talkmaster seinem Volk als Gast die Dubarry vor – und dieser dann dumme Fragen, die sie mit einem „Glauben Sie nicht, dass das ziemlich erniedrigend ist?“ quittiert.

Worauf der absolutistische Herrscher übers Ancien Régime der Fernsehunterhaltung sich bis über beide Ohren verliebt. Ein Gag über einen Film, den Johnny Depp als ER/Ludwig XV. gerade in Frankreich dreht, darf auch nicht fehlen. Die neue Favoritin des Königs singt als „Gstanzl“ mit Gitarre noch einmal „Ich schenk mein Herz nur dem allein, dem ich das Höchste könnte sein“, bevor beim beliebten Schäferspiel alle in den Gassenhauer „Ja, so ist sie, die Dubarry, wer sie einst sah, vergisst sie nie“ einstimmen. „Das hisst das Regietheater die weiße Fahne, und ich spüre Originaltext in mir aufsteigen“, flachst Schmidt und schließt so den Kreis zum ersten Bild.

Satire as Satire can. Mit tausend und einer Idee lässt Jan Philipp Gloger die Operette einen g’feanzten Blick auf die eigene Beschaffenheit werfen. Charmant und sympathisch wie Lotte de Beer hat sich ihr neues Team schon mal in die Hälfte der Herzen hineingespielt. Also: Alles Friede, Freude, Eierkuchen, Eiergnaden? Mitnichten, denn Gloger, der in der Aufführung immer wieder auch auf die Täterin-Opfer-Brüche der Person Dubarry hinweist, erzählt ihre Geschichte anders als Millöcker und Mackeben zu Ende. In der Volksoper wird sie dazu mitten im Trubel des Hofballs von Schergen der französischen Revolution abgeführt, wird ihr die bombastische Perücke vom Kopf gerissen – und ab unter die Guillotine.

www.volksoper.at           Trailer: www.youtube.com/watch?v=dH0k4fzsV8Y           Harald Schmidt über König Ludwig XV.: www.youtube.com/watch?v=ejo1alus1RU

TV-TIPP: Heute Abend ist die gestrige Volksopern-Premiere von „Die Dubarry“ um 20.15 Uhr auf ORF III zu sehen.

4. 9. 2022

Volksoper: Gasparone

Juni 3, 2018 in Klassik

VON MICHAELA MOTTINGER

Inszeniert mit ironischem Augenzwinkern

Sebastian Geyer als „Der Fremde“. Bild: © Barbara Pálffy/Volksoper Wien

Sehr schwungvoll und sehr Wienerisch geriet der „Gasparone“ an der Volksoper. Da darf die Garde des Bürgermeisters angetan als heimische Polizisten Strafzettel ans Publikum verteilen, ebendieser Nasoni den Spritzwein ordern und ordentlich Dialekt gesprochen werden. Regisseur Olivier Tambosi hat sich für die 1931-Fassung des Millöcker-Werks entschieden, mit allen Hits von „Denk ich an dich, schwarze Ninetta“ über „Er soll dein Herr sein! Wie stolz das klingt!“  bis „Nur Gold will ich haben und Edelgestein“, inklusive des größten Schlagers „Dunkelrote Rosen, bring’ ich, schöne Frau“, der ja ursprünglich aus der „Diana“ stammt.

Tambosi setzt damit auf eine Zeit in der das Singspiel in der Bearbeitung von Ernst Steffan und Paul Knepler schon zur Revueoperette mutiert war. Dem Rechnung tragend zeigt sich das Ensemble tanzfreudig, weder Solisten noch Chor stehen kaum eine Minute still, und das Volksopernorchester unter der musikalischen Leitung von Andreas Schüller, der für ein Lied des Bürgermeisters sogar die Bühne erklimmt, um dort Klavier zu spielen, zeigt dazu, was es kann – von Walzer über Tarantella bis Tango.

