donaufestival 2016: Drei Tipps

März 3, 2016 in Tipps

VON MICHAELA MOTTINGER

Das letzte Programm von Tomas Zierhofer-Kin

God's Entertainment: Neue Europäische Tragödie Bild: © Rolf Arnold

God’s Entertainment: Neue Europäische Tragödie
Bild: © Rolf Arnold

Vom 29. April bis 7. Mai findet das donaufestival in Krems statt. Tomas Zierhofer-Kin präsentierte Donnerstag Vormittag das diesjährige Programm, das unter dem Motto „redefining arts“ steht. Es ist sein letztes Jahr als Festivalleiter, Zierhofer-Kin wird Intendant der Wiener Festwochen. In Krems wird Thomas Edlinger ab 2017 sein Amt übernehmen.

Das donaufestival 2016 versteht sich als Manifest der Nicht-Norm, des anderen, des postkolonialen Blicks auf eine Welt des Grauens. Das Programm sei kein Best of, Dinge nostalgisch Revue passieren zu lassen, sondern „ein Best of im Sinne einer inhaltlichen Zuspitzung“, so Zierhofer-Kin. In einer Zeit, in der Ratlosigkeit dominiere, müsse man Künstlern zuhören. „Kunst muss uns die echte Wirklichkeit zeigen“. Die Menschen müssten das „Vertrauen gewinnen, Künstlern zuzuhören und wir müssen von der Kunst lernen“. Es gehe beim diesjährigen Festival darum, sich „auf fundamentale Weise mit Nicht-Normen auseinanderzusetzen“, sagt er. Zum Abschluss „seines“ Festivals werde man „die Bühne frei machen für unser Publikum“. Das Publikum sei „der zentrale Akteur des Festivals“, dieses sei ausgezeichnet von „einer stetig wachsenden Kurve an Neugier“. Zierhofer-Kin bedankte sich beim gesamten Festival-Team: „Es war eine unglaublich spannende Arbeit. Es war eine tolle Zeit“.

Drei Tipps aus dem Festivalprogramm:

Julius Deutschbauer, David Jagerhofer und Barbara Ungepflegt:  Kunstinspektion Donau. Ab 25. April, Stadtcafé Ulrich. Amtsstunden täglich von 14 bis 20:00 Uhr, ab 18 Uhr gemütliches Denunzieren und Lamentieren bei Imbiss und Trank. Beim donaufestival 2016 beziehen drei Inspektoren Posten in Krems. Deutschbauer, Jagerhofer und Ungepflegt ermitteln! Das Team der Kunstinspektion Donau fordert die Bevölkerung von Krems auf, Missstände oder Verdächtigungen jeglicher Art zur Anzeige zu bringen. Es kann sich dabei um Kunst- beziehungsweise Kulturanzeigen handeln, es kann der Hund des Nachbarn oder das Fehlen von weiblichen Straßennamen angezeigt werden, ein Monopol oder die Schließung einer Bankfiliale und so weiter … Allen Anzeigen wird nachgegangen oder mittels des schwarzen Einsatzwagens Ape 50 Europe mit Blaulicht und Megafon nachgefahren. Es können live neue Fälle zur Anzeige gebracht werden.

Außen am Wachzimmer ist ein Beschwerdebriefkasten angebracht, wo die BürgerInnen – auch außerhalb der Dienstzeiten! – ihre Anzeigen einwerfen können, entweder mit ihrem Namen versehen oder anonym. Es wird gebeten, die dafür vorgesehenen Anzeigeformulare zu verwenden. Diese sind auch an neuralgischen Orten aufgelegt, gehen als Postwurf an jeden Haushalt in der Region und können als PDF-File von der Homepage des Festivals heruntergeladen werden. Die Idee hinter der Kunstinspektion Donau besteht darin, die Verhältnisse umzudrehen, die Kunst selbst zum Ordnungshüter zu machen, um die Regeln des Alltags und die Normalität zu überwachen und als Normalität vor den Übergriffen durch Kunst zu schützen oder sie eben diesen auszusetzen.  julius-deutschbauer.com

God’s Entertainment: „Niemand hat euch eingeladen – Teil II der Neuen Europäischen Tragödie“. Ab 29. April, Messegelände/Halle 1. Kaum eine Künstlergruppe hat das donaufestival seit seiner Neupositionierung so intensiv begleitet und geprägt wie God´s Entertainment. Am Anfang noch als unbekannte Newcomer und Geheimtipp sind die Wiener Theaterikonoklasten wie Theaterretter zu Stars der internationalen Performance-Szene avanciert. Mit der Uraufführung ihrer „Neuen Europäischen Tragödie“ demonstrieren sie einmal mehr, dass politisches Theater bürgerliche Folklore ist und dass es einzig um den Moment gehen kann, an dem Theater politisch wird.

