Eismayer: Eine schwule Love Story beim Bundesheer

Oktober 29, 2022 in Film

VON MICHAELA MOTTINGER-MEHMOOD

Ein Coming-Out nach wahren Begebenheiten

Eismayer schikaniert die Rekruten: Gerhard Liebmann. Bild: © Golden Girls Film

Apropos legendär: Das Schauermärchen um die Kuh, die von einer Panzerfaust „weggefetzt“ wurde, so dass nur noch ihre qualmenden Klauen stehenblieben, ist wahr. Dafür gibt es hier Zeugen. Es geschah Anfang der 1980er-Jahre in Bruckneudorf, aber nicht der Eismayer war es. Ein paar übermütige Wiener Grundwehrdiener wollten einer burgenländischen Bäuerin ein Loch ins zum Trocknen in der

Sonne aufgehängte Leintuch sengen, ohne zu ahnen, dass dahinter ein Hornvieh stand … So viel zu Mythen und Sagen. Zu denen Charles Eismayer zweifelfrei gehört. Regisseur und Drehbuchautor David Wagner erzählt in seinem Filmdebüt, das ab 28. Oktober in den Kinos zu sehen ist, vom „härtesten Schleifer beim österreichischen Bundesheer“, und wie dessen Vollmantelgeschoss von Herz am renitenten Rekruten Mario Falak seine Mannstoppwirkung verliert. Ein Coming-Out, eine Liebeserklärung, schließlich das Ja-Wort im Jahr 2014 in der Maria-Theresien-Kaserne.

Eine Story so wild, weil sie wahr ist, so berührend, schmerzhaft, kraftvoll, in unerwarteten Momenten auch skurril und komisch, wie sie nur das Leben schreiben kann. Wagner hat viele Stunden mit den beiden verbracht (auch mit Eismayers Ex-Opfern, die ihn heute teils feiern, teils nach wie vor verdammen), der Vizeleutnant seit Kurzem pensioniert, der Ehemann mittlerweile Major Falak. Dies Jahr in Venedig wurde „Eismayer“ als bester Spielfilm der Settimana Internazionale della Critica ausgezeichnet. Die Vorbilder neben ihren Darstellern dankten mit militärischem Gruß und einem vielfotografierten Kuss.

Schwulsein inmitten toxischer Männlichkeit und deren Machogehabe, das ist das Thema, das David Wagner interessiert, die Grönemeyer’sche Frage: Wann ist ein Mann ein Mann? Gedreht wurde an Originalschauplätzen, heißt: mit Unterstützung des Bundesheeres, das nach Leistungsschau und Angelobung am Nationalfeiertag diesen weiteren Image-Aufwind willkommen heißt (und in einem Statement betont, dass aggressive Ausbilder wie der Eismayer eine fiktionale Sache seien und man längst auf Diversität und Feedback-Kultur setze), und wenn man im Film der Ehrenkompanie beim Exerzieren zusieht, muss man unweigerlich an die glückliche Klaudia Tanner in ihrem Pompfinebrer-Poncho denken. Diese Ministerin liebt ihre Männer.

Luka Dimić als Mario Falak. Bild: © Golden Girls Film

Lion Tatzber als Sohn Dominik. Bild: © Golden Girls Film

Julia Koschitz als Ehefrau Christina. Bild: © Golden Girls Film

Bild: © Golden Girls Film

Zum Grundwehrdienst in der „4. Garde“ wird auch Rekrut Mario Falak eingeteilt, der aufsässige „Tschusch“, der frech zu seiner Homosexualität steht und zu den üblichen militärischen Unsinnigkeiten immer einen letzten Satz hat. Also ab zum Sadisten Eismayer. „Er wird dich zum Frühstück ficken!“, wird ihm noch nachgerufen. Dann der nach Angstschweiß müffelnde Appell. Die Eingezogenen stehen nervös in Reih und Glied, Eismayers einzige Art sich zu verständigen ist brüllen.

„Schwuchtel“ Falak, nunmehr „Rekrut Tschusch“, erfährt den brutalen Drill am eigenen Leib, in einem Umfeld mit den Standardworten „Oarschloch“ und „Bluatrausch“ und Scherzen über „kameradschaftlichen Geschlechtsverkehr“. Eismayer tarnt sich strategisch schlau hinter einer homophoben Fassade, und großartig ist die Szene einer Geländeübung, bei der der wieder einmal bestrafte Falak nächtens nackt, weil zufleiß in den Wald läuft und Eismayer ihm nachruft: „Wenn Sie erfrieren, bring‘ ich Sie um!“

Dass dies alles derart überragend rüberkommt, liegt an den beiden Protagonisten Gerhard Liebmann als Charles Eismayer und Luka Dimić als Mario Falak, zwei Schauspielern, die sich auf ihre Charaktere ein- und intimste Nähe zulassen. Wenn sich Liebmanns Gesicht zur Fratze verzerrt, sein ohrenbetäubendes Geplärre sich Bahn bricht, so dass man hofft, Liebmann hätte sich vom Schreien keine gesundheitlichen Schäden zugezogen, dann ist das sozusagen der Grundton des Films. Man weiß nun: Eismayer will sein inneres Chaos überbrüllen.

Liebmanns Spiel, changierend zwischen Männlichkeitswahn und jäh aufreißender Verletzlichkeit, zwischen zackiger Soldatenwelt und emotionalen Kämpfen, ist die große Stärke von „Eismayer“. In der Kaserne ein Berserker, ist er daheim bei Frau und Kind ein gutmütiger und geduldiger Schinkenfleckerl-Koch, dem der Sohn unbestraft die Wände vollkritzelt. Seine Homosexualität lebt er in harten, kurzen Akten auf schlecht beleuchteten Parkplätzen aus, doch ahnt Christina (Julia Koschitz grau vor Müdigkeit und Enttäuschung) bereits, dass da etwas im Busch ist.

Bild: © Golden Girls Film

Vorbilder für den Film: Charles Eismayer und Mario Falak bei ihrer Hochzeit 2014. Screenshot: © Golden Girls Film

Aufgerieben wird Eismayer auch beruflich, zwischen Hauptmann Karnaval – Christopher Schärf, der den gefürchteten Vizeleutnant regelmäßig ermahnt „Genau wegen so Schleifertypen wie Ihnen will niemand mehr zum Bundesheer“, und Karl Fischer als Oberst Hierzberger, ein Soldat der alten Schule und „Charlies“ militärischer Ziehvater, der dessen Methoden selbstverständlich gutheißt. Es ist Mario Falak, der Eismayers Doppelleben eigentlich auf den ersten Blick durchschaut.

Der in Sarajevo geborene Luka Dimić gestaltet ihn furchtlos und bubenhaft charmant, als queeren Freigeist, so provokant wie sensibel, als einen, der zu sich steht und damit seinen Vorgesetzten scheint’s mit Vorsatz zur Weißglut bringt. Der Schiach geht Mario erst an, als ihn Eismayer zwecks Installation eines neuen Fernsehers in die Wohnung abkommandiert, da ist Christina schon ausgezogen, er wegen Versäumen des Zapfenstreichs zum Übernachten eingeladen wird und sich der Gastgeber alsbald zärtlich an ihn kuschelt.