Die Inszenierung mit ironischem Augenzwinkern ist ein über weite Strecken würdiger Abschluss einer gelungenen Saison. Der Inhalt: Im beschaulichen Städtchen Trapani hat sich’s jeder gerichtet. Der korrupte Nasoni versucht eine profitable Ehe zwischen der reichen Witwe Carlotta und seinem Nichtsnutzsohn Sindulfo zu stiften. Wirt Benozzo ist gleichzeitig Chef einer Schmugglerbande und nur in Bedrängnis, wenn seine Frau Sora Liebesdienste von ihm erwartet. Benozzo war es auch, der die Legende vom Räuberhauptmann Gasparone in Umlauf gebracht hat, so ein Superschurke kommt ihm gerade recht, um die eigenen Vergehen zu vertuschen. Da steht eines Tages ein Fremder auf dem Hauptplatz. Ist er der böse Geist, den man einmal zu oft beschworen hat? Unruhe macht sich breit. Vor allem, als sich herausstellt, dass der Unbekannte nicht nur die Umtriebe durchschaut, sondern sich auch in Carlotta verliebt hat …

Christian Graf als Luigi, Marco Di Sapia als Benozzo, Gerhard Ernst als Baboleno Nasoni. Bild: © Barbara Pálffy/Volksoper Wien

Gerhard Ernst mit Mara Mastalir als Carlotta und Johanna Arrouas als Sora. Bild: © Barbara Pálffy/Volksoper Wien

Bühnenbildner Andreas Wilkens hat dafür eine Hügellandschaft erdacht, die mal mit Teppichen, mal mit Zeitungsschlagzeilen ausgelegt ist. Das erste Bild ist eine Bettenburg, in der die Bewohner Trapanis unsanft aus dem Schlaf gerissen werden, später gibt’s Strand, Mond und ein Motorboot, das in den Himmel entschwebt. In dieser Kulisse begeistert vor allen anderen Gerhard Ernst als Nasoni. Ernst stellt einen Politikerschlingel erster Güte auf die Bühne, weiß im richtigen Moment zu rühren, dann wieder das Publikum zum Lachen zu bringen. Herrlich die Verhörszene mit Carlotta und Sora, in der er – ganz Klischee des hiesigen Beamten – erst einmal die Brotzeit auspackt, bevor’s ans Eingemachte geht.

Ihm in nichts nach stehen Marco Di Sapia als Benozzo und Johanna Arrouas als Sora. Die beiden geben ein temperamentvolles Buffopaar, das nicht nur darstellerisch, sondern auch stimmlich überzeugt. Christian Graf als Luigi ist auf dem besten Wege, ein neuer Publikumsliebling am Haus zu werden. Dass gegen dieses Quartett, das auch den meisten Applaus bekam, schwer anzukommen ist, musste das erste Paar, Mara Mastalir als Carlotta und Volksopern-Debütant Sebastian Geyer als Fremder, erfahren.

Doch während Mastalir ihre Partie noch ordentlich erledigte, blieb Geyer, obwohl in mephistophelisches Rot gewandet, in jeder Hinsicht blass. Und ziemlich schwer verständlich. Auch David Sitka als Sindulfo schaffte es nicht wirklich, aus seiner prinzipiell dankbaren Rolle etwas zu machen. Alles in allem aber ist dieser „Gasparone“ ein Gute-Laune-Abend, bei dem man sich zum letzten Mal in dieser Spielzeit gepflegt unterhalten kann. Jetzt heißt es abwarten, was die nächste bringt.

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  1. 6. 2018

Volksoper: Der Bettelstudent

Mai 1, 2016 in Klassik

VON MICHAELA MOTTINGER

Wie ein skurrilbuntes Pop-Up-Bilderbuch

Boris Eder (Enterich, Kerkermeister), Roman Martin, Gernot Kranner (Offiziere im sächsischen Heer). Bild: Barbara Pálffy/Volksoper Wien

Boris Eder als Kerkermeister Enterich mit Roman Martin und Gernot Kranner. Bild: Barbara Pálffy/Volksoper Wien

„Herr Kapellmeister, dürfen wir um etwas Musik bitten, aber mit Tempo!“, rief eine strubbelige Figur in den Orchestergraben. Dem Wunsche konnte entsprochen werden. Wolfram-Maria Märtig, neuer Kapelllmeister am Haus, dirigierte seine erste Volksopern-Premiere kräftig und schwungvoll, doch nicht nur dank ihm überzeugte „Der Bettelstudent“ vom ersten Moment an. Als nämlich als erster Boris Eder als Kerkermeister Enterich in Jack-Sparrow-Adjustierung auf die Bühne torkelte und sich mit „I bin der Johnny von Ottakring“ vorstellte, war klar: Regisseur Anatol Preissler wird hier einen knallbunten, von skurrilen Geschöpfen bewohnten Bilderbogen entfalten.

