Reichenau: Maria Happel präsentiert ihr erstes Programm
März 1, 2022 in Bühne
VON MICHAELA MOTTINGER
Große Namen, neue Formate und endlich Bustransfer

Maria Happel, Künstlerinnen, Künstler und das neue Festspiele-Team freuen sich auf den Sommer 2022 im Theater Reichenau. Bild: © Lalo Jodlbaue
In Reichenau bricht unter der künstlerischen Leitung von Maria Happel eine neue Zeit an. Durch ihre Auswahl der Stücke – Theaterklassiker aus dem späten 19. und aus dem 20. Jahrhundert – und durch das Engagement renommierter Regisseure, Schauspielerinnen und Schauspieler wird der vom Publikum geschätzte besondere Charakter der Festspiele Reichenau weiter gepflegt. Gleichzeitig verspricht die Zusammenarbeit mit jungen Künstlerinnen und Künstlern sowie
unterschiedlichen Leading Teams ein neues Kapitel dieser Festspiele der Sommerfrische. „Wenn man für den Kurs eines Schiffes verantwortlich ist, das seit Jahrzehnten erfolgreich auf Fahrt ist, dann kann man nicht plötzlich eine Wendung machen und umdrehen! Da würde das Schiff kentern. Man muss langsam den Kurs verändern. Die Festspiele Reichenau haben eine Tradition. Dessen bin ich mir bewusst! Und ich kenne diese Tradition sehr gut!“, so Maria Happel bei der Programmpressekonferenz.
Happel ist der Theaterwelt von Reichenau seit Jahrzehnten verbunden: Als Schauspielerin und Regisseurin. „Ich habe hier nicht nur seit Jahrzehnten über 200-mal gespielt und inszeniert, wir haben viele Sommer mit der Familie hier verbracht. Die Kinder von uns Schauspielern sind seither miteinander befreundet. Wir hatten das Gefühl, in den Ferien zu sein und abends haben wir gearbeitet. Es war alles anders als im Theaterleben in der Stadt …“
Vier Produktionen
Der künstlerische Fokus liegt in hochkarätigen Theaterproduktionen, die ausschließlich bei den Festspielen Reichenau für einen Sommer zu erleben sind. Bei der Auswahl der Regisseure schließt Happel auch an ihre eigene Theater-Vergangenheit an und holt erstmals Torsten Fischer, Christian Berkel und Peter Dehler nach Reichenau. Über Torsten Fischer, der heuer Anton Tschechows „Die Möwe“ inszenieren wird, sagt sie: „Er war mein erster Regisseur, als ich mit dreiundzwanzig angefangen habe, mit der Rolle der ,Piaf‘ Theater zu spielen. Als meine Tochter Paula die Lucy unter Torsten Fischer in der ,Dreigroschenoper‘ an der Josefstadt gespielt hat, haben wir uns wiedergefunden – obwohl wir uns nie ganz aus den Augen verloren haben! Ich habe ihn für Reichenau gefragt, und er hat sofort zugesagt!“
Der international bekannte Schauspieler Christian Berkel konnte für die Regie von Frank Wedekinds „Frühlings Erwachen“ gewonnen werden, das mit Nachwuchstalenten des Max Reinhardt-Seminars (mdw), dessen Institutsleiterin Maria Happel ist, zusammen mit etablierten Schauspielgrößen erarbeitet wird. Carl Zuckmayers „Des Teufels General“ in der Regie und Bearbeitung Hermann Beils hätte bereits 2020 Premiere haben sollen. Doch die Festspiele sind der Pandemie zum Opfer gefallen. Maria Happel übernimmt die Produktion bewusst „als Zeichen einer Wertschätzung“ der früheren Festspiel-Ära. Peter Dehler inszeniert eine Damenversion von Neil Simons Erfolgskomödie „Ein ungleiches Paar“. Die Dialoge werden mit Angelika Hager in neuer Frische erarbeitet.
Neue Formate
In einer neuen Reichenauer Version des bereits einmalig im Theater im Park gezeigten „Über unsere Verhältnisse“, feiern Maria Happel und Kollege Michael Maertens ihre gemeinsame, 30-jährige Bühnenvergangenheit – und lesen „beziehungsreiche“ Text von Erich Kästner und Loriot bis Arthur Schnitzler. Tommy Hojsa umrahmt die Veranstaltung musikalisch am Akkordeon. Mit „Peter und der Wolf“, dem wohl berühmtesten aller musikalischen Märchen aus der Feder Sergei Prokofjews, wird erstmals ein Familienstück bei den Festspielen gezeigt. Maria Happel wird die Geschichte selbst erzählen, begleitet von Studierenden der mdw – Universität für Musik und Darstellende Kunst Wien in einer Fassung für kleines Ensemble. Bei Schönwetter wird im Innenhof von Schloss Reichenau gespielt.