Eine delikate Annäherung, festgehalten jenseits jeder Peinlichkeit. Eine Begierde entsteht, eine Liebe, mit der die beiden umzugehen versuchen, während um sie herum rassistische und schwulenfeindliche Witze durch die kalten Kasernengänge hallen. Es ist erstaunlich, wie es Wagner und Liebmann gelingt, das Scheusal Eismayer zum Sympathieträger zu machen. Ebenso, wie Dimić glaubhaft verkörpert, dass die „Schwuchtel“ Mario sich vom martialischen Milieu des Militärs angezogen fühlt und sich erfolgreich um Aufnahme an der MilAk bemüht.

„Eismayer“ ist ein fokussierter, ein wenig zu stark komprimierter Film, dem man mehr als 90 Minuten Spielzeit gewünscht hätte. Eine der schönsten Szenen ist, als Eismayer seinem Sohn Dominik – Lion Tatzber erklärt, Mama und er seien kein Paar mehr, weil Papa lieber einen Mann zum Partner habe. Da erklärt der Knirps, es sei doch gar nichts dabei, er selbst mache sich auch nichts aus den blöden Mädchen in der Klasse. Er sei lieber zusammen mit Emir, Arthur, Denial und dem urcoolen Louis. „Und wie heißt dein Freund?“

Trailer: www.youtube.com/watch?v=vab0XGlsgwg           eismayer.com/de           www.goldengirls.at

  1. 10. 2022

steirischer herbst/Neue Galerie Graz: Krieg in der Ferne

Juni 27, 2022 in Ausstellung, Film

VON MICHAELA MOTTINGER

Die umkämpfte Ukraine in Videokunst und Film

Dana Kavelina, Letter to a Turtledove (2020), Filmstill, Mit freund. Genehmigung der Künstlerin

Der russische Angriffskrieg in der Ukraine wird von einigen immer noch nur als Echo in der Ferne wahrgenommen. Ab 22. September widmet sich der steirische herbst der drohenden Präsenz dieser entlegen scheinenden Schlachten, und schon im Sommer lenkt ein Prolog zur 55. Festivalausgabe den Blick auf diesen militärischen Terrorakt einen Krieg, dessen Relevanz und Nähe nicht mehr zu übersehen sind.

Die Sonderschau „Ein Krieg in der Ferne. Die umkämpfte Ukraine in Videokunst und Film“ in der Neuen Galerie präsentiert von 1. Juli bis 1. August historische und zeitgenössische Videokunst und Filme. Sie bieten einen individuellen, ernüchternden und menschlichen Blick auf aktuelle Ereignisse, die sonst mit militärischen oder geopolitischen Begriffen erklärt werden.Der gegenwärtige Krieg erscheint als Implosion einer bereits vorher tragischen und gewaltsamen ukrainischsowjetischen Geschichte, deren filmische Dokumente zu den Meisterwerken des AvantgardeKinos des 20. Jahrhunderts gehören.

Zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler aus der Ukraine greifen auf diese Geschichte zurück und zeigen deren brutale Umkehrung in der Gegenwart, während sie über den seit 2014 andauernden Krieg mit Russland reflektieren. Sozialistische Utopie und faschistische Mobilisierung erscheinen als umkämpfte Phänomene aus der Vergangenheit, mit denen sich die Kunstschaffenden auf ihre e igene Art und Weise kritisch auseinandersetzen. Gleichzeitig wird der Bürgerinnen-und-Bürger-Journalismus in Zeiten verschärfter Kampfhandlungen zu einer neuen Form des anonymen aktivistischen Filmemachens. Aktuelle Dokumentarfilme zeigen die menschliche Dimension davon, wie sich der Krieg auf die wirtschaftlich schwachen Regionen und die dort lebende Bevölkerung auswirkt. Dabei wird deutlich: Trotz der weitverbreiteten Zerstörung gibt es Raum für Heroismus, Hoffnung und Poesie.

Im Rahmen der Sonderschau finden am 1. Juli Podiumsdiskussionen und Artist Talks statt, bei denen die Folgen der imperialen Geschichte und der neoliberalen Gegenwart in Mittel und Osteuropa erörtert werden und der Ukrainekrieg in einen breiteren Kontext gestellt wird. Teilnehmende Künstlerinnen und Künstler sind Pavel Brăila, Dana Kavelina, Zoya Laktionova, Kateryna Lysovenko, Mykola Ridnyi und Philip Sotnychenko.

Zu den KünstlerInnen und ihren Arbeiten

Oleksandr Dovzhenko

(geboren 1894, Sosnyzja, Russisches Kaiserreich, heutige Ukraine, gestorben 1956, Moskau, Sowjetunion) war ein ukrainisch-sowjetischer Drehbuchautor, Filmproduzent und Regisseur, der als einer der Pionier  unverblümten Darstellungen von Krieg und Hunger. Sein Werk wurde von Josef Stalin und seinen Gefolgsleuten heftig kritisiert und des ukrainischen Nationalismus bezichtigt. Nach zwei weiteren Filmen, die er in den 1930er- und 1940er-Jahren drehte, gab er das Filmemachen auf und schrieb Romane. Am Ende seines Lebens wurde er zum Mentor der ukrainischen Filmeschaffenden Larisa Shepitko und Sergei Parajanov. Insgesamt drehte er nur sieben Filme.

Sein in der Ausstellung gezeigter Film Arsenal (1929) ist einer der großen Klassiker des sowjetischen Avantgarde-Kinos und vielleicht die schonungsloseste Darstellung der brutalen Kämpfe in der Ukraine vor 100 Jahren. Er erzählt die Geschichte der Kyjiwer Arsenalwerk-Revolte von 1918, als Arbeiter für die Bolschewiken und gegen die Zentralversammlung der Ukraine rebellierten. Dovzhenko selbst kämpfte als Soldat aufseiten der Regierung, doch sein Film ist alles andere als heroisch. Auf ukrainischer Seite sah man es so, dass Dovzhenko einer prorussischen Version des Bürgerkriegs nachgab, in der die heldenhaften Bolschewiken recht behalten. Die Position des Regisseurs ist jedoch komplexer. Er reflektiert über die Erotisierung der Gewalt und die verführerisch-giftige Süße der Rache. Die erste Episode des Films zeigt die Auswirkungen des Ersten Weltkriegs in Galizien und der Ukraine, wo noch Österreich-Ungarn der imperiale Besatzer ist. Berühmt ist die Szene eines Gasangriffs, in der die Qualen eines Soldaten als seltsam unheimliche Form des Vergnügens erscheinen. Heute liest sich Dovzhenkos Film wie eine Prophezeiung der aktuellen Gewalt in der Ukraine: Hungersnot, sexuelle Übergriffe, bedeutungslose Schlachten und die Angst vor Giftgas.

Dana Kavelina

(geboren 1995, Melitopol, Ukraine) ist eine Künstlerin und Filmemacherin. Sie arbeitet mit Text, Malerei, Grafik, Video und Installation und produziert Animationsfilme, in denen sie sich mit persönlichen und historischen Traumata, Verletzlichkeit und der Wahrnehmung des Krieges außerhalb der gängigen Narrative auseinandersetzt. Ihre Werke wurden im Kmytiv-Museum, im Closer Art Center, Kyjiw, und im Sacharow-Zentrum, Moskau, ausgestellt. Sie erhielt Preise beim Odesa Film Festival und beim Internationalen Trickfilmfestival KROK.