So geht’s denn auch zweieinhalb Stunden zu wie in einem Pop-Up-Buch, Schlag auf Schlag, Szene auf Szene, mit musikalischen Zitaten vom „Fluch der Karibik“-Soundtrack bis zum Streicherstakkato aus Hitchcocks „Psycho“. Muss jemand ungeduldig warten, tickt laut eine Uhr, und gibt’s einen Keulenschlag auf den Kopf zwitschern die ACME-Vögelein. Da haben zwei, Märtig und Preissler, die sich, wie Gesprächen vorab zu entnehmen war, gut verstehen, ihrem Humor freien Lauf gelassen.

Dazu das mit augenzwinkernden Gimmicks versehene Bühnenbild von Karel Spanhak und die im doppelten Wortsinn barocken Kostüme von Marrit van der Burgt, mit besonders schönen Raffrolloröcken, einem Modemuss, um heiratsfähige Herren anzulocken – einem Possenschreiber wie Carl Millöcker würde diese Inszenierung seines Werks wohl gefallen haben.

Nicht zuletzt auch deshalb, apropos Posse, weil Preissler das Couplet des Ollendorf, „Schwamm Drüber“, mit nestroyesken Zeitstrophen zur Bundespräsidentenwahl ausstattete. Mit seiner Arbeit stellt Preissler aus, dass Comic immer auch ein Mittel zur Politsatire ist. Und was dieser Abend über die alltägliche Prostitution der besseren Leut‘ um des lieben Geldes willen, darob moralbefreites Handeln, Betrug, Bestechung und Beutelschneiden aussagt, ist mehr, als eine brave Bearbeitung des Stücks vielleicht vermocht hätte. Man kann gar nicht anders, als die Schurken auszulachen.

Thomas Zisterer (Offizier im sächsischen Heer), Elisabeth Flechl (Palmatica Gräfin Nowalska), Lucian Krasznec (Symon Rymanowicz), Martin Winkler (Oberst Ollendorf, Gouverneur von Krakau), Roman Martin (Offizier im sächsischen Heer). Bild: Barbara Pálffy/Volksoper Wien

Thomas Zisterer, Elisabeth Flechl, Lucian Krasznec, Martin Winkler und Roman Martin. Bild: Barbara Pálffy/Volksoper Wien

Martin Fischerauer (Onuphrie, Palmaticas Diener), Elisabeth Flechl (Palmatica Gräfin Nowalska), Mara Mastalir (Bronislawa). Bild: Barbara Pálffy/Volksoper Wien

Kabinett-Stückchen: Martin Fischerauer, Elisabeth Flechl und Mara Mastalir. Bild: Barbara Pálffy/Volksoper Wien

Deren obersten, den Oberst Ollendorf, spielt der famose Martin Winkler, wie immer sängerisch und schauspielerisch auf der Höhe, als explodierten Rotschopf. Ein Möchtegern, der sich düpiert sieht, denn er hat sie ja nur, Schulter und so weiter, und dabei verleiht Winkler dem Operettenbösewicht zutiefst menschliche Züge. Er gestaltet einen, der doch nur geliebt werden will, vom Volk, von der einen Frau, aber laut Libretto darf das natürlich nicht sein. Fast hat man Mitleid mit ihm, wie er schofel um sein für die Intrige verschleudertes Geld raunzt, und seine Mannen erst! Die sind bei weitem keine schneidige Soldateska, sondern ein kriegsmüder Krüppelhaufen. Als hätte August der Starke das letzte Aufgebot nach Krakau bestellt. „Noch ist Polen nicht verloren“, ist übrigens auch einer der eingewobenen Sätze.

Anja-Nina Bahrmann (Laura), Lucian Krasznec (Symon Rymanowicz), Martin Winkler (Oberst Ollendorf, Gouverneur von Krakau), Chor der Volksoper Wien. Bild: Barbara Pálffy/Volksoper Wien

Anja-Nina Bahrmann, Lucian Krasznec, Martin Winkler und der Chor der Volksoper. Bild: Barbara Pálffy/Volksoper Wien

Das Liebesquartett bilden Anja-Nina Bahrmann und Mara Mastalir als Schwestern Laura und Bronislawa sowie Alexander Pinderak als Jan Janicki und Lucian Krasznec als „Bettelstudent“ Symon Rymanowicz. Krasznec gibt in der Rolle sein Volksoperndebüt, ein bemerkenswerter junger Mann, dessen Charme sich dem des großen Adolf Dallapozza annähert, und der sich mit seiner strahlenden, glanzvollen und mühelosen Stimme bei Höchste Lust und Tiefstes Leid“ und „Ich Hab‘ Kein Geld“ zweimal tosenden Szenenapplaus abholt.