Mit Christian Berkel und Hermann Beil. Bild: © Lalo Jodlbauer

Mit Sandra Cervik. Bild: © Lalo Jodlbauer

Stefanie Dvorak. Bild: © Lalo Jodlbauer

Mit Peter Dehler, Christian Berkel und Stefanie Dvorak. Bild: © Lalo Jodlbauer
Zur neuen Gesprächsreihe „Alte Meister“ ließ sich die künstlerische Leiterin unter anderem durch François Truffauts „Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht?“ (Originaltitel: „Le cinéma selon Hitchcock“) inspirieren. Peter Stein, Klaus Pohl, Martin Schwab, Claus Peymann, Hermann Beil und Rudolf Buchbinder werden zu Gast sein. Bei den „Nach(t)gesprächen“ sprechen Schauspielerinnen und Schauspieler im Anschluss an je eine Vorstellung pro Produktion über das jeweilige Stück und bieten dem Publikum interessante Einblicke.
Maria Happel möchte weiterhin eine Art Ensemblegedanken pflegen und neben neuen Gesichtern immer wieder bekannte Publikumslieblinge nach Reichenau holen. So werden diesen Sommer etwa Petra Morzé und Fanny Stavjanik als „ungleiches Paar“, Sandra Cervik, Martin Schwab und Claudius von Stolzmann in der „Möwe“ oder Stefanie Dvorak in „Frühlings Erwachen“ zu sehen sein, während der aus Film und Fernsehen bekannte Schauspieler Stefan Jürgens in der Titelrolle von „Des Teufels General“ in Reichenau debütiert.
Außerdem spielen: Paula Nocker, Nils Arztmann, Dunja Sowinetz, Markus Kofler, Günter Franzmeier, Johanna Mahaffy, AntoN Widauer, Dirk Nocker, Tobias Voigt, André Pohl, David Oberkogler, Johanna Arrouas, Nicolaus Hagg, Elisa Seydel, Emese Fay, Johanna Prosl, Rainer Friedrichsen, David Jakob, Mercedes Echerer, Cornelia Köndgen, Karin Kofler, C.C. Weinberger, Florian Carove, Paul Matic, Babett Arens und Michael Masula.
Jugendkarten, Online-Verkauf, Bustransfer
Neben dem Reichenauer Stammpublikum soll auch vermehrt ein junges Publikum angesprochen werden. Abgesehen vom Familienstück „Peter und der Wolf“ mit eigenen Kinderpreisen, bieten die Festspiele für alle anderen Stücke eine Jugendermäßigung an: Karten zum halben Preis für unter 26-Jährige. Auch für den neu gegründeten Verein der Freunde der Festspiele Reichenau, der seinen Mitgliedern ein Vorkaufsrecht sowie ausgewählte Rahmenprogramme bietet, gibt es eine eigene Jugendmitgliedschaft für unter 30-Jährige mit einem Jahresbeitrag von 20 Euro. Neben dem Vorkaufsrecht sollen Jugendmitglieder auch durch Veranstaltungen wie After Show Drinks mit Künstlerinnen und -künstlern in das Geschehen hinter der Bühne eingebunden werden.
Neu ist auch der Online-Verkauf, der ab dem allgemeinen Verkaufsstart am 28. März 2022 um 9 Uhr einem möglichst großen Publikum den Zugang zu Karten ermöglichen soll. Ein Bustransfer zu allen Theaterproduktionen zwischen dem Hauptgebäude der Universität Wien, Rathausplatz 5, und dem Theater Reichenau wird Gästen ohne Auto den Besuch der Vorstellungen erleichtern. Preis: 19 Euro pro Person. Zur feierlichen Eröffnung der Festspiele Reichenau 2022 findet am 2. Juli ab 14 Uhr ein Künstlerfest statt, im Kurpark bei Schönwetter, im Theater Reichenau bei Schlechtwetter.
1. 3. 2022