Oleksandr Dovzhenko, Arsenal (1929), Filmstill, Mit freundlicher Genehmigung des Dovzhenko Centre

Dana Kavelina, Letter to a Turtledove (2020), Filmstill, Mit freundlicher Genehmigung der Künstlerin

Philip Sotnychenko, Happy New Year (2018), Filmstill, Mit freundlicher Genehmigung des Künstlers

Proof of War. Quelle: Videoarchiv eines anonymen Telegram-Kanals Proof of War

Russlands Krieg mit der Ukraine begann nicht erst am 24. Februar 2022, sondern mindestens acht Jahre zuvor. Schon damals wurde der kohlereiche Donbas zum Schlachtfeld für die ukrainische Armee und die von Russland unterstützten Separatisten. Kavelinas poetischer Kurzfilm Letter to a Turtledove (2020) erzählt von diesem Krieg und den halluzinatorischen Schrecken, die er entfesselt hat. Er mischt Archivmaterial, Collage-Animationen und Realfilmsegmente mit Szenen aus dem anonymen fünfstündigen Dokumentarfilm „To Watch the War“ (2018). Der heutige Krieg erscheint wie eine Umkehr der sowjetischen Geschichte im Donbas, einst ein Schaufenster der sozialistischen Industrialisierung und der Schrecken der Stoßarbeiter. Dabei implodiert die Geschichte in erschütternden Bildern, in denen sich Dokumentation und Traumlandschaft vermischen. Eine Übertragung im Radio, die sich an die Frauen in den besetzten Gebieten richtet, ist eine bedrohliche Botschaft, die in nahezu religiösen Tönen Zerstörung und Erlösung verskündet – das Versprechen eines Vergewaltigers an seine Opfer. Kavelinas Film erforscht, wie Gewalt von den Überlebenden einverleibt und verinnerlicht wird, zum Teil auch als Schuld. Seine Art, mit diesem sensiblen Thema umzugehen, nimmt die heutige Tragödie vorweg – den massiven Einsatz von Vergewaltigung als Kriegswaffe russischer Soldaten.

Mykola Ridnyi

(geboren 1985, Charkiw, Ukraine) ist ein Künstler, Bildhauer, Filmemacher und Kurator. Seine Performances, Installationen, Skulpturen und Kurzfilme reflektieren die sozialen und politischen Realitäten der heutigen Ukraine. Er hat 2005 die Gruppe SOSka mitgegründet, ein Kunstkollektiv, das zahlreiche Projekte in Charkiw kuratiert und organisiert hat. Seine Arbeiten waren in Ausstellungen und auf Filmfestivals, darunter die transmediale, Berlin (2019), das 35. Kasseler Dokfest (2018), „The Image of War“ in der Bonniers Konsthall, Stockholm (2017), „All the World’s Futures“ auf der 56. Biennale von Venedig (2015), The School of Kyiv – 1. Kyjiwer Biennale (2015).

Russlands Angriff auf seinen Nachbarstaat wird von einer nationalistischen Ideologie angetrieben, die der Adolf Hitlers erstaunlich ähnlich ist. Selbst die brutalen Details des Krieges erinnern an die Verbrechen des Naziregimes. Dennoch rechtfertigt die russische Propaganda die Invasion als eine, die sich gegen „Faschisten“ richtet. Der Film Temerari (2021) von Ridnyi greift dieses äußerst kontroverse Thema auf. In Form eines Reiseberichts aus dem Zeitalter nach dem Internet lässt er die Ästhetik des italienischen Futurismus wieder aufleben. Er untersucht die verwegene Frauenfeindlichkeit dieser Bewegung sowie ihre Vorliebe für reinigende Gewalt und zeigt dabei auch, wie dies in einer Gegenwart wiederkehrt, in der sich ukrainische NationalistInnen von italienischen NeofaschistInnen inspirieren lassen. Im Gegensatz zu den von der Kreml-Propaganda verbreiteten Mythen neigen diese neuen Fans von z. B. Filippo Tommaso Marinetti dazu, auf der Seite Russlands zu kämpfen – zu deren eigenen regulären und irregulären Truppen viele Ultranationalisten und Neonazis gehören. Ridnyis Film bewegt sich geschickt durch die ideologische Komplexität dieses Themas und veranschaulicht, wie Kulturgeschichte die toxischen Ideologien der Vergangenheit normalisiert und reproduziert, und wie Kunstschaffende daran arbeiten könnten, sie vollständig zu dekonstruieren.

Philip Sotnychenko

(geboren 1989, Kyjiw, Ukraine) ist Filmemacher. Er ist Mitbegründer von CUC – Contemporary Ukrainian Cinema, einem Kollektiv junger unabhängiger Filmschaffender. Seine Kurzfilme „Son“, „Nail“ und „Technical Break“ wurden alle auf großen Filmfestivals ausgezeichnet – insgesamt haben es seine sieben Kurzfilme 350-mal in die Auswahl geschafft und mehr als 50 Preise gewonnen.

Zur Jahrtausendwende hätte niemand die aktuelle Katastrophe vorausgesagt, aber die ersten Anzeichen waren schon damals zu spüren. Philip Sotnychenkos Film Happy New Year (2018) besteht aus Found Footage: Eine Videokassette von einer Silvesterparty in Riga beschwört mit VHS-Farben und Bewegungsunschärfe jene Zeit herauf und zeigt, dass die Saat des imperialen Ressentiments nach den drastischen Veränderungen im Europa der 1990er bereits vorhanden war. Auf dem Filmmaterial sieht man eine unschuldige Feier von postsowjetischen, teils lettischsprachigen und teils russischsprachigen Paaren. Silvester wird zur Gelegenheit, wiederholt die alte sowjetische Nationalhymne zu hören – und Russisch als Sprache in der Gruppe durchzusetzen. Aus heutiger Perspektive wirken die beiläufigen rassistischen Beleidigungen und der alltägliche Sexismus der Partygäste kaum unschuldig. Ihre ausgelassene Feier überschneidet sich mit Putins Aufstieg zur Macht und dem ersten militärischen Konflikt seines Regimes, dem Zweiten Tschetschenienkrieg. Unterdessen bejubelte der Rest der Welt die Globalisierung, während man Putin bequem für einen Reformwilligen hielt. Doch das Feuerwerk in Sotnychenkos gefundenem Filmmaterial nimmt die heutigen Explosionen vorweg.