Mara Mastalir ist entzückend und im Zusammenspiel mit Pinderak, der auch mit seinen Original-Polnisch-Kenntnissen brillieren darf, ein einnehmendes Paar. Sie mit Quirrligkeit und ihrem klaren, sauber geführten Sopran, bei Preissler ist die Bronislawa übrigens überzeugte Tierschützerin und Veganerin, er ein ernsthafter, sich den Buffo beinah verbietender Held, der den „Bettelstudent“  durch seine Würde fast zur „Freiheitsoperette“ adelt.

Anja-Nina Bahrmann ist keine gewohnt zickige Laura, sondern ein Mädl mit Herz, sie weiß nicht nur ihre Stimme schön einzusetzen, sondern auch, wie man, weil komödiantisch so gewünscht, auf Teufel komm‘ raus schmiert. Mit der Gräfin Nowalska gibt sich die Tochter vornehm verarmt, als Vorwegnahme der „Anatevka“-Wiederaufnahme in vierzehn Tagen klingt schon „Wenn ich einmal reich wär“ an. Und Elisabeth Flechl zeigt mit viel Ironie und raumfüllenden Reifröcken eine Fürstin jenseits ihrer güldenen Jahre. Eine mit Talerzeichen in den Augen und Besitzgier im Blut. Stets an ihrer Seite Diener Onuphrie, den Martin Fischerauer stumm und im Schlurfgang als Hommage an Freddie Frinton gestaltet. Nur, dass es zum Dinner nur noch für Erdäpfel reicht. Vor allem die Ankleidesequenz im Boudoir machen die beiden zum Kabinettstückchen. Am Ende ist alles gut, die letzte Volksopern-Premiere dieser Saison ein Triumph für alle Mitwirkenden. Das Publikum dankte mit langanhaltendem Applaus und der einfallsreichen Regie sogar mit Standing Ovations.

www.volksoper.at

www.luciankrasznec.de

Wien, 1. 5. 2016

Dagmar Schellenberger im Gespräch

Juni 18, 2013 in Klassik

Die neue Intendantin der Seefestspiele Mörbisch

eröffnet mit „Der Bettelstudent“

Bild: (c) Lichtstark

Bild: (c) Lichtstark

Probenbesuch auf der Seebühne: Noch ist hier vieles Baustelle. Es wird gehämmert und gesägt, aber auch eifrig geprobt, gesungen und gespielt. Denn Dagmar Schellenberger hat spannende Pläne, wie sie im Interview erzählt. Premiere ist am 11. Juli.

MM: Was hat Sie daran gereizt, die Intendanz der Seefestspiele Mörbisch zu übernehmen?

Dagmar Schellenberger: Mörbisch ist die größte Herausforderung, der ich mich in meiner Karriere gestellt habe. Es ist das Mekka der Operette, es gibt keine zweite Bühne, die vergleichbar wäre. Große Open-Air-Opernbühnen gibt es viele, aber das hier gibt es sonst nirgends. Ich bin seit mehr als 30 Jahren in diesem Beruf und die Operette hat immer mein Leben begleitet. Dass ich nun diese Chance bekommen habe, selber etwas zu bewirken, Verantwortung für ein so großes Unternehmen zu übernehmen, meine Handschrift zu zeigen, das ist ein Geschenk.

MM: Hier wird nicht nur künstlerisch, sondern auch von Handwerkern heftig gearbeitet. Was gibt es an baulichen Neuerungen?

Schellenberger: Das ist eine Kombination aus Wünschen, Vorschlägen, die an uns herangetragen wurden, und eigenen Ideen zur Verbesserung, die schon Bestandteil meines Konzepts waren. Wir verändern den hinteren Publikumsbereich so, dass bei Regen alle ins Trockene können, um bei einem Gläschen Wein abzuwarten, bis sich das Wetter wieder beruhigt. Dazu werden wir über Monitore Informationen zur aktuellen Wetterlage anbieten.Wir werden auch mehr Toiletten haben (sie lacht), das ist wichtig. Wir haben ein neues Gastrokonzept, wo für jede Brieftasche etwas dabei sein wird. Eine Panoramabar, ein Kaffeehaus, ein Restaurant, einen Würstelstand …Wir öffnen das Gelände eine Stunde früher, damit die Zuschauer sich schon einstimmen können. Wir bauen einen Aufzug und eine Rampe. Wir bauen eine zweite, wetterunabhängige Spielstätte für Kinder. Das Orchester wird nicht mehr im Orchestergraben auf der Bühne spielen, sondern in einem akustisch perfekten Raum, was den Klang enorm verbessern wird. Wir haben innen Probenräume. Und, und, und …

