Albertina modern: The Face. Avedon bis Newton

Juli 31, 2022 in Ausstellung

VON MICHAELA MOTTINGER

Starfotografen fotografieren Stars

Franz Hubmann: Marc Chagall (1887-1985), 1957, Abzug 1999 | Albertina, Wien – Schenkung Sammlung Helmut Klewan © Franz Hubmann / brandstaetter images / picturedesk.com

Die Ausstellung „The Face“ in der Albertina modern zeigt ausgewählte Werke zeitgenössischer Porträtfotografie aus der Sammlung der Albertina. Die Fotografien von internationalen und nationalen Künstlerinnen und Künstlern zeigen, wie facettenreich das Thema Porträt sein kann: Der Bogen reicht von eindringlichen Bildnisstudien berühmter Persönlichkeiten über Porträtaufnahmen von Kunstschaffenden in ihren Ateliers bis hin zu Arbeiten, die sich mittels serieller Aufnahmen eingehend mit den Porträtierten und ihrem Lebensumfeld auseinandersetzen.

Über die gezeigten Fotografien werden Themen wie kulturelle Identität, persönliche Beziehungen, diverse Lebenswelten aber auch Fragen der Herkunft und des eigenen Ichs verhandelt. Mit Werken unter anderem von Nancy Lee Katz, Richard Avedon, Gottfried Helnwein, Chuck Close und Franz Hubmann.

Zu sehen bis 6. November.

www.albertina.at

27. 7. 2022

Gottfried Helnwein: Michael Jackson, Köln, 1988 | Albertina, Wien © Gottfried Helnwein / Bildrecht, Wien 2022

Gottfried Helnwein: Elton John, München, 1992 | Albertina, Wien © Gottfried Helnwein / Bildrecht, Wien 2022

Gottfried Helnwein: Mick Jagger, London, 1982 | Albertina, Wien © Gottfried Helnwein / Bildrecht, Wien 2022

 

Belvedere: Face to Face. Marc Quinn meets Franz Xaver Messerschmidt

Februar 28, 2022 in Ausstellung

VON MICHAELA MOTTINGER

Von der Faszination grotesk verzerrter Charakterköpfe

Marc Quinn, Emotional Detox II, 1995 (copyright Marc Quinn Studio) and Franz Xaver Messerschmidt, Character Head No.33, 1777/1783 (copyright Belvedere, Wien). Image courtesy of Marc Quinn studio

Ein Dialog zwischen zeitgenössischer Kunst und bedeutenden Werken aus der Sammlung des Museums: Das Belvedere stellt die WerkserieEmotional Detox“ des britischen Künstlers Marc Quinn den berühmten „Charakterköpfen“ des barocken Bildhauers Franz Xaver Messerschmidt gegenüber. Messerschmidts Arbeit inspiriert Quinn seit Langem – der direkte Einfluss der „Charakterköpfe“ auf die Entstehung vonEmotional Detox“ ist nun im Oberen Belvedere zu sehen, wo die beiden Werkgruppen erstmals miteinander gezeigt werden.

Marc Quinns acht lebensgroße skulpturale Selbstporträts entstanden in einer herausfordernden Phase im Leben des Künstlers, als er Anfang der 1990er-Jahre die körperlichen und seelischen Qualen eines Alkoholentzugs überwinden musste. In dieser Zeit betrachtete er regelmäßig die Messerschmidt-Skulptur „Der starke Geruch“ im Victoria and Albert Museum in London. Die ausdrucksstarke Darstellung aus dem 18. Jahrhundert inspirierte Quinn, seine eigene Erfahrung in der Serie „Emotional Detox“ auszudrücken. Die Verwendung der Materialien Blei und Wachs, die Spuren des Herstellungsprozesses und die expressive Darstellung kehren das innere Empfinden nach außen. Der Dämon, der dem Gemarterten an die Gurgel geht, ist er selbst. Die Hände des Bildhauers würgen und knuffen sein Abbild, boxen in sein Gesicht, pressen den Schädel. Die bis zur Taille reichende Büste ist stückhaft, roh, durchlöchert. Die Hände haben sich von den Armen gelöst und ein sadistisches Eigenleben begonnen. Der Bildhauer legt Hand an (sich selbst).