Anstatt sich damit zu begnügen, die Performance anhand der aktuellen Flüchtlingstragödie zu beschreiben, ist nun wesentlich tiefer zu fragen, wie es bereits Jean Paul Sartre im Vorwort zu Frantz Fanons Buch „Die Verdammten dieser Erde“ tat: „Und was tut Europa? Dieses Geschwätz von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, Liebe, Ehre, Vaterland, was weiß ich. Nichts ist bei uns konsequenter als ein rassistischer Humanismus, weil der Europäer nur dadurch sich zum Menschen hat machen können, dass er Sklaven und Monstren hervorbrachte“. Und wenn diese „fremden Monstren“ heute übers Mittelmeer flüchten, schreibt man groß: Niemand hat euch eingeladen! Aufgrund der derzeitigen europäischen Umstände zeigt die Performance durch Collagen und Bilder konsequent, worin der Zuschauer die eigene machtlose Nacktheit am Theater wiedererkennen kann. Solange man sich auf dieser Seite Europas als machtlos und frustriert betrachtet, kann man gerne auf die andere Seite der Mauer flüchten. www.gods-entertainment.org

Monster Truck & Theater Thikwa: Dschingis Khan: Ab 5. Mai, Forum Frohner. Die Tendenz der westlichen Welt, ihr eigenes Normensystem, ihre eigene Ästhetik auf das gefürchtete und unterjochte Fremde zu projizieren, hat eine lange Tradition. Dass Exotismus keinesfalls ein harmloses ästhetisches Spiel ist, sondern Ausdruck von Rassismus, wird in der Performance „Dschingis Khan“ des deutschen Kollektivs Monster Truck ebenso deutlich, wie die Tatsache, dass Rassismus und Behindertenfeindlichkeit ihre gemeinsamen Wurzeln in denselben Untiefen des Denkens haben. Monster Truck arbeiten seit Jahren mit Schauspielern des  Theater Thikwa zusammen, das sich „Der Geist lässt sich nicht behindern“ auf seine Fahnen geschrieben hat. Menschen mit Down-Syndrom, einst wegen ihres Aussehens „mongoloid“ genannt, zeigen den Alltag der Mongolen.

In schwere Felljacken gehüllt sollen die Performer ihre vermeintliche Authentizität und Wildheit zur Schau stellen. Sie bekommen Handlungsanweisungen und werden zu Tableaus arrangiert. Ausgeleuchtet und mit Sound unterlegt werden sie auch noch in ihren banalsten Verrichtungen mit tieferer Bedeutung aufgeladen. Die Maschinerie des Theaters läuft auf Hochtouren, um das größtmögliche Andere zu produzieren. Ein Anderes, in das Ängste und Sehnsüchte ausgelagert werden können, und das man wahlweise bemitleiden, fürchten, begehren oder verklären kann. Dschingis Khan, der mächtigste Herrscher aller Zeiten, erscheint degradiert zu einer billigen Kirmesattraktion, in der sich Vorstellungen von fremdländischer Exotik mit landläufigen Ideen von geistiger Behinderung vermischen. www.monstertrucker.de

www.donaufestival.at

Wien, 3. 3. 2016

donaufestival im WUK

Dezember 10, 2014 in Tipps

VON MICHAELA MOTTINGER

REAL DEAL!  Festival für Postspekulative Kultur

RealDeal Bild: (c) godsentertainment

RealDeal
Bild: (c) godsentertainment

12./13. 12. Hosted by God’s Entertainment & dem designierten Intendanten der Wiener Festwochen Tomas Zierhofer-Kin.

Die fortschreitende Kapitalisierung der Gesellschaft geht auch an der Kunst – und Kulturpolitik nicht spurlos vorbei. Wo Förderungen gerechtfertigt werden müssen, fallen vorrangig Begriffe wie Umwegrentabilität, Indexanpassung oder Kosteneffizienz. Die Terminologie des ökonomischen Denkens dominiert die Strategien und Überlegungen zur Auf – und Umverteilung der vorhandenen aber schwindenden Ressourcen quer durch die Institutionen. Subventionsgeber spekulieren mit Theatern, Theater spekulieren mit Künstlern, die Künstler mit der Kunst und alle zusammen mit dem Publikum. Dabei übersehen oder ignorieren die Repräsentanten oft genug, dass die, die sie repräsentieren sollen und wollen, weder auf der Bühne noch im Zuschauerraum vertreten sind. Oder andersrum, aber auch nicht viel besser, dass sie ausschließlich vertreten sind.

REAL DEAL! will keine Kunden sondern Komplizen, will keine Kritik an bestehenden Verhältnissen, sondern andere Verhältnisse. Die Veränderung von Koordinaten der festgelegten Strukturen ist das Ziel die Realität selbst neu zu denken und jedes Vorhaben unabhängig von vorgegebenen Strukturen zu verwirklichen.

