Free Lunch Society – Komm Komm Grundeinkommen
Mai 2, 2017 in Film
VON MICHAELA MOTTINGER
Weil Arbeit ohnedies unbezahlbar ist

Weltweit machen sich Menschen für ein Bedingungsloses Grundeinkommen stark. Bild: © Golden Girls Filmproduktion
Es beginnt mit einem Ausschnitt aus „Star Trek – The Next Generation“. Da gerät ein Banker aus unseren Tagen unter geheimnisvollen Umständen auf die Enterprise des 24. Jahrhunderts – und erfährt, dass nicht nur das Geld, sondern mit ihm auch alle materiellen Nöte abgeschafft wurden. Ratlos wendet er sich an Captain Picard: „Was werde ich tun? Wie werde ich leben? Welches Ziel habe ich noch?“
Und der weise Jean-Luc antwortet: „Das werde ich Ihnen sagen, Mr. Offenhouse. Sie können sich weiterentwickeln, Ihr Wissen vergrößern. Genießen Sie es!“ An dieser Schnittstelle von Science-Fiction-Utopie und Dokumentation, von Wünschen und Werden, bewegt sich der jüngste Film von Christian Tod „Free Lunch Society – Komm Komm Grundeinkommen“, der ab 5. Mai in den heimischen Kinos zu sehen ist. Der Linzer Filmemacher und Volkswirt zeigt sich damit als Fan der unendlichen Weiten, nicht nur was Weltraumabenteuer, sondern auch soweit es Finanzfragen betrifft. Seine These: Das Bedingungslose Grundeinkommen für alle ist nicht nur wirtschaftlich möglich, sondern unabdingbar. Allerdings, räumt er ein, ist die Idee so simpel, dass nur die wenigsten sie verstehen.
Weshalb er anhand von Beispielen und mit erlesenen Gesprächspartnern seine Feststellung zu untermauern und aus der „Hirngespinstecke“ zu holen sucht. Tod entwirft in „Free Lunch Society“ das höchst verlockende Szenario eines durchaus umzusetzenden gesellschaftlichen Paradigmenwechsels, der die Welt grundlegend verändern könnte. Eine „Kulturfrage“ nennt etwa Drogeriemarktkettenmilliardär Götz Werner das Grundeinkommen, denn ohne Existenzsorgen entstünde „ein völlig neuer Freiheitsraum“. Arbeit sei ohnedies unbezahlbar, konstatiert der Geschäftsmann, und ortet die Ablehnung der Idee überall dort, wo Machtverlust befürchtet wird. „Chefs könnten den Menschen nicht mehr mit seinem Arbeitsplatz und dem Verlust desselben bedrohen.“

Michael Bohmeyer erklärt seine Crowdfunding-Plattform. Bild: © Golden Girls Filmproduktion

Mit dieser Plastikkarte ist man dabei. Bild: © Golden Girls Filmproduktion
Ähnlich argumentiert Michael Bohmeyer. Der Jungunternehmer ist Mitgründer eines Start‐ups, das ihm ein monatliches Grundeinkommen von 1000 Euro garantiert, ohne dafür arbeiten zu müssen. Weil er diese Erfahrung mit so vielen Menschen wie möglich teilen möchte, errichtete er eine Crowdfunding-Plattform, auf der man ein Grundeinkommen für ein Jahr gewinnen kann. Bis jetzt haben 50.000 Spender die Grundeinkommen von mehr als 70 glücklichen Gewinnern finanziert.
„Faulheit“, dieses ewige Argument gegen das Nicht-Arbeiten-Müssen, sagt Bohmeyer, „wird in faden Jobs erlernt. Bis jetzt war Erwerbsarbeit der ultimative soziale Halt, wir wissen also gar nicht, womit alles wir uns beschäftigen könnten, wenn dieser Aspekt wegfiele. Abgesehen davon glaube ich, wenn die Leute sich entfalten können, arbeiten sie von sich aus mit Spaß an der Sache.“ Es geht ihm bei seiner Sache also ums Gern-Arbeiten-Können. Ein Beispiel dafür ist der österreichische Lottogewinner Dieter Dohr. Der gelernte Koch besitzt Restaurant und Tankstelle – und, seit er „drei Richtige“ freigerubbelt hat, 3000 Euro monatlich, ein Leben lang, steuerfrei. Seinen Lebensstandard hat er nach dem Geldsegen nicht groß geändert. Was er getan hat? „Zuerst war ich beten und dann den Kredit abbezahlen.“ In seinem Lokal bietet er ein preisgünstiges Mittagsmenü an.
Das Bedingungslose Grundeinkommen, zeigt Tod mit historischem Filmmaterial, kam ab den 1950er-/1960er-Jahren ausgerechnet in den USA auf. So unterschiedliche Denker wie Martin Luther King (er wegen anstehender Rassenunruhen aufgrund ungerechter Ressourcenverteilung) und Nobelpreisträger Milton Friedman (der an ökonomischen Liberalismus als höchstes Freiheitsgut des Kapitalismus glaubte) sprachen sich für die Umsetzung aus. Es gab Pilotprojekte in Seattle, Denver, New Jersey, die nie evaluiert, sondern von US-Präsident Ronald Reagan vorzeitig beendet wurden. Zu groß war offenbar dessen Angst vor einer immateriellen Welt und davor, seine Wähler könnten alle – Zitat – „mit der Hängematte im Wald verschwinden“. Auch das filmtitelgebende Zitat „There’s no such thing as a free lunch“, wird ihm zugeschrieben, stammt aber von Sci-Fi-Autor Robert A. Heinlein.

Drogeriemarktkettenmilliardär Götz Werner hält Arbeit für unbezahlbar. Bild: © Golden Girls Filmproduktion

Die Schweiz hat sich im Vorjahr gegen das Bedingungslose Grundeinkommen entschieden. Bild: © Golden Girls Filmproduktion
Interessant auch, dass ausgerechnet im erzkonservativen Alaska eine jährliche Dividende aus dem sogenannten Alaska Permanent Fund an die Bevölkerung ausgeschüttet wird – der APF verwaltet die Gewinne aus der lokalen Ölförderung und wurde 1976 durch einen Volksentscheid eingerichtet; jeder Einwohner Alaskas erhält den gleichen Betrag, über den er frei verfügen kann -, während andernorts die Gewerkschaften gegen derlei Maßnahmen protestierten und sie schließlich verhinderten. Weil sie um ihre Existenzberechtigung fürchten, wenn „Arbeitskampf“ ausfällt?
Am Ende führt der Film nach Afrika, nach Namibia, wo der ehemalige Bischof Zephania Kameeta, nun Minister für Armutsbekämpfung und soziale Wohlfahrt, ein Grundeinkommensexperiment initiierte. „Die Idee, dass Menschen faul werden, wenn man ihnen Geld gibt, ist einfach nicht wahr“, ist auch er überzeugt. Und führt das Kamerateam zu Joseph Ganeb und Rudolphine Eigowas. Die haben mit der finanziellen Unterstützung dasselbe getan, wie Nathan und Alissa Wardwell in Alaska: Bessere Schulen für die Kinder gesucht, ihnen eine bessere medizinische Versorgung ermöglicht. Dann kaufte sich Rudolphine eine Nähmaschine und Joseph wurde Ziegelmacher. Mittlerweile haben sie beide kleine Betriebe, die ihnen einen bescheidenen Wohlstand garantieren. Was könnte man diesen Familien für die Zukunft wünschen? Außer: Genießen Sie es!
Trailer: vimeo.com/207143853
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Wien, 2. 5. 2017