Marc Quinn: „Seit Beginn meiner Beschäftigung mit Kunst fesseln mich Franz Xaver Messerschmidts Skulpturen und seine unglaubliche Fähigkeit, Gefühle darzustellen. Mit diesen Werken gelang es Messerschmidt, die strengen Regeln der Hofkunst des 18. Jahrhunderts zu durchbrechen und lebensnahe Themen menschlicher Existenz darzustellen, die uns auch heute noch – 200 Jahre später – ansprechen. Als ich Anfang der 1990er-Jahre gezwungen war, meinen hedonistischen Lebensstil zu ändern, spendeten mir die ,Charakterköpfe‘ viel Trost. Ein Jahr lang konnte ich nicht arbeiten, erst durch Messerschmidts Werke fand ich wieder zur Kunst zurück. Sie brachten mich dazu, die Serie ,Emotional Detox‘ zu schaffen. Beide nun gemeinsam in den großartigen Räumen des Oberen Belvedere ausgestellt zu sehen, ist für mich die Erfüllung eines Traums.“

Marc Quinn, Fear of Fear, 1994. © Marc Quinn Studio. Image courtesy of Marc Quinn studio

Marc Quinn, Emotional Detox: The Seven Deadly Sins IV, 1995. © Marc Quinn Studio. Image courtesy of Marc Quinn studio

Marc Quinn, Emotional Detox: The Seven Deadly Sins VI, 1995. © Marc Quinn Studio. Image courtesy of Marc Quinn studio

Der Anspruch, den flüchtigen Ausdruck von Emotion in Mimik und Gestik festzuhalten und mit den Mitteln der Bildhauerei zu fassen, verbindet Marc Quinn und Franz Xaver Messerschmidt über die Zeiten hinweg. Beide Künstler arbeiten mit Blei, einem Material, das für seine Toxizität und seine Rolle in dem sagenumwobenen alchimistischen Vorgang, der in einem Prozess der Verwandlung zu Gold führt, essenziell ist. Die autobiografischen Arbeiten beider Künstler thematisieren zutiefst persönliche Lebenseinschnitte und zeigen ergreifende Selbstinszenierungen. Die Ausstellung „Face to Face“ ist die erste gemeinsame Präsentation der Werke von Franz Xaver Messerschmidt und Marc Quinn.

Franz Xaver Messerschmidt schuf die Werkgruppe der „Charakterköpfe“ in seinen letzten Lebensjahren von 1770/71 bis 1783, die er zurückgezogen und enttäuscht vom Wiener Kunstbetrieb in Bratislava verbrachte. Die zum Teil ins Groteske verzerrten Gesichter geben bis heute Rätsel auf. Ihre deskriptiven Titel erhalten die Köpfe erst von der Nachwelt. Was den Künstler zu diesen Darstellungen motiviert hat, wird bis heute heftig diskutiert. Das Belvedere besitzt mit 16 Originalen den größten Bestand an Messerschmidts „Charakterköpfen“, von denen bis heute eine große Faszination ausgeht. Durch ihre von jeder Generation neu erfahrene Aktualität laden sie zu einer Gegenüberstellung mit zeitgenössischen Positionen ein.

Franz Xaver Messerschmidt, Ein düstrer finstrer Mann, 1770/1783. © Belvedere, Wien. Image courtesy of Marc Quinn studio

Franz Xaver Messerschmidt, Ein Erhängter, 1771/1783. © Belvedere, Wien. Image courtesy of Marc Quinn studio

Franz Xaver Messerschmidt, Ein Schalksnarr, 1777/1783. © Belvedere, Wien. Image courtesy of Marc Quinn studio

Marc Quinn, 1964 in London geboren, ist einer der ausdrucksstärksten Künstler seiner Generation. Seine Skulpturen, Gemälde und Zeichnungen erforschen das Verhältnis von Kunst und Wissenschaft, die Wechselwirkung zwischen Mensch und Natur sowie den menschlichen Körper und die Wahrnehmung von Schönheit. Sein Werk nimmt häufig Bezug auf die Kunstgeschichte – von modernen Meistern bis zur Antike. Quinn wurde 1991 mit seiner „Skulptur Self“ bekannt, einem Abguss des Kopfes des Künstlers aus fünfeinhalb Litern seines eigenen gefrorenen Blutes. Während sich ein Großteil seiner frühen Arbeiten auf die Erforschung des Selbst konzentrierte, war Quinn bald fasziniert davon, die Erfahrungen anderer zu reflektieren – Werte, Wahrnehmung und die Bruchlinien der Gesellschaft infrage zu stellen.

