Museum der Moderne Salzburg: Bildwitz und Zeitkritik. Satire von Goya bis Grosz

August 9, 2016 in Ausstellung

VON RUDOLF MOTTINGER

Mit spitzer Feder auf den Punkt gebracht

Francisco de Goya: Disparate volante, 1815-1824. Serie: Los Proverbios. © Museum der Moderne Salzburg. Bild: Rainer Iglar

Francisco de Goya: Disparate volante, 1815-1824. Serie: Los Proverbios. © Museum der Moderne Salzburg. Bild: Rainer Iglar

Mit der Ausstellung „Bildwitz und Zeitkritik“ zeigt das Museum der Moderne Salzburg derzeit Meister der Gesellschaftskritik – mit Werken aus eigenen Beständen von Francisco de Goya über Honoré Daumier und William Hogarth bis hin zu George Grosz. Der renommierte Künstler Dan Perjovschi erarbeitet eigens für die Ausstellung eine Installation im neueröffneten Rupertinum.

Während die Meinungsfreiheit an vielen Orten dieser Welt auf gewalttätige Weise in Grenzen gewiesen wird, widmet sich das MdM Salzburg einer Kunstform, die sich die Gesellschaftskritik auf die Fahnen geschrieben hat: der Satire. In neu gestalteten Ausstellungsräumen des Rupertinum wird anhand von mehr als zweihundert Werken gezeigt, wie Künstler den Bildwitz als Mittel der Zeitkritik eingesetzt haben. Die Druckgrafik war wegen der Möglichkeit zur Vervielfältigung das bevorzugte Medium für die Satire. Francisco de Goya bediente sich ihrer in seinen grafischen Zyklen des Grotesken und Fantastischen als Ausdrucksmittel. Während Goya und William Hogarth Radierungen anfertigten, konnte Honoré Daumier bereits auf das raschere Verfahren der Lithografie zurückgreifen. Zeitschriften wie La Caricature und Le Charivari in Frankreich, Punch in Großbritannien und die Fliegenden Blätter oder später Simplicissimus in Deutschland spielten eine zentrale Rolle bei der Verbreitung von Karikaturen.

Honoré Daumier: Les illusions d'artistes - Les grands prix, 1842. Aus: La Caricature, 17. Juli 1842. © Museum der Moderne Salzburg. Bild: Bettina Salomon.

Honoré Daumier: Les illusions d’artistes – Les grands prix, 1842. © Museum der Moderne Salzburg. Bild: Bettina Salomon.

Karl Arnold: Kulturschwätzer, 1922. © Museum der Moderne Salzburg © Bildrecht Wien. Bild: Bettina Salomon

Karl Arnold: Kulturschwätzer, 1922. © Museum der Moderne Salzburg © Bildrecht Wien. Bild: Bettina Salomon

Ludwig Gruber: Am Ende der Pressefreiheit, o. D. © Museum der Moderne Salzburg. Bild: Bettina Salomon

Ludwig Gruber: Am Ende der Pressefreiheit, o. D. © Museum der Moderne Salzburg. Bild: Bettina Salomon

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Immer wieder gerieten Künstler wegen ihrer Arbeiten in Schwierigkeiten – so etwa Daumier, den seine Karikaturen des Königs Louis-Philippe für sechs Monate hinter Gitter brachten. Fast ein Jahrhundert später wurde George Grosz wegen „Beleidigung der Reichswehr“ und „Angriffs auf die öffentliche Moral“ zu hohen Geldstrafen verurteilt. Während des nationalsozialistischen Regimes wurde Systemkritik nicht nur unmöglich gemacht, sondern den Künstlerinnen und Künstlern drohten Berufsverbote und Verfolgung. So konnte aus beißendem Humor bitterer Ernst werden.

Dan Perjovschi: Zeichnend im Kiasma, Helsinki 2013. Bild: Pirje Mykkanen, Courtesy Kiasma and the artist

Dan Perjovschi: Zeichnend im Kiasma, Helsinki 2013. Bild: Pirje Mykkanen, Courtesy Kiasma and the artist

Entlang verschiedener Themen wird in der Ausstellung die ganze Vielfalt der Satire in der Grafik gezeigt – von politischen Themen über Geschlechter- rollen bis hin zu Alltags- themen. Durch die Gegenüberstellung von Werken unterschiedlicher Epochen wird deutlich, wie sich über die Zeit hinweg bestimmte Themen wiederholten und somit auch nie an Aktualität eingebüßt haben. Satire bleibt bis heute eine feine Gratwanderung zwischen Spott und Beleidigung.

Ein Umstand, der in der Ausstellung an einigen zeitgenössischen Beispielen deutlich wird. Den Auftakt der Ausstellung bildet eine eigens erarbeitete Installation des Künstlers Dan Perjovschi, die das Atrium mit den Ausstellungsräumen verbindet. In seiner Arbeit überträgt Perjovschi die Zeitkritik als Mischung aus Zeichnung, Cartoon und Graffiti direkt auf die frisch renovierten Wände des Museums. Indem er politische, soziale und kulturelle Tagesthemen verarbeitet, stellt der rumänische Künstler einen Aktualitätsbezug in seiner gezeichneten Gesellschaftskritik her. Durch eine Simplifizierung in seinen Zeichnungen versucht er, eine mögliche Verwirrung im Verständnis zu vermeiden und seine Improvisationsfreiheit nicht einzuschränken.

www.museumdermoderne.at

Wien, 9. 8. 2016