21er Haus: Abstract Loop Austria
Januar 25, 2016 in Ausstellung
VON RUDOLF MOTTINGER
Raus aus dem „erbärmlichen Schattendasein“ der Op-Art

Gerwald Rockenschaub: Öl auf Leinwand, 1984. Dauerleihgabe Ernst Ploil
Bild: © Belvedere, Wien
Ab 28. Jänner präsentiert das 21er Haus des Belvedere eine Gruppenausstellung, in deren Mittelpunkt vier österreichische Künstler stehen: Marc Adrian, Richard Kriesche, Helga Philipp und Gerwald Rockenschaub. Ergänzt und in einen internationalen Kontext gestellt wird die Schau durch Arbeiten von Josef Albers und Marina Apollonio bis zu Jorrit Tornquist und Ludwig Wilding.
„Abstract Loop Austria“, so der Titel der Schau, zeigt anhand einer Gegenüberstellung, wie Österreich in den späten 1950er/1960er und 1970er Jahren einen wichtigen Betrag zur Op-Art und Konkreten Kunst geleistet hat und wie Gerwald Rockenschaub diese Tradition in unsere Gegenwart überführt.
In der Wahrnehmung der österreichischen Kunst des 20. Jahrhunderts führt die konstruktive, konkrete Kunst der Nachkriegszeit, tatsächlich eine wichtige internationale Tendenz, nicht nur laut Dieter Ronte „ein erbärmliches Schattendasein“. Dabei zeigten sich gerade hierzulande vielseitige Ausgangs- und Anknüpfungspunkte wie beispielsweise der Wiener Kinetismus, Op-Art, Konkrete Kunst, Konzept- und Computerkunst. Grundlegend für die konstruktiv-konkrete Kunst der Nachkriegszeit sind die radikalen Ideen des Aufbruchs in die Moderne, von Wiener Kreis bis Zwölftonmusik, und zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine Abkehr von den figurativen Tendenzen des österreichischen Expressionismus. Nach dem Zweiten Weltkrieg galt die generelle Idee eines Neuanfangs. Die konstruktiv-konkreten Kunst bildet dabei eine wichtige Konstante und wurde unter unterschiedlichen Vorzeichen immer wieder aufgegriffen – beispielsweise in der Neo-Geo-Bewegung der 1980er-Jahre.
Im Mittelpunkt der Ausstellung im 21er Haus stehen aber die Anfänge dieser Kunstrichtung und erste Vertreter. Marc Adrian etwa hat bereits in den 1950er-Jahren die individuelle und unterschiedliche Betrachterposition vor den Kunstwerken in seinen Arbeiten mitgedacht. Der Teilnehmer an der legendären Ausstellung „The Responsive Eye“ 1965 im New Yorker MoMA, die als Geburtsstunde der Op-Art gilt, war nicht nur einer der Begründer des österreichischen Experimental- beziehungsweise Avantgardefilms, sondern hat sich bereits in seinen Objektkästen und Hinterglasmontagen mit kinetischen Effekten, zeitlichen Interferenzen und optischen Strukturproblemen beschäftigt. Sie werden in der Schau ebenso gezeigt, wie seine plastischen Werke, die Mobiles, und frühe Experimentalfilme. Im Zuge der Ausstellung wird auch das Werkverzeichnis dieses zu Unrecht vergessenen, national wie international bedeutenden Künstlers vorgestellt.
Durch Marc Adrian kam Helga Philipp in Kontakt mit Kinetik und Konkreter Kunst und untersuchte in ihren frühen schwarz-weißen Objektkästen und ihren Plexiglasarbeiten optische Phänomene im Sinne der Op-Art. Durch die Verwendung neuer Materialien wie Acrylglas und später die Siebdrucktechnik wollte Philipp eine Kunstform ohne persönliche Handschrift finden. Richard Kriesche wiederum übertrug in seinem Frühwerk die Ideen konzeptuell geometrischer Malerei in farbige Objekte, häufig auf der Grundlage von mathematischen Codes und definierten Regeln. Später geht Kriesche von den Ideen der Konkreten Kunst über zur Medienkunst und elektronischen Bildverfahren.
Und einer bedingte den nächsten: Gerwald Rockenschaub war an der Universität für Angewandt Kunst nicht nur ein Schüler von Helga Philipp, sondern vielmehr griff er Mitte der 1980er-Jahre ihre optische Erforschung der Oberfläche und Struktur von Kunstwerken auf. Er spezialisierte sich auf die Untersuchung der künstlerischen Wahrnehmung von Alltagscodes und der Zeichen neuer Informationstechnologien. Später wurde seine Malerei durch mechanische Verfahren und industrielle Materialen, wie Folien oder Plexiglas, abgelöst und Club-Kultur, Techno-Musik und Computertechnik miteinbezogen.
Edgar Knoop: Subway 813
Parallel zu „Abstract Loop Austria“ findet anlässlich einer Schenkung des Künstlers an die Österreichische Galerie Belvedere die Präsentation von Edgar Knoop „Subway 813“ statt. Zu sehen sind Werke der 1970er- bis 2010er-Jahre. Kinetische Lichtobjekte nennt Knoop seine Werke, die sich dem Auge des Betrachters durch Lichtreflexionen als immer wieder veränderlich darstellen.
Wien, 25. 1. 2016