Andere von der Kritik gefeierte Werke sind „Alison Lapper Pregnant“ (2005), ausgestellt auf dem Fourth Plinth des Londoner Trafalgar Square; „Planet“ (2008), eine monumentale Darstellung des Sohnes des Künstlers als Baby, dauerhaft installiert in Gardens by the Bay, Singapur; „Breath“ (2012), eine monumentale Nachbildung von „Alison Lapper Pregnant“, die für die Eröffnungszeremonie der Paralympics 2012 in London in Auftrag gegeben wurde, und „Self Conscious Gene“ (2019), eine 3,5 Meter hohe Bronzeskulptur des „Zombie Boy“ Rick Genest, die im Science Museum in London permanent ausgestellt ist. Quinns Werke sind in Sammlungen auf der ganzen Welt vertreten, darunter Tate, London, Metropolitan Museum New York, Guggenheim, Venedig, Stedelijk Museum, Amsterdam und Centre Pompidou, Paris.

Zu sehen bis 3. Juli

www.belvedere.at

28. 2. 2022

Volksoper im Kasino: Powder Her Face

April 23, 2019 in Klassik

VON MICHAELA MOTTINGER

Eine speelige Oper über die Queen of Queer

Die Queen of Queer mit ihrem Gefolge: Ursula Pfitzner, David Sitka (li.) und Ensemble. Bild: © Barbara Pálffy/Volksoper Wien

Es ist nichts Alltägliches, dass eine Inszenierung eine Altersfreigabe ab 16 Jahren hat. Bei Komponist Thomas Adès‘ Erstlingswerk „Powder Her Face“ weist praktischerweise bereits der Wikipedia-Eintrag auf den Grund dafür hin, hat doch Librettist Philip Hensher in dessen vierte Szene den ersten Blowjob der Opernwelt eingeschrieben. Dass im Werk der beiden Briten viel mehr steckt, als einmal „Französisch“, beweist allerdings die fürs zeitgenössische Musiktheater beispiellose Erfolgsgeschichte seit seiner Uraufführung 1995 beim Cheltenham Festival. Die Volksoper zeigt die erotische Kammeroper nun als dritte Produktion an ihrem Spielort für Besonderes, dem Kasino am Schwarzenbergplatz, und es ist von einer gewissen Pikanterie, diese Arbeit im einstigen Palais des Habsburger-Nesthäkchens Erzherzog Ludwig Viktor zu sehen.

Machte Skandalprinz „Luzi-Wuzi“ aus seinem queeren Lebensstil ja bekanntlich kein Geheimnis. Queer, diesen ehemaligen Begriff für abnorm oder abartig, hat die LGBT-Community längst als Selbstbeschreibung für sich in Anspruch genommen, vielfach taucht das Wort auch im Henshers explizitem Text auf, ein Moment, auf das Regisseur Martin G. Berger Bezug nimmt, indem er den Solistinnen und Solisten der Aufführung eine in allen sexuellen Spielarten ausgestattete Statisterie zur Seite stellt.

Diese empfängt das Publikum leicht geschürzt schon beim Einlass, überhaupt gehen die Darsteller immer wieder auf Tuchfühlung zu ihm, wenn sie die Bühne, die eigentlich ein rund ums Orchester laufender Catwalk ist, verlassen. Bergers Zugriff auf die Oper ist very british, spleenig und skurril, was passt, wird doch der tragische Absturz der Protagonistin in eine schwarzhumorige Gesellschaftssatire gebettet, in der weder die Upper Class noch das in doppeltem Sinne gemeine Volk geschont werden, und mit der Adès und Hensher die Dekadenz und den Ennui der High Society ebenso aufs Korn neben, wie die Falschheit und Verbissenheit deren, die in diesen inneren Kreis mit allen Mitteln zu gelangen trachten. Unnötig zu sagen, dass dieses vor Sex und Zynismus geradezu dampfende Stück von den Zuschauern heftig akklamiert wird.