MM: Warum beginnen Sie Ihre Intendanz mit „Der Bettelstudent“? Haben Sie einen persönlichen Bezug dazu?

Schellenberger: Ich hab’s nie gesungen, das ist für eine leichtere, höhere Stimme. Ich wollte als klares Zeichen rüberbringen, dass ich ein Stück aus der klassischen, goldenen Zeit der Wiener Operette zeige. Da ist „Bettelstudent“ ideal. Es ist ein schönes Stück, das hier erst zum dritten Mal gespielt wird, super besetzt, ein tolles Leading Team – und es passt auch gut hierher: Es gibt vier große Bühnenbilder, die komplett wechseln. Und der Neusiedlersee wird auch wieder verstärkt miteinbezogen werden.

MM: Apropos, Leading Team: Sie werden jedes Jahr ein neues zusammenstellen?

Schellenberger: Was sich bewährt hat, ist geblieben. Wo ich Erneuerungsbedarf sah, habe ich etwas getan. Ich finde es gut, wenn es jedes Jahr eine neue künstlerische Handschrift gibt, das belebt das Geschehen. Denn jeder muss dann neu daran herangehen, diese Riesenbühne zu knacken. Da sind Einfälle gefragt. Das Orchester und das Ballett bleiben, letzteres kommt wieder aus Bratislava. Den Chor habe ich neu zusammengesetzt aus Staats- und Volksopernsängern und einigen jungen Sängern aus den Wiener Hochschulen, damit die auch die Chance haben, hier in diesem Umfeld Praxiserfahrung zu sammeln. Also: Wir bewegen uns auf dem schmalen Grad, in der Tradition zu bleiben, und trotzdem innovativ zu sein, über den Tellerrand zu schauen und neue Wege aufzutun.

MM: Stichwort: Schüler. Nachwuchsförderung ist Ihnen ein Anliegen?

Schellenberger: Vielleicht werden junge Sänger im Kinderstück sein, das Christian Kolonovitz schreibt, vielleicht auch in „Anatevka“, das wir 2014 auf der Seebühne bringen. Ich denke auch über eine Akademie nach, aber das ist wirklich noch eine Vision, wäre mir aber wichtig, weil aus meiner Sicht an den Hochschulen die Operette im Unterricht vernachlässigt bis vergessen wird. Dabei ist sie die Königin des Musiktheaters: man muss singen – und die Partien sind schwer -, tanzen, schauspielern können. Charmant sein. Und mitunter komisches Talent beweisen.

MM: Viele empfinden die Operette als verstaubtes Genre …

Schellenberger: Ja, da gibt es von manchen, sorry, auch von Medien eine gewisse Arroganz. Die, die wirklich mitten drinnen stehen, die singen Operette mit Leidenschaft und wissen, dass es das Schwerste ist, was einem die Bühne abverlangen kann. In der Oper kann ich auf viele große, auch internationale Kollegen zurückgreifen. Operette kann nicht jeder. Die Zahl derer, die dafür geeignet sind, ist erheblich kleiner. Da sehe ich mich – siehe Akademie – schon in der Verantwortung einzugreifen. Vielleicht machen wir auch Seefestspiele-Förderpreise. Mal sehen, wie’s heuer hier anläuft.

MM: Werden Sie selber mal hier auf der Bühne stehen?

Schellenberger: Sicher. Aber dieses Jahr bin ich voll ausgelastet. Ich bin Hans Dampf in allen Gassen. Das Administrative ist immens. Und reicht mir heuer als Beschäftigung völlig. Aber es gibt ja ein nächstes Jahr und da gibt’s eine Mutterrolle und wenn die Intendantin sich da künstlerisch einbringt, ist das punkto Identifikation gar nicht so verkehrt.

MM: Werden Sie jetzt Burgenländerin?