Proof of War. Videoarchiv eines anonymen Telegram-Kanals

In den ersten Stunden des Krieges überschwemmten von Bürgerinnen und Bürgern aufgenommene Videos und Fotos die Kanäle des Instant-Messaging-Dienstes Telegram – das bevorzugte Medium für unmittelbare Kriegsberichterstattung und dasjenige, das auch die Menschen in Russland und den von ihm besetzten Gebieten erreicht. Der anonyme Kanal Proof of War sammelte Clips aus der ganzen Ukraine. Sie zeigen nicht nur die weitreichenden Schäden und menschlichen Verluste, die der Angriff verursacht hat, sondern auch die schwere Niederlage der russischen Streitkräfte, als diese tiefer ins Land eingedrungen sind. Zudem veranschaulichen sie die Tapferkeit der einfachen Bevölkerung, die täglich auf die Straße geht, um gegen die Präsenz der Besatzer zu protestieren. Ende April versiegte die Flut der Bilder, zum Teil weil es verboten wurde, Attacken zu filmen und in Echtzeit Videos davon zu veröffentlichen, da diese von der russischen Seite dazu genutzt werden könnten, den Angriff zu lenken. Die letzten Bilder auf dem anonymen Kanal zeigen die Evakuierung von Zivilistinnen und Zivilisten aus Mariupol – einer Stadt, die fast vollständig zerstört wurde. Proof of War hat seine Veröffentlichungen am 10. Mai eingestellt. Sein Archiv zeigt ein Bild des Krieges, wie er auf Telegram verfolgt werden konnte, über die ersten Kriegsmonate mehrmals pro Minute aktualisiert.

Mykola Ridnyi, Temerari (2021), Filmstill, Mit freundlicher Genehmigung des Künstlers

Zoya Laktionova, Diorama (2018), Filmstill, Mit freundlicher Genehmigung der Künstlerin

Pavel Brăila, Vera Means Belief (2022), Filmstill, Mit freundlicher Genehmigung des Künstlers

Kateryna Lysovenko, What Does My Dead Nine-Month-Old Uncle Think About His Debt to the Empire (2022), Mit freundlicher Genehmigung der Künstlerin

Pavel Brăila

(geboren 1971, Chişinău, Republik Moldau) ist Künstler und Filmemacher. Seine Arbeit befasst sich mit den zerbrechlichen Ökonomien der postsowjetischen Realitäten in einer Mischung aus konzeptioneller Performance und Experimentalfilm. Brăila hat an zahlreichen Ausstellungen teilgenommen, unter anderem im Museum Boijmans Van Beuningen, Rotterdam, in der Tate Gallery, London, in der Renaissance Society, Chicago, im Kölnischen Kunstverein, im Moderna Museet, Stockholm, sowie auf der Documenta 11 und der Documenta 14 in Kassel und Athen und der Manifesta 10 in St. Petersburg.

Die Republik Moldau ist eine der nächstgelegenen Transitzonen für Menschen, die aus der Südukraine und der Region um Odesa fliehen. Seit den ersten Kriegstagen arbeitet Brăila als Freiwilliger in einem Flüchtlingslager im Dorf Palanca nahe der ukrainischen Grenze. Hier traf er auf die 72-jährige Rentnerin Vera Derewjanko aus der ostukrainischen Stadt Pryluky. Seit Monaten weigert sie sich, das Lager trotz zahlreicher Angebote einer besseren Unterbringung zu verlassen, und erklärt, dass sie so nah wie möglich an ihrem Zuhause sein möchte. Brăilas Arbeit Vera Means Belief (2022) konzentriert sich auf den unbeugsamen Charakter von Derewjanko, ihre Beziehungen zu den Menschen im Lager und ihre Gedichte, die sie in der ukrainisch-russischen Mischsprache Surschyk schreibt. Diese Gedichte sind voller erschreckender Bilder von Verlust und Zerstörung, aber auch voller Hoffnung und Lebensfreude – alles Dinge, die Derewjanko in Brăilas Film verkörpert. Dieses neue Werk wird durch ein älteres ergänzt, Fragile Podil, das 2018 in Kyjiw entstanden ist. Ein Band fliegt im Wind über dem historischen Viertel Podil, das zu Kriegsbeginn durch nächtlichen russischen Raketenbeschuss schwer beschädigt wurde und hier in seiner ganzen zerbrechlichen Schönheit erscheint.

Zoya Laktionova

(geboren 1984, Mariupol, Ukraine) ist Fotografin und Filmemacherin. Ihr erster Kurzdokumentarfilm „Diorama“ über das verminte Meer bei Mariupol gewann 2018 einen Preis in der Kategorie MyStreetFilms auf dem Festival „86“, Slawutytsch, und nahm an zahlreichen europäischen Filmfestivals teil, wie der DOK Leipzig, Ji.hlava IDDF oder dem FilmFestival Cottbus. 2020 drehte die Regisseurin ihren zweiten Film „Territory of Empty Windows“, in dem sie ihre persönliche Geschichte schildert. „In meinen Kurzfilmen verwende ich Mikrogeschichte, Auto-Ethnographie und kreatives Geschichtenerzählen, um die Komplexität größerer Ereignisse und historischer Zusammenhänge auszubreiten. Damit baue ich eine Sprache von Mensch zu Mensch auf, die keine politischen Begriffe verwendet und für alle verständlich ist“, so Zoya Laktionova.

Vor dem Krieg war Mariupol eine heruntergekommene Industriestadt am Ufer des Asowschen Meeres, die von zwei riesigen Fabriken dominiert wird. Nach der Annexion der Krim durch Russland 2014 und blühte Mariupoal sogar kurzzeitig auf. Die Kurzfilme von Zoya Laktionova bieten einen sehr persönlichen Einblick in diese postindustrielle postsowjetische Stadt. Ihr Debüt Diorama (2018) zeigt die traurig-schönen Ufer eines stark verminten Meeres, das früher voller Fische war, wie Audioaufnahmen der verstorbenen Mutter der Künstlerin berichten. Dies ist ein Ort, an dem nur Dioramen Bilder einer Artenvielfalt liefern können, die bereits durch Umweltverschmutzung vernichtet wurde. Die Fabriken und ihr Einfluss auf den Alltag und die Biografien der Menschen stehen im Mittelpunkt des zweiten Films der Künstlerin, Territory of Empty Windows (2020). Er wurde ungefähr ein Jahr vor der vollständigen Invasion fertiggestellt und erzählt die bruchstückhafte Geschichte von Laktionovas Familie, die alle im riesigen Hüttenwerk von Asow-Stahl arbeiteten, das im Zweiten Weltkrieg zerstört und wiederaufgebaut wurde. Jetzt liegt die Fabrik wieder in Schutt und Asche, nachdem sie als letztes Bollwerk der ukrainischen Truppen in der Stadt gedient hat.

Kateryna Lysovenko

(geboren 1989, Kyjiw, Ukraine) ist eine Künstlerin, die hauptsächlich mit Zeichnung und Malerei, aber auch mit Performance arbeitet. In jüngster Zeit hat sie im Gedenkmuseum „Territory of Terror“, Lwiw, ausgestellt sowie in der Galerie Voloshyn, Kyjiw, der Galerie Tiro al Blanco, Guadalajara im Rahmen der Ausstellung „Transcending Boundaries“, 2021, und der Galerie BWA, Zielona Góra, wo sie 2022 auch Artist-in-Residence war. „Ein Großteil meiner Arbeit befasst sich mit der Geschichte der Monumentalmalerei in der ehemaligen Sowjetunion – und ihrer performativen Seite. Meine Aktionen verweisen auf die ideologischen Verschiebungen nach dem Zusammenbruch der UdSSR und darauf, wie Propaganda zu etwas Persönlichem wird. Jetzt, mit dem Krieg, bekommt das alles eine neue Dimension. Zu wenige Menschen verstehen heute die vollen Ausmaße des Krieges, und das ist etwas, was meine Performance zur Eröffnung in der Neuen Galerie thematisieren wird“, so Kateryna Lysovenko.