Rückschau im Rosé-Riesenpelz: David Sitka, Ursula Pfitzner, Bart Driessen und Morgane Heyse. Bild: © Barbara Pálffy/Volksoper Wien

Der Richter ist ein Hampelmann: Bart Driessen projiziert mit Livekamera sein Gesicht auf die Puppe. Bild: © Barbara Pálffy/Volksoper Wien

Am Ende eine Karikatur ihrer selbst: Morgane Heyse als Interviewerin und Ursula Pfitzner. Bild: © Barbara Pálffy/Volksoper Wien

Inspiriert ist „Powder Her Face“ von der Biografie der in Großbritannien legendären Margaret Campbell, Duchess of Argyll, einer nicht nur in Liebesdingen Freigeistin mit den Markenzeichen Pudel und dreireihige Perlenkette, und ihrem aufsehenerregenden Scheidungsprozess vom Herzog im Jahr 1963, bei der ihr dieser nicht nur 88 Affären vorrechnete, sondern auch das Polaroid einer Fellatio vorlegte. Adès hat dafür eine dreiste Partitur zu Papier gebracht, ein Mix aus Zitaten der Unterhaltungsmusik der 1920- und 1930er-Jahre, Tango und Cole-Porter-Persiflage, der Margaret Campell laut ihr in „You’re the Top“ besungen haben soll, und Reverenzen an Schubert, Strawinsky und Strauss‘ „Rosenkavalier“. Dirigent Wolfram-Maria Märtig führt das kleine, mit unter anderem überdimensionalem Schlagwerk, Harfe, Akkordeon und Klingeln eigenwillig besetze Instrumentalensemble der Volksoper zur Höchstleistung, wenn es die disparaten musikalischen Versatzstücke aufs Feinste zusammensetzt. Nicht umsonst wird dieser Klangkörper beim Schlussapplaus beinah am lautesten gefeiert.

Wie Adès den Musikern bei der Klangschöpfung menschlicher Abgründe enorme Virtuosität abverlangt, so müssen auch die vier Akteure für ihre schwierigen Partien alles geben. Dies gelingt Ursula Pitzner als Duchess, Morgane Heyse als Maid, David Sitka als Electrician und Bart Driessen als Hotel Manager gesanglich wie schauspielerisch exzellent. Pitzner balanciert als Queen of Queer brillant auf dem schmalen Grat, ihre Figur der Lächerlichkeit preiszugeben und trotzdem etwas von deren Würde zu retten. Ob die acht Szenen Erinnerung oder Einbildung sind, enträtselt sich nicht, da Morgane Heyse, David Sitka und Bart Driessen nicht nur das Personal des Hotels, in dem die Herzogin ihre späten Jahre verbrachte, verkörpern, sondern auch Feinde und Wegbegleiter früherer Zeiten. Klammer der Handlung ist das Jahr 1990, von dem aus die Ereignisse von 1934 bis 1970 erzählt werden, allerdings nie die prägenden, sondern stets ein Warten darauf oder ein Reflektieren darüber.

So geht’s über Körperverschlingungen zu einem schräg-sündigen Tango, dieser gleichsam die Ouvertüre und Morgane Heyses erste Chance zum Koloratur-Orgasmus, über eine Spottepisode, in der Zimmermädchen Heyse und Elektriker Sitka die Herzogin ob ihrer Freizügigkeit demütigen, von 1990 nach 1934, in welchem die Duchess sehnsüchtig auf den zu werdenden Ehemann Nr. 2, Bart Driessen als Herzog, hofft. Auch hier kommentieren die Bediensteten die Gefühlsduselei ihrer Herrin hämisch, ihre Habsucht gegen seinen Hang, Mädchen ins Unglück zu stürzen. Zwei Jahre später, bei der Hochzeit, träumt eine Kellnerin angesichts der ausschweifenden Feierlichkeiten vom Luxus.

