Werk X – Eldorado: Freaks
April 4, 2017 in Bühne
VON MICHAELA MOTTINGER
Eine Art Pop-Art-Theater mit rabenschwarzem Humor

Cecilia Steiner, Malte Sundermann und Caner Sunar. Bild: © Heinz Deinhart
Die Offshore Group zeigt im Werk X – Eldorado „Freaks“ nach dem kultigen Bestseller von Joey Goebel. Markus Kubesch hat die Geschichte rund um eine Truppe irrer Musiker inszeniert; es spielen Cecilia Steiner, Caner Sunar und Malte Sundermann. 2003 ist der Roman des US-Autors erschienen. Darin wird aus der jeweils wechselnden Perspektive eines der fünf Protagonisten die Story einer Bandgründung erzählt. Deren Mitglieder sind:
Luster, drogenfrei, Afroamerikaner, durchgeknallt, singender Zyniker. Ember, achtjährige wohlstandsverwahrloste Bassistin mit Gewaltfantasien. Opal, greise, sexhungrige Gitarristin. Aurora, Schönheit, Schlagzeugerin, freiwillige Rollstuhlfahrerin. Ray, emigrierter Iraker, Keyboarder, Suchender. Und alle anderen: Knarren, Drogen, Intoleranz, Dummheit und ein Blockbuster-Shootout wie von Tarantino. Denn Ray stößt auf einen Ex-G.I., den er in Übersee unabsichtlich verwundet hat – und der taucht schwerbewaffnet beim ersten Konzert der „Freaks“ auf …
Im Eldorado teilen sich drei Schauspieler die fünf Rollen. Wie von Goebel vorgegeben, hoppen sie von Figur zu Figur, von Standpunkt zu Standpunkt. Sie sind einander Stichwortgeber, gleichzeitig Erzähler der eigenen und der anderen Geschichte(n) – und sie reden auch die Regieanweisungen mit. Dabei mäandern sie sich durch Wortblöcke und um Satzfragmente. Das Ganze wirkt wie eine Art die Kommunikation als Kunstform negierendes Pop-Art-Theater. Dazu die unvermeidlichen Mikrophone, Sound- und Lichteffekte – ach ja, und ab und an wird geplärrt, wird so grotesk partygeschnoddert, dass es kaum zum Aushalten ist.

Bild: © Heinz Deinhart

Bild: © Heinz Deinhart
„Freaks“ im Eldorado erzählt vom Ausbrechen-Wollen, vom Scheitern und vom Schaffen. Erzählt vom Anderssein, vom Stolz darüber – und vom Schmerz. Und schließlich vom noch größeren Schmerz über die Erkenntnis, eben doch nicht so anders zu sein. Und ganz im Sinne von Voltaire: „Die einzige vernünftige Devise in einem lächerlichen Zeitalter ist, über alles zu lachen“, macht dieser kleine, feine Abend auch noch Spaß. „Bataclan“ schwingt mit, und „Black Lives Matter“ und ein „Hurra, wir leben trotzdem noch“. Oder gerade deswegen. Die Offshore Group tritt an, um zu beweisen, dass Goebels „Freaks“ in den vergangenen vierzehn Jahren nichts an Aktualität eingebüßt haben. Prädikat: sehenswert!
Wien, 4. 4. 2017