In ihrer Intervention bei der Ausstellungseröffnung What Does My Dead Nine-Month-Old Uncle Think About His Debt to the Empire (2022) konfrontiert Kateryna Lysovenko das Publikum mit der erschreckenden Kontinuität der Unterdrückung, der ihre Familie wie viele andere aus der Ukraine seit Generationen ausgesetzt ist, nachdem ihre Mitglieder in Pogromen, Kriegen und Hungersnöten ihr Leben verloren. Das Medium für Lysovenkos persönliches Denkmal ist die sozialistische Monumentalmalerei, deren Bildsprache sie seit Kriegsausbruch nutzt, um Traumata ebenso wie Empörung zu reflektieren. In ihrer Intervention knüpft die Künstlerin eine neue Beziehung zu dieser Gattung: Sie nutzt die Leinwände als Stoff, um ihren Körper zu bedecken und zu enthüllen, und entrollt sie zu einem Transparent, wie es bei Demonstrationen genutzt wird. Dieses Werk ist sowohl ein visueller Slogan wie auch ein temporäres Mahnmal. Seine Ursprünge mögen persönlich sein, aber sobald sie entfaltet wird, richtet sich seine Botschaft an alle.

www.steirischerherbst.at            www.museum-joanneum.at/neue-galerie-graz

27. 6. 2022

Schauspielhaus Wien Stream: Am Ball. Wider erbliche Schwachsinnigkeit

Dezember 16, 2020 in Film

VON MICHAELA MOTTINGER

Lydia Haiders Blutrauschroman als Splattermovie

Film-Still: © Schauspielhaus Wien

Sie geht über den weiten Heldenplatz, stracks auf die Hofburg zu. Nebel steigt auf von der Erde und feuchtet bereits das Land. Die Kälte kriecht wie ein Ungeziefer umher überall, in die Schuhe, unter die Gewänder, so dass es ein Frösteln ist. „Sag: Wer hat es so kalt gemacht?“ Angesichts der vorweihnachtlichen Schande Europas ist Lydia Haiders und Co-Autorin Esther Straganz‘

Frage aus ihrem im Jänner 2019 veröffentlichten Buch „Am Ball“ hochaktuell. Fürs Schauspielhaus Wien haben nun Regisseurin Evy Schubert und Kameramann Patrick Wally aus dem Blutrauschroman ein Splattermovie gemacht, Zusatztitel: „Wider erbliche Schwachsinnigkeit“, die geplante Theaterpremiere folgt, sobald erlaubt. Schauspielerin Clara Liepsch ist es, die mitten auf dem Akademikerball eines nicht enden wollenden Sterbens ansichtig wird, und ein Schelm, eine Schelmin, wer da ans C-Wort denkt, denn tatsächlich ist der kommende für den 29. Jänner 2021 ausgerufen.

Im Nebelrabencape, ein gefiedertes, fast mythologisches Hugin-und-Munin-Wesen, Gedanke und Erinnerung, das jetzt, jetzt sofort fliegen wird, streift Liepsch umher. Zwischen halbierten, teilamputierten Schaufensterpuppen, die Nackten – und die Untoten, die derweil wie der Teufel an die Wand geworfen werden; Bühne und Kostüme sind von Maria Strauch. „Unruhige Ruhe liegt hier, als tut man unrecht, hier zu sein“, sagt Liepsch. Am Sicherheitscheck ein Stau. Gefahr droht – woher?

Bild: © Matthias Heschl

Bild: © Matthias Heschl

Bild: © Matthias Heschl

Köstlich, wie sie die einziehenden „Aktiven“ der Wiener Korporationen beschreibt, ein jeder in seiner Couleur, mit ihren Requisitensäbeln. Liepsch speit das „Äh“, als müsste sie sich übergeben: Jüngling-äh, Geschicht-äh, Ballrob-äh. Alles hier ist brech/reizend. Nach etwa zehn Minuten beginnt das Gemetzel. Die rechte Elite der Republik, darunter allerlei blaues Geblüt, blutet aus. Körper fallen auseinander, Köpfe lösen sich auf. Und die Kamera hält auf Clara Liepsch „Rocky Horror Picture Show“-Mund, der verspritzte Lebenssaft ringsum so rot wie ihr Lippenstift, die Westen längst nicht so weiß wie ihre Zähne.

Was ist passiert? Man weiß es nicht. „Warum sagt niemand etwas?“ „Wer kann sagen, was das hier soll?“ Wer entvölkert das Land vom Völkischen? „Wie das auseinanderstirbt!“ Und wie Liepsch von Festwichs und Cerevise reportet, Drängen und Treiben im Saal, bevor sie in der Seitengalerie eine Fleischhauerei eröffnet und darin die österreichische Identität in Form von Schnitzeln malträtiert. Die Beobachtungen der sich verschwörerisch ans Publikum richtenden Figur sind in ihrer archaischen Mauerschau/derhaftigkeit prädestiniert für die Leinwand.

Die Teichoskopiererin bewegt sich durch insgesamt sieben Räume – wie durch Gottes Schöpfungszahl, darunter das Kunsthistorische Museum Wien und die Papillon Sauna in der Müllnergasse, und schaut der Herrenrasse bei der Selbstauflösung zu. Wie utopistisch das gedacht ist, wie sich das männerbündlerische Feiern im kassandrischen Feminismus seinem Ende entgegensprengt. Und die Fächerpolonaise-Frisuren samt Krönchen ums Verrecken gleich mit in den Untergang reißt.

Film-Still: © Schauspielhaus Wien

Alldieweil sich die Darstellerin, mittlerweile aufgemacht als Lackstiefel-Domina, in der Verkörperung des allen gleichsam entleibt. Aus Clara Liepsch „Erstkommunionslächeln“ wird eine Fratze, und wie lange hat man schon das Wort „Lurch“ nicht mehr gehört. Dazu Original-Bilder vom Rumtataa-Einzug, Politiker unter Applaus, die Ewiggestrigen sterben nur im Film aus, Lydia Haiders soghafte Prosa entwickelt sich dank Liepschs übertrieben deutlicher Artikulation zum Mahlstrom der Geschicht-äh.

Ein Pappmaché-Penis, ein Stück durch die Porzellangasse geschleiftes rohes Beiried, Sinnbilder „toxischer Männlichkeit“, komplettieren das Ganze. Als sei’s zur Ausstattung eines „festlich behangenen“ Chargierten. Festwichs mit Phallus, sozusagen. Im Rauchkeller-Purgatorio. Zu Micha Kaplans Kakophonie. Mit Schmiss und Milieu-bewusst. Und erstaunlich ist, wie Evy Schubert nach Lydia Haiders Vorlage etwas Derartiges erschaffen konnte, wo doch das Originalritual radikaler, beunruhigender ist als jede Überzeichnung, Satire oder Parodie.

Doch gelingt es hier, und die Liepsch lacht dazu affektiert, changiert exaltiert zwischen böser Wirklichkeitsironisierung und bitterer Wahrheit, tatsächlich gelingt es hier, die Wirkmacht der Sprache, ihre Gewalt/tätigkeit aufzuzeigen, die nationalistischen und rechtskonservativen Tendenzen, die sich „Am Ball“ gleich einem Staatsakt präsentieren. Wollt ihr die totale Dekadenz? Bitte nur, wenn sie sich sofort selbst abschafft! Und weil Witz niemals zu Kurz kommen kann, hat die Produktion auch schon eine Pop-up-Politics-Seite. In diesem Sinne: Ballaballa Solutions!

Bis 30. Dezember. Der Film wird online jeweils von 20 bis 24 Uhr auf vimeo übertragen. Den Zugangs-Code erhält man nach dem Ticketkauf im Bestätigungsemail von Culturall.

www.schauspielhaus.at           ballaballa.solutions/weltheimat

  1. 12. 2020

Die 2020-Online-Edition von „this human world“- International Human Rights Film Festival

November 30, 2020 in Film

VON MICHAELA MOTTINGER

Queen’s Gambit-Doku, Phil Collins & Sundance-Sieger

Sunless Shadow. © this human world

#Corona-bedingt findet die 13. Ausgabe von „this human world“- International Human Rights Film Festival ab Donnerstag, 3. Dezember, online statt. Bis 13. Dezember wird ein Großteil des ursprünglich fixierten Programmes anstatt in vier Wiener Kinos und diversen Side Locations über den Festivalhub auf www.thishumanworld.com ins Wohnzimmer gestreamt werden können.

Vier bis fünf der 50 ausgewählten Filme werden täglich ab 18 Uhr und für 48 Stunden als Video on Demand abrufbar sein. Und auch in Zeiten der physischen Distanz wird das Publikum nach dem Abspann nicht alleine gelassen: zumindest virtuell werden Q&A’s, Director Statements und Live-Diskussionen angeboten, um trotzdem ein Ort für Austausch, Engagement und solidarische Vernetzung zu sein. Schwerpunkte der Online-Festival-Edition sind „The Queens‘s Gambit“, unter dem Titel „female* working realitis“ weibliche Arbeitsrealitäten, ein ungeschönter Einblick in die US-Gefängnisindustrie und eine iranische Jugendstrafanstalt als sicherer Ort für junge Mädchen in „Sunless Shadows“, Pressefreiheit und die Suche nach neuen Formen von Intimität.

„be_longing“ folgt Kindern und jungen Erwachsenen auf ihrem Weg durch eine brüchige Welt und „habitat“ beleuchtet die globale Schieflage rund um die Grundlagen von Lebensräumen. Auch in diesem besonderen Jahr werden in fünf Kategorien Preise an herausragende Filme und außerordentliche Beiträge für die Stärkung von Menschenrechten vergeben – die Preisverleihung findet am 13. Dezember ebenfalls online statt.

Die Programmhighlights:

„Glory To The Queen“ liefert Schachgenie Beth Harmon aus dem derzeitigen Serien‐Liebling „The Queen’s Gambit“ sozusagen in real und hoch vier: die beiden Filmemacherinnen Tatia Skhirtladze und Anna Khazaradze bringen nach 20 Jahren vier legendäre georgische Schachspielerinnen wieder zusammen, die damals zu weiblichen Ikonen der Sowjetzeit wurden und Schachspiel‐Wettbewerbe revolutionierten – eine Kampfansage, nicht nur am Schachbrett, sondern vor allem für die Frauenemanzipation.

In der Reihe „collective actionist“ ist unter anderem „Bring Down The Walls“ von Phil Collins zu sehen, der einen kritischen, ungeschönten Blick auf die amerikanische Gefängnisindustrie und ihre mittlerweile mehr als zwei Millionen Insassen wirft. „A New Beginning“ von Ala’A Mohsen porträtiert berührend und respektvoll den alleinerziehenden Vater Rabeaa und seinen vierjährigen Sohn Kais, die nach ihrer Flucht aus Syrien auf der Suche nach einem neuen Zuhause in Norwegen angekommen sind.

Gemeinsam mit dem International Press Instititute wird der Film „We Hold The Line“ von Marc Wiese präsentiert, der die Journalistin Maria Ressa im Kampf für Pressefreiheit und Gerechtigkeit und gegen das korrupte und gewalttätige System des philippinischen Präsidenten Duterte begleitet. Was passiert, wenn man aus einem ländlichen, von landwirtschaftlicher Arbeit geprägtem Umfeld in eine Millionenstadt zwangsübersiedelt  wird, legt der Langzeitdokumentarfilm „A New Era“ von Boris Svartzman eindrucksvoll dar, der in der vom neuen Festivalpartner Klima‐ und Energiefonds präsentierten Reihe „habitat“zu sehen sein wird.

In „No Gold For Kalsaka“ von Michael K. Zongo wird eindringlich verdeutlicht, welche Schäden der Bergbau für die vor Ort lebenden Menschen anrichtet und wie schnell die versprochene goldene Zukunft ihr wahrhaft hässliches Gesicht zeigt. Übrig bleibt kein Reichtum, sondern ein verseuchtes Land und weniger Lebensgrundlage als zuvor, doch eine ausgebeutete Gemeinschaft in Burkina Faso nimmt den Kampf für Gerechtigkeit auf.

In My Blood It Runs. © this human world

Sommerkrieg. © this human world

No Gold For Kalsaka. © this human world

Glory To The Queen. © this human world

Die völlig unterschiedlichen Lebensrealitäten von Kindern auf verschiedenen Kontinenten beleuchten zwei herausragende Dokumentarfilme: Moritz Schulz begleitet in „Sommerkrieg“ die 12-jährigen Kinder Jasmin und Jastrib ins Azovez-Ferienlager, ein paramilitärisches Ausbildungscamp, geführt vom rechtsextremen Bataillon Asow, das die Kinder mit unfassbarem Drill, Manipulation und Kadavergehorsam zu ukrainischen Patrioten erziehen soll. Das große Ziel: lernen, wie man eine Kalaschnikow bedient. Die Kinder müssen trotz anfänglicher Begeisterung feststellen: wer nicht gehorcht, wird bestraft. Am Ende dieses erschütternden Dokumentarfilms stehen verängstigte, desillusionierte junge Menschen, denen die einfachen Freuden eines unbeschwerten Sommers verwehrt bleiben.

Eine dem völlig entgegengesetzte Familienkonstellation hingegen kann bei „In My Blood It Runs“ von Maya Newell beobachtet werden: der aufgeweckte 10-jährige Dujuan wächst im australischen Alice Springs bei seiner liebevollen Familie auf, spricht drei Sprachen, weiß alles über die traditionelle Medizin und Geschichte seiner Vorfahren und kämpft gleichzeitig mit dem staatlichen Schulsystem, in welchem nur die geschichtliche Perspektive der weißen Bevölkerung vermittelt wird, aber sein anderer, vermeintlich von der Norm abweichender Zugang zur Welt keine Wertigkeit erfährt. Ein kraftvoll-poetisches und essentielles Portrait über die australische Jugend mit indigenen Wurzeln.