Exzess mit Badewanne: David Sitka, Bart Driessen, Morgane Heyse und Ursula Pfitzner in Champagner und Schoko. Bild: © Barbara Pálffy/Volksoper Wien

Die Society erfreut sich am Scheidungsskandal: David Sitka, Morgane Heyse und Bart Driessen als Richter. Bild: © Barbara Pálffy/Volksoper Wien

Martin G. Berger erschafft auf der Bühne von Sarah-Katharina Karl und mit den Bondage-Accessoires, Strapsen und Spitzencorsagen von Kostümausstatter Alexander Djurkov Hotter sinnlich-suggestive Bilder. Zur Vergnügung jedes mit jedem werden schön klischierte Videos von zerfließendem Softeis und aufblühenden Blumen projiziert. Mit vollem Einsatz wird geposed, nehmen die Damen ein Champagner-Schokolade-Obstsalat-Bad, singt sich Pitzner bei Sitkas sehr speziellem Roomservice, Berger präsentiert Beischlaf statt Oralsex, zum Höhepunkt, tobt die Öffentlichkeit schließlich in Affenmasken über die Eskapaden der Herzogin. Die Verrücktheiten, die die allgemeine Sensationsgier von ihr nachgerade forderte, werden der Herzogin nun zum Vorwurf gemacht, werden ihr zum Verhängnis werden.

Mit Heyse und Sitka, die ihre Stimmen im Reigen der Rollen- und Partnerwechsel sicher führen, glänzt Bart Driessen, der diese Charaktere schon zum zweiten Mal gestaltet, als Herzog und als Scheidungsrichter. Ersterer hat nicht nur einen Auftritt wie der Komtur, sondern darf sich auch, als ihm seine Geliebte die Seitensprünge der Gattin offenbart, rechtschaffen männlich entrüsten und besagtes Polaroid in der Luft zerfetzen. Bei zweiterem ergänzt Driessen einen Riesenhampelmann um sein per Livekamera gefilmtes Gesicht, der Gesetzsprecher, der die Herzogin für pervers und ergo schuldig erklärt, als bigotter In-ihren-Unterrock-Wichser, den vor Geifer ein genitaler Blutsturz ereilt. Was Driessen nicht davon abhält, seine Arie vortrefflich zu Ende zu singen. Als Hotel Manager wird es, wieder 1990 angelangt, seine Aufgabe sein, unter Absingen einer Art Requiem die mittlerweile verarmte Adelige aus dem Haus zu expedieren, wogegen sie sich ein letztes Mal einem freilich interesselosen Mann anbietet.

Davor stellt Ursula Pfitzner noch einmal ihr tragikomisches Können aus, 1970, da wird die Herzogin interviewt, erscheint als Karikatur ihrer selbst mit clownesk-groteskem Makeup und überkandidelter Perücke, den Hängebusen im pinken Kostüm verstaut und mit Plüschtierpelz verhängt. Aber während sie über ihre Schönheitsgeheimnisse schwadroniert, bricht durch ihren Smalltalk die Einsamkeit, der Jammer über den Verlust von sogenannten Freunden und Liebhabern. Noch einmal Tango, doch angeekelt zieht man sich von ihr zurück, und am Ende die Erkenntnis: „Die einzigen Menschen, die je gut zu mir waren, wurden dafür bezahlt.“ „Powder Her Face“ ein weiteres sehenswertes Kleinod der Volksoper im Kasino. Morgen wird Hausherr Robert Meyer verraten, was in der Saison 2019/20 am großen Haus und in der kleinen Spielstätte geplant ist. Man darf gespannt sein.

Video: www.youtube.com/watch?v=ISNsqcL9ZWg&t=77s  www.youtube.com/watch?v=2EWQ2Yo3a-c           www.volksoper.at

  1. 4. 2019

mumok: Dabernig, Haliti und Neuerwerbungen

Juni 5, 2014 in Ausstellung

VON RUDOLF MOTTINGER

Drei Ausstellungen starten an einem Tag

Ab 6. Juni gibt es im mumok drei neue Ausstellungen zu sehen:

Josef Dabernig: River Plate, 2013, Filmstill 35mm, s/w, 16 min Courtesy the artist und / and Galerie Andreas Huber, Wien und / and Wilfried Lentz, Rotterdam © Bildrecht Wien, 2014

Josef Dabernig: River Plate, 2013, Filmstill 35mm, s/w, 16 min
Courtesy the artist und / and Galerie Andreas Huber, Wien und / and Wilfried Lentz, Rotterdam © Bildrecht Wien, 2014