Schellenberger: Mit dem Dialekt wird’s ein bissl schwierig, aber mit den Rotweinen bin ich schon ganz firm (sie lacht). Im Ernst: Ich habe meinen Lebensmittelpunkt hierher verlegt, mich wortwörtlich häuslich niedergelassen, nämlich ein Haus gemietet. Ich mag das Burgenland sehr, das ist eine wundervolle Landschaft, meine Tochter liebt den See, und freue mich auch, meine Kontakte nach Wien wieder besser pflegen zu können.

MM: Was alle interessiert: Bleibt das Feuerwerk zum Schluss?

Schellenberger: Ja, weil ich denke, das Publikum wartet darauf. Aber lassen sie sich überraschen, es wird anders sein, als bisher. Es wird ins Geschehen mit eingebaut. Mehr verrate ich nicht. Die übliche Rede werden so nicht mehr stattfinden, ich mache mein eigenes Ding. Mit neuer Fanfare und auch ein paar Überraschungen.

MM: Welches Opfer haben Sie sich für den Wettergott ausgedacht?

Schellenberger: Ich habe mit ihm schon gesprochen. Ich bin ein Sonntagskind, mir ist der Optimismus in die Wiege gelegt worden. Wenn wir wohin fahren, sagt meine Tochter immer: Ich fahre mit der Mama, weil die findet immer einen Parkplatz. Ich hoffe einfach auf das Glück des Tüchtigen. Unser Publikum ist so tough ausgerüstet, mit Decken, mit Regenschutz oder Gelsenschutz, die wollen gar nicht aufstehen, wenn’s zu tröpfeln beginnt.

MM: Wird der ORF wieder live übertragen?

Schellenberger: Nein, den Vertrag  haben wir im beiderseitigen Einvernehmen aufgekündigt. Die Aufführung wird als DVD aufgezeichnet und dann auch durchaus Fernsehsendern zur Verfügung gestellt werden. Eine CD gibt es schon, die haben wir in unserem eigenen Studiosaal aufgezeichnet.

ZUM STÜCK: „Der Bettelstudent“ von Carl Millöcker

Ein Kuss auf die Schulter – ein Schlag ins Gesicht. Mit ihrem Fächer hat die schöne polnische Komtesse Laura Nowalska die Avancen des sächsischen Gouverneurs von Krakau, Oberst Ollendorf, vor aller Öffentlichkeit quittiert. Das muss gerächt werden! Ollendorf entlässt aus seinem Gefängnis den Bettelstudenten Symon, der als millionenschwerer Fürst Wybicki um Laura werben soll und den politischen Häftling Jan, den er zum Sekretär des vermeintlichen Fürsten macht. Nach der Hochzeit soll der ganze Schwindel auffliegen und so die Gräfin Nowalska mit ihren zwei Töchtern Laura und Bronislawa zum allgemeinen Gespött machen. Ollendorfs Racheplan scheint aufzugehen. Jedoch auch Symon und Jan haben sich in die beiden Mädchen verliebt und meinen es ernst. Während Symon darüber nachdenkt, wie er Laura seine wahre Identität gestehen kann, ohne ihre Liebe zu verlieren, nutzt Jan die etwas unübersichtliche Lage, um Polen von der Herrschaft der Sachsen zu befreien. Am Ende kündigt Kanonendonner den Sieg der Freiheit und der Liebe an. Während sich Laura und Symon, sowie Jan und Bronislawa glücklich in die Arme schließen, hat Oberst Ollendorf ausgespielt.

Carl Millöckers „Bettelstudent“ eroberte schon gleich nach der Uraufführung am 6. Dezember 1882 im Theater an der Wien die Bühnen der Welt. Musikalische Meisterschaft vereint sich hier mit einer brillanten Geschichte, in der dank der Liebe wahre politische Wunder vollbracht werden. Millöcker, geb. 29. April 1842 in Wien, gest. 31. Dezember 1899 in Baden bei Wien, war neben Johann Strauß Sohn und Franz von Suppé der dritte Vertreter der klassischen Wiener Operette.
LEADING TEAM UND BESETZUNG:
Musikalische Leitung: Uwe Theimer; Regie: Ralf Nürnberger; Bühnenbild:Yadegar Asisi; Kostüme: Susanne Thomasberger; Choreografie: Renato Zanella. Es singen u. a. Mirko Roschkowski, Sebastian Fuchsberger, Gert Henning-Jensen, Erwin Belakowitsch, Cornelia Zink, Nora Lentner, Adriane Queiroz, Daniela Kälin, Linda Plech, Ingrid Habermann, Henryk Böhm und Milko Milev.
ZUR INTENDANTIN:

Kammersängerin Dagmar Schellenberger erhielt ihre musikalische Ausbildung an der „Carl Maria von Weber“ Hochschule für Musik in Dresden. Noch als Studentin gewann sie den internationalen Dvorak Gesangswettbewerb in Karlsbad, ihr Start in eine internationale Karriere. Sie begann ihre Sängerlaufbahn an der Komischen Oper Berlin und sang dort hauptsächlich Mozart-Partien, wie Pamina, Susanna, Contessa, Fiordiligi, Donna Anna u. Donna Elvira, aber auch Valencienne, Eurydice und Arianna in Händels „Giustino“. Für ihre Agathe im „Freischütz“, die sie auch an der Berliner Staatsoper und an der Oper Frankfurt gesungen hat, erhielt sie den Kritikerpreis der Berliner Zeitungen. Über 125 mal sang Dagmar Schellenberger alle 3 Frauen in Offenbachs „Hoffmanns Erzählungen, die Antonia dazu weltweit, u. a. in Rom und Nizza mit R. Raimondi. Zu Beginn Ihrer Karriere gastierte Dagmar Schellenberger bereits an verschiedenen Theatern u. Opernhäusern, u. a. als Maria in „West Side Story“ am Opernhaus Leipzig sowie als Ernestine im „Salon Pitzelberger“. Sie sang als Ännchen im „Freischütz“ 1985 die Eröffnungsproduktion der Semperoper Dresden. Schnell führt sie ihr Weg an die Staatsoper Berlin, wo sie viele Jahre Rosalinde in der „Fledermaus“, Gräfin im „Figaro“, Agathe im „Freischütz“ und Antonia sang. Als Rosalinde konnte man sie über 20 Jahre u. a. in Berlin, Paris (Bastille), Santiago de Chile, Tokio sowie in Spanien erleben. Ihr breit gefächertes Repertoire u. das Spektrum ihrer Gesangskunst führten zu Engagements u. Gastspielen in Deutschland, Argentinien, USA, Niederlande, Frankreich, Italien, Spanien, Israel u. Japan. 2004 debütierte Dagmar Schellenberger an der Mailänder Scala als Blanche in „Les Dialogues des Carmelites“ unter Ricardo Muti u. sang 2005 ebendort die Lisa in Tschaikowskys „Pique Dame“ unter Jury Termikanow. Die Rolle der Marschallin im „Rosenkavalier“ sang sie weltweit, wie auch Strauss‘ Arabella und Cappriccio Madeleine. Sie arbeitete mit namhaften Dirigenten von Milan Horvath über Zubin Mehta bis zu Riccardo Muti zusammen. Zahlreiche Rollen sind auf DVD dokumentiert, z.B. Lustige Witwe unter Welser-Möst am Opernhaus Zürich, Rosalinde in „Fledermaus“, Mariza in „Gräfin Mariza“, Marschallin im „Rosenkavalier“ u. a. Über 30 CD-Einspielungen belegen ihre Vielfalt.In Österreich war sie als Pamina in „Die Zauberflöte“ am Theater an der Wien und oftmals als „Lustige Witwe“ an der Wiener Volksoper sowie am Raimund-Theater als Eurydice in Glucks „Orfeo“ zu hören. 2006 sang sie die Primadonna in Bernhard Langs Oper „I hate Mozart“ am Theater an der Wien, im Juni 2012 sang sie im Wiener Konzerthaus in Weinbergers Oper „Wallenstein“.Die Seefestspiele Mörbisch und das Burgenland lernte Dagmar Schellenberger während ihrer Engagements bei den Seefestspielen als „Gräfin Mariza“ in 2004 und „Lustige Witwe“ in 2005 kennen und lieben. Seit 15 Jahren widmet sich Dagmar Schellenberger der Nachwuchsförderung u. gibt ihre langjährige Erfahrung als Professor an der Universität der Künste in Berlin weiter. Sie ist Jurymitglied großer Gesangswettbewerbe. Im September 2012 übernahm die Sängerin die Intendanz bei den Seefestspielen Mörbisch.

www.dagmar-schellenberger.de

www.seefestspiele-moerbisch.at

Von Michaela und Rudolf Mottinger

Wien, 18. 6. 2013