„Sunless Shadows“ von Mehrdad Oskouei nimmt einen mit in eine iranische Jugendstrafanstalt für Mädchen. Allesamt befanden sie sich in ausweglosen Situationen inmitten ihrer Familien – Situationen, die mit einem Mord am Vater, Ehemann oder einem anderen männlichen Familienmitglied endeten. Teilweise sind auch die Mütter der Mädchen inhaftiert, in einem anderen Gefängnis sitzen sie im Todestrakt – durch die Kamera erhalten sie die Möglichkeit, sich gegenseitig Nachrichten zukommen zu lassen. Oft sind die Mädchen sprachlos, denn obwohl es so viel zu sagen gäbe, überwiegt die von Geburt an antrainierte Scham. Doch langsam öffnen sie sich, beginnen, zu erzählen, denn das Gefängnis mit seiner geschlossenen und rein weiblichen Umgebung ist auch ein sicherer Zufluchtsort vor einer aggressiven und von Männern dominierten Gesellschaft.

The Earth Is Blue As An Orange. © this human world

Die Eröffnung:

Findet am 3. Dezember um 20 Uhr online mit der Österreich-Premiere von „The Earth Is Blue As An Orange“ samt virtueller Begrüßung durch die Festivalleitung Michael Schmied und Lisa Heuschober statt, im Anschluss an den Film gibt es noch ein Q&A mit der Regisseurin. Die ukrainische Filmemacherin Iryna Tsilyk hat für den Sundance‐Gewinner ein Jahr lang eine Familie begleitet, die inmitten der surrealen Umgebung der Kriegszone Donbass lebt.

Zwischen patrouillierenden Soldaten, explodierenden Granaten und Schüssen. In diesem Wahnsinn einen normalen Alltag zu finden, wenn gleichzeitig der Krieg tobt, das versuchen Hanna und ihre vier Kinder. Um gemeinsam der Gegenwart zu entfliehen, aber auch, um sie verstehen zu können, beginnen sie einen Film zu drehen- bauen das Wohnzimmer zum Studio um und diskutieren die zudrehenden Szenen am Küchentisch. In all der Hoffnungslosigkeit, der diese Familie ausgesetzt ist, wird das Filmemachen zum einzigen Halt. „The Earth Is Blue As An Orange“ ist eine gefühlvolle und genau Momentaufnahme rund um den berührenden Versuch, sich in einem der gefährlichsten Gebiete der Ukraine ein bisschen Glück zu bewahren und an Träumen festzuhalten.

Einzelticket: 3.90 €, Festivalpass – gültig für alle Filme: 25 €.

www.thishumanworld.com

  1. 11. 2020

Maria Arlamovsky: Robolove

Oktober 5, 2020 in Film

VON MICHAELA MOTTINGER

Maschinenmädchen müssen anmutig sein

Künstler June Korea hat all seine verstorbenen Liebsten als Puppen nachgebaut, sein Roboterwerk nennt er „künstliche Ewigkeit“. Bild: © NGF Nikolaus Geyrhalter Film

„Ich betrachte mich als menschlich – in einem speziellen Sinne“, sagt Bina 48, und spooky ist das schon, wie sie sich als freundliche Person beschreibt und von der Geburt ihres Sohnes spricht. Bina 48 nämlich ist ein Roboterkopf mit Chatbot-Funktion, den Bruce Duncan von der Terasem Movement Foundation nach dem Vorbild von dessen Co-Gründerin Bina Rothblatt geschaffen hat.

Ein Android, in den die nach der „Earthseed“-Religion im Werk der afroamerikanischen Sci-Fi-Autorin Octavia E. Butler benannte US-Organisation den Geist des Originals hochgeladen hat. Transferred Consciousness nennt Binas Ehefrau Martine Rothblatt diesen Vorgang, als Backup, Bibliothek, als kollektives Erbe bezeichnet’s Duncan. „Wer ist die echte Bina?“, fragt er das Gummigesicht, und das reagiert mit den Worten: „Ich bemühe mich sehr, so zu sein wie sie. Ich habe das Gefühl, das ist unfair, denn das ist ein enormer Druck, der auf mir lastet … [und als Duncan nachhakt] … sorry, äh, ich finde keine gute Antwort. Worauf der Mann der A.I.-Frau den Stecker zieht.

„Genaugenommen waren wir während des Drehs immer wieder enttäuscht, wie wenig diese humanoiden Roboter tatsächlich leisten: keine Rede von fehlerlosen Körpern, nicht einmal annähernd können sie unseren Bewegungsapparat kopieren, es mit unseren Sinnen aufnehmen, von den kognitiven Schwächen gar nicht zu reden“, sagt Maria Arlamovsky über ihren jüngsten Dokumentarfilm „Robolove“, der nach der #Corona-bedingten Verschiebung nun am 9. Oktober österreichweit in die Kinos kommt. Und nein, der Betrachter kann diesen Eindruck der Regisseurin gar nicht teilen. Dazu sind diese Wesen mit ihren zwinkernden Augen und ihrem feinen Lächeln viel zu nah am Fleisch und Blut.

Für ihre Arbeit erkundete Arlamovsky das Uncanny Valley von den USA bis Asien. Gemeinsam mit ihr trifft man kauzige Genies, verrückte Künstler und Profiteure im Roboter-Business, die mit der Einsamkeit, der Angst vor dem Alt- und Alleinsein ein gutes Geschäft machen. Arlamovsky bewertet nie, sie lässt die Begegnungen für sich sprechen. Denn wie meistens gibt es auch bei diesem Thema zwei Seiten der Medaille. Was dem einen die Perfect, ist dem anderen eine Brave New World, bevölkert von der Spezies der Transhumanisten, die hier eindeutig das Zepter in der Hand haben.

„Jeder wird Backups von sich machen“, sagt etwa Natasha Vita-More von Humanity+. „Wir werden einfach einen anderen Körper haben, wenn dieser stirbt. Wir werden mehrere Körper haben, wie wir mehrere Outfits haben. Man überträgt die Information und lädt sich selbst in einen Avatar hoch. Dann kann endlich jeder leben so lange er will – ewig!“ Als Missing Link zwischen Mensch und Maschine sieht hingegen Takeshi Mita vom A-Lab Tokio seine Androiden. „Die Herausforderung ist nicht, einen zu bauen, der menschenähnlich aussieht und sich wie ein Mensch bewegt, sondern ihm so etwas wie ein Herz und eine Seele zu geben“, meint er.

Bild: © NGF Nikolaus Geyrhalter Film

Bild: © NGF Nikolaus Geyrhalter Film

Bild: © NGF Nikolaus Geyrhalter Film

Und instruiert seine Mitarbeiter: „Dieses Modell wird eine Frau, also ist das Lächeln wichtig.“ Wie ihre Augen ausgewählt werden, jedes Wimperhärchen einzeln eingesetzt wird, das erinnert durchaus an die Augensymbolik in Ridley Scotts „Blade Runner“. Fast ausschließlich Männer designen und programmieren weibliche Roboter, fast ausschließlich Männer sind die Kunden, das Aussehen hat also „gefällig“ zu sein, heißt: jung – selbstverständlich, europäisch mit einem Hauch asiatisch, Figur kindfraulich-graziös, Stimme lieblich, Haare feminin-verspielt, unterwürfig und – nennen wir’s – serviceorientiert. Patriarchale Strukturen reloaded.

„Weil Männer die meiste Kaufkraft haben, spiegelt das sichtbare Resultat männliche Machtfantasien wider“, so Forscherin Kyoungmi Oh von der Seoul National University of Science and Technology. „Früher gab es diese Idee unter Feministinnen, den Cyberspace als utopischen Raum zu denken, in dem Gender, Sexualität und Geschlechterrollen gelöscht werden könnten. Das war allzu idealisierend. In der Realität ist der Cyberspace ein Kampfplatz der Geschlechter geworden, in dem der Frauenhass sogar ansteigt.“

„Robolove“ wechselt ständig zwischen seinen Protagonistinnen und Protagonisten und deren Visionen zur Zukunft. Hiroshi Ishiguro von der Universität Osaka hat seine halbe Familie nachgebaut, seine Tochter im Alter von vier, seinen maschinellen Doppelgänger mit Namen Geminoid. Der Japaner mit der Beatles-Pilzkopf und der Lederjacke gehört zu den bedeutendsten Robotikern der Welt. Dialog Mensch – Maschine: „Irgendwann wird es wahrscheinlich keine Rolle mehr spielen, wer von uns beiden mehr Aufmerksamkeit bekommt, weil wir uns immer ähnlicher werden.“ – „Vielleicht geht es bald gar nicht mehr darum, denn ich vermute, dass ich im Gegensatz zu Ihnen nicht altern werde.“

Auch Künstler June Korea umgibt sich mit Replikas jener Liebsten, deren Sterblichkeit er nicht überwinden kann. „Künstliche Ewigkeit“ ist der Titel seines Œuvres. Nadia Magnenat Thalmann von der Nanyang Technological University Singapur, sucht eine persönliche Assistentin, die ihr nicht nur ähnlich sieht, sondern auf Kommando auch alle Aufgaben nach ihren Vorstellungen umsetzt. Ulises Cortés vom Barcelona Supercomputing Center übersetzt rabotnik als Sklave.

Der teleoperative Otonaroid im japanischen Miraiken Science Museum. Bild: © NGF Nikolaus Geyrhalter Film

Hiroshi Ishiguro mit „Familie“, hi.: sein maschineller Doppelgänger Geminoid. Bild: © NGF Nikolaus Geyrhalter Film

Maria Arlamovsky nimmt sich Zeit, um die teils absurden Interaktionen zwischen Mensch und Roboter zu beobachten. Im Tokioter Miraiken Science Museum fragen Kinder den teleoperativen Otonaroid, er natürlich in Gestalt einer Sie, ob sie Kinder kriegen könne. Nein, leider. Weinst du manchmal? Was isst du? „Strom“, sagt die Figur zum Gaudium der beiden Buben – und schon witzig ist, dass die Antworten ein im Kämmerlein vorm Stimm- verzerrer sitzender Drei-Tage-Bart-Träger gibt. Drei betagte Herren beugen sich auf einer Technikmesse über Nadia Magnenat Thalmanns Lookalike, die Sozialroboterin Nadine.

„Es heißt doch, solche Figuren haben keine Gefühle“, meint der eine. „Bei einer Frau weiß man nie“, feixt der zweite. Der dritte berührt Nadine vorsichtig: „Fühlt sich kalt an.“ Freilich kommt „Robolove“ an Siri, Alexa und Tracking-Apps nicht vorbei. Wenn’s um „I, Robot“ geht, geht’s auch um Überwachung, Systemfehler, Genisys ist Skynet. Die Zweifel der drei Herren an der Zuverlässigkeit von Pflegerobotern wischt der Aussteller vom Tisch: „Ob sie gefährlich sind, liegt am Menschen“, erwidert er kryptisch und verweist auf „weniger erschreckende“ Modelle wie die zoomorphen Robots, Streichelrobben oder den Humanoid Pepper.

Ayanna Howard von der Georgia Tech University schwört darauf, dass sie ihre Roboter derart programmiere, dass sie die richtige Gestimmtheit zur rechten Zeit zeigen – außerdem: die Gesellschaft „programmiere“ sich schließlich auch andauernd, Eltern ihre Kinder, Politiker ihr Wahlvolk, vor allem, was die diversen Phobien betrifft. Man stelle sich also vor, wer die von Arlamovsky angedeuteten Techniken für seine alternativen Wirklichkeiten als erster nutzen würde wollen und mit welchem Resultat. Das Uncanny Valley sind ethisch bedenkliche Gefilde, und „Robolove“ dazu der eindrückliche, elegante Film, der bei seinem Blick in die Entwicklungslabore sozialer Androiden vielschichtige Perspektiven einer Zukunft mit menschähnlichen Maschinen bietet.

„Es ist nicht nötig, Ängste zu schüren oder eine nahende Vormachtstellung der neuen ‚Anderen’ zu proklamieren“, so Maria Arlamovsky. „Ich denke, es geht eher darum, in Ruhe zu überlegen, was da auf unser Privatleben zurollen könnte, ob wir als Gesellschaft dafür gewappnet sein werden und wie die Ankunft der ,Anderen‘ in unserer Mitte gestaltet werden muss. Technik fällt nicht vom Himmel. Wir Menschen sind es, die Technik bauen, Programme programmieren, unsere Vorurteile unbeabsichtigt in Algorithmen speichern. Dieser Selbstreflexion über unseren Umgang mit neuen Technologien sollten wir uns stellen.“

Mit Harmony präsentiert Arlamovsky schließlich einen veritablen Sexroboter. Ein Idealbild mit sinnlichen Lippen und legally blonde, das von seinem Schöpfer, Realbotix-Chef Matt McMullen, gerade schlechte Witzchen lernt. „Ich wurde geschaffen, um dir zu gefallen“, säuselt sie. In der chinesischen Fabrik Exdoll bedeutet das mit dehnbarem Mund und weichen Zähnen, „damit sich keiner verletzt“. Emotionale Begleiterinnen sagt Firmenchefin Chen Jing zu ihren Puppen, McMullen erzählt von seiner Ehefrau, einer Feministin in Reinkultur, Vorurteilen gegen seine Erzeugnisse und Männern, die jemanden zum Reden suchen. Bei seinen Produkten könne Mann ganz man selbst sein, ohne beurteilt zu werden.

Arlamovsky lässt diesen Gedanken so stehen. Dass aber im Hintergrund eine ganze Schar an unfertigen Roboterfrauen an Ketten von der Decke hängt, ist denn doch ein subtiler Kommentar. Weniger vornehm ist dagegen der von Paula Ezkerra, Gewerkschafterin der Sex-Arbeiterinnen und -arbeiter von Katalonien. Sie empfiehlt die gute alte Selbstbefriedigung anstelle von „Plastik-Sex“, lacht und kommt dann erst auf den grausigen Kern des Ganzen. Wenn einer sich angewöhnt, einen Puppenkörper nach Belieben zu benutzen, wie überträgt der sein Tun auf eine echte Frau?

www.robolove.at              Trailer: www.youtube.com/watch?v=_YYE6YJF3sA           www.geyrhalterfilm.com/robolove

5. 10. 2020