Josef Dabernig: Rock the Void

Ordnungsliebe und Minimalismus, rationalistische Obsession und der Hang zu planbaren Strukturen scheinen die Szenerie zu prägen, die der Künstler und Filmemacher Josef Dabernig (geb. 1956 in Kötschach-Mauthen) für seine erste umfassende Überblicksausstellung in musealem Rahmen entwickelt. Und doch wird die von ihm zur Schau gestellte Aufgeräumtheit durch subtile Irritationen und Ungereimtheiten aller Art immer wieder ins Wanken gebracht. Der systemimmanente Leerlauf diverser Art wird mit viel konzeptuellem Humor zum Gegenstand der Auseinandersetzung. Ein zentrales Element von Rock the Void ist der Raster, der den BesucherInnen als Montageprofil an den Wänden, als Reihung rechtwinkliger Vitrinen oder als Abfolge kubischer Einbauten begegnet.

Für seine Personale im mumok hat der Österreicher ein sich über drei Ausstellungsebenen erstreckendes, architektonisches Konzept entwickelt, mit dem er seine künstlerischen Arbeitsbereiche zueinander in Beziehung setzt. Frühe Skulpturen, konzeptuelle Auflistungen und Textarbeiten sowie mathematisch strukturierte Aluminiumraster finden darin ebenso ihren Platz wie Fotopanoramen von Fußballstadien und Dabernigs filmische Werke. Sein neuer Film River Plate (2013) ist ebenso zu sehen wie der bei den Filmfestspielen in Venedig 2011 für den Europäischen Filmpreis nominierte Hypercrisis (2011). Auch Dabernigs Filmerstling Wisla (1996), dem international breite Anerkennung zuteil wurde, ist darunter.

Flaka Haliti: I See a Face. Do You See a Face.

Flaka Haliti, die Gewinnerin des Henkel Art.Award. 2013, bezieht sich in ihren gesellschafts- und medienanalytischen Arbeiten auf ihre Erfahrungen als Grenzgängerin zwischen unterschiedlichen Ländern und Kulturen. Die 1982 geborene Künstlerin lebt und arbeitet sowohl in ihrer Heimatstadt Pristina als auch in München und Wien.

In der Gegenüberstellung einer Installation aus imitierten Betonwänden und einer Fotoserie mit Wolkenmotiven, in die Gesichtszüge als Computergrafiken eingezeichnet sind, konstruiert sie ein raumbezogenes Szenario von bedrohlicher Enge mit vermeintlichem Ausblick ins Offene und Weite. Das zwischenmenschliche Verhältnis von Nähe und Distanz unter den Bedingungen der Mediatisierung thematisiert eine Videoinstallation, die sich mit Fernbeziehungen im Internet auseinandersetzt.

Der Ausstellungstitel I See a Face. Do You See a Face. leitet sich von der Fotoserie mit den Wolkenporträts her und stellt eine Frage, die durch ihre Schreibweise zugleich eine Feststellung beinhaltet. Mit dieser bewussten Auflösung eindeutiger Verhältnisse und Zuordnungen unterstreicht Flaka Haliti ihr Interesse, ein Spiel zwischen Realität und Fiktion, zwischen imaginärer Nähe und räumlicher Distanz in Gang zu setzen.

Raum & Wirklichkeit: Neuerwerbungen & Schenkungen

Schon mit ihrer Antrittsausstellung Museum der Wünsche hat Direktorin Karola Kraus die inhaltliche Präzisierung der mumok Sammlung zu einem Schwerpunkt ihrer Arbeit in Wien erklärt. An diese museumspolitische Aufgabe anknüpfend, zeigt das mumok über die Sommermonate 2014 zentrale Neuzugänge in einer thematischen Auswahl. Im Mittelpunkt der Sammlungspräsentation steht die Hinwendung zum Raum als Thema der Kunst.

Mit der Orientierung auf den Raum verbinden sich gattungsübergreifende Absichten und das Ziel, die Grenzen zwischen künstlerischer und gesellschaftlicher Wirklichkeit zu überbrücken. Anhand einer Auswahl von Neuerwerbungen und Schenkungen zeigt das mumok rund 30 markante Beispiele der Beschäftigung mit dem Raum seit den 1960er-Jahren.

www.mumok.at

5. 6. 2014