Aus der Garage X wird das Werk X
Juni 18, 2014 in Bühne
VON MICHAELA MOTTINGER
„Morgen ist das Paradies“
Wien hat ein neues Theater. Unter dem Namen Werk X werden das bisherige Palais Kabelwerk in Wien-Meidling und die Garage X am Petersplatz unter einem Dach zusammengeführt. Künftig werden nicht nur großformatige Eigenproduktionen und zahlreiche Stars des deutschsprachigen Theaters erwartet, auch die Freie Szene der Stadt soll profitieren. Die Eröffnung ist am 17. Oktober.
Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny bezeichnete es bei der Pressekonferenz als ein wichtiges Signal, wenn Wiener Bühnen neue Wege beschreiten, indem sie Synergien nutzen und in der Gemeinschaft ihre Stärke suchen. „Ich freue mich, dass mit der Eröffnung des Werk X ein neues Haus mit internationaler Anbindung an einem dezentralen Standort entsteht. Die Wiener Kulturpolitik stärkt mit der Förderung dieser Kooperation – entgegen allen internationalen Trends – die freie Theaterlandschaft Wiens mit zusätzlichen Mitteln.“
Die künstlerischen Leiter Harald Posch und Ali M. Abdullah wollen im neuen Werk X ihre bisherige Arbeit fortsetzen und progressives zeitgenössisches Sprechtheater nach Wien holen. „Wir freuen uns, das Werk X mit Künstlern wie Marius von Mayenburg als Autor und Regisseur, Milan Peschel als Regisseur und Bruno Cathomas und anderen bekannten Schauspielern eröffnen zu können“, so Posch bei der Vorstellung des Programms. Damit wolle man auch einen Beitrag zur Aufwertung des 12. Wiener Gemeindebezirks leisten, ergänzte Poschs Partner, Regisseur Ali M. Abdullah.
Die erste Spielzeit werde unter dem Schwerpunktthema „Morgen ist das Paradies“ stehen und sich mit der Weiterentwicklung des westlichen Gesellschaftsmodells auseinandersetzen. Ein Highlight dürfte Abdullahs Bühnenadaption des Romans „Seelenkalt“ des russischen Autors Sergej Minajew werden, der in Österreich noch weitgehend unbekannt ist. Das Werk X konnte sich die Rechte für die Uraufführung sichern. Außerdem steht eine kritische Neuauflage der „Proletenpassion“ von 1976 sowie ein erneuter Austausch mit dem Residenztheater München auf dem Programm.
Ausdrücklich begrüßte Mailath-Pokorny die Pläne, die bisherige Garage X am Petersplatz unter dem Namen Werk X – Eldorado als offen kuratierten Ort für die freie Szene fortzuführen. „Somit hat Wien im Zentrum der Stadt eine Bühne, die ausschließlich für freie Projekte zur Verfügung steht.“ Auch das „diverCITYLAB“ unter der Leitung von Asli Kislal, das sich mit Themen rund um Migration und gesellschaftlicher Akzeptanz beschäftigt, ist ein wichtiger Bestandteil des Gesamtkonzeptes Werk X: „Das theaterpädagogische Angebot hilft, Barrieren abzubauen und führt Menschen jedweder Herkunft in ersten Schritten an das Theater heran“, betonte der Kulturstadtrat abschließend.
Wo vor 100 Jahren die Maschinen der „Kabel- und Drahtwerke AG“ liefen, wohnen heute etwa 3.500 Menschen – und: es wird Theater gemacht. Bereits seit 2008 wurden in den neuen Räumen erfolgreich niedrigschwellige Kulturprojekte realisiert, mit der Zusammenlegung des alten Palais Kabelwerk mit der ehemaligen Garage X am Petersplatz können die Potenziale der Räume nun in vollem Umfang für großformatige Theaterproduktionen genutzt werden.
Das neue Werk X wird als dezentral gelegenes Sprechtheater mit internationaler Anbindung über 2 Spielstätten mit jeweils zwei Sälen verfügen: Das Werk X in Meidling, das in zwei Sälen bis zu 600 Zuschauer fasst und das Werk X – Eldorado am Petersplatz, das ebenfalls in 2 Sälen rund 250 Zuschauer fasst. Während in Meidling in erster Linie Eigenproduktionen und Kooperationen mit den spannendsten Stadt- und Staatstheatern im deutschsprachigen Raum gezeigt werden, wird das Werk X Eldorado als offen kuratierter Ort der Freien Szene zur Verfügung stehen. Der Schwerpunkt wird mit geplanten 110 Vorstellungen auf den Produktionen in Meidling liegen, am Petersplatz sind bis zu 90 Vorstellungen pro Spielzeit geplant. Teil des neuen Programms wird auch das diverCITYLAB von Asli Kislal sein, das sich postmigrantischer Identitätsbildung und der Heranführung migrantischer Publikumsgruppen an das Theater widmet.
Um die künstlerischen Pläne umsetzen zu können und international konkurrenzfähig zu werden, war es erforderlich, eine Seitenbühne anzubauen, die Bühnenobermaschinerie zu verbessern und weitere bauliche Anpassungen etwa auch in den Büros vorzunehmen. Nach den Umbauten wird die Spielstätte auch großformatige Produktionen realisieren können und Büroarbeitsplätze für bis zu 12 MitarbeiterInnen anbieten. Das grafische Erscheinungsbild wurde von der Berliner Grafikerin Daniela Burger entworfen, die bereits für die Identität der Garage X verantwortlich zeichnete. Der Name „Eldorado“ für die Spielstätte am Petersplatz greift auf die Geschichte des Ortes zurück, der als Varieté unter diesem Namen bereits 1873 erstmals Erwähnung findet.