Mit REAL DEAL! analysieren, psychedelisieren, dekonstruieren und theatralisieren God’s Entertainment zusammen mit Christina Kubisch, geheimagentur, Ann Liv Young, Shrack!, The Bug, Lady Leshurr, Jaap Blonk, Ventil, Billy Roisz, etc. die Emotionen hinter den Fassaden des WUK.

REAL DEAL! remixt Performancekünste und Club Kultur: ein Karneval der diplomierten Zuschauer, ein Mantra für Unbefriedigte, eine Pre-formance für ein neues Zeitalter, eine Turbospekulation.

www.gods-entertainment.org

www.wuk.at

www.donaufestival.at

Wien, 10. 11. 2012

Donaufestival 2014

April 16, 2014 in Tipps

VON MICHAELA MOTTINGER

10 years redefining arts

Gods Entertainment: Human Zoo Bild: Frank Egel

Gods Entertainment: Human Zoo
Bild: Frank Egel

Am 25. April beginnt das diesjährige donaufestival.Vor zehn Jahren startete das donaufestival einen fundamentalen Umwertungs- und Neudefinitions-Prozess. Es entstand ein Podium für Künstlernnen, die sich nicht mehr im bürgerlichen Sinne der so genannten Avantgarde und ihrem Sturm auf die hochkulturellen Tempel verbunden sahen, sondern die sich dem klassischen Genredenken widersetzten und pop- wie subkulturell sozialisiert neue Aktionsräume im weiten Feld der globalen Medien- und Massenkultur und ihrer gesellschaftlichen Realitäten suchten. Auf diese Weise hat gleich zu Beginn des neuen donaufestival der gesellschaftliche Paradigmenwechsel seine Entsprechung in jenem des aktuellen Kunstschaffens gesucht. Und gefunden.

Jenseits aller Genregrenzen ging es von Anfang an darum, tradierte Muster zu hinterfragen und zu brechen,aber auch von einer neuen, gänzlich anders gedachten und erlebten Welt zu träumen. So begegneten subkulturelle Phänomene und Statements neuen Theaterformen auf Augenhöhe, visionäre Klangkunst reichte avanciertem Pop und Anti-Pop die Ohren, neue künstlerische Hybridformen drangen in neue physische, virtuelle wie geistige Handlungsräume ein, Performancekunst, bildende Kunst, Aktionismus und neue elektronische Musik schwangen das Tanzbein (und die Keule) im diskursiven gesellschaftlichen Schlachtfeld unserer Zeit, dem Club!
In seiner 10. Edition wendet sich das neue donaufestival 2014 vermehrt KünstlerInnen zu, deren Arbeiten sehr eng mit den zentralen globalen Themen wie der Beziehung Mensch – Natur – Tier, Ausbeutung, Ausgrenzung, Unterdrückung und Migration verbunden sind. Jenseits hierarchischer und dualistischer Denkmodelle träumt man mit den KünstlerInnen von gesellschaftlichen Gegenmodellen, von ephemeren anarchischen Weltentwürfen, in Köpfen werden paradiesische Gärten gebaut und  Pflanzen und Tieren vermählen; man wird bild-, ton- und wortgewaltige Manifeste gegen eine Welt, die man hasst, errichten und zerbrechlich zarte Liebeserklärungen an eine Welt, von der wir träumen und von der wir glauben, dass sie Realität werden könnte, formulieren. Drastische Menschen- und Gesellschaftsbilder zeigen Santiago Sierra, Dries Verhoeven und God ́s Entertainment. In ihren Arbeiten stellen sie auf unterschiedliche Weise aber mit dem gemeinsamen Ziel, gesellschaftliche Phänomene von Ausbeutung, Unterdrückung, Ausgrenzung und Konsum zu hinterfragen, echte Menschen aus. Während Sierra mit Häftlingen der Justizanstalt Stein die kathartische Wirkung von Nahtoderfahrungen untersucht, bringt Verhoeven verdrängte Bilder und Handlungen von Unvollkommenheit und Tabubruch in einen Glasschaukasten in der Kremser Fußgängerzone. God ́s Entertainment stellen in einem echten Zoo Randgruppen aus, um da mit gesellschaftliche Barrieren sowohl sichtbar zu machen, als auch einzureißen.
Zwischenmenschliche Beziehungen werden auf subtile Weise sowohl bei der ungewöhnlichen Zusammenarbeit des Performers und Choreographen Jeremy Wade mit der bildenden Künstlerin Monika Grzymala und der Kunst-Band Xiu Xiu als auch bei der neuen Performance von Patrycja German zum Thema. Einmal in einer zerbrechlichen schwarz-weißen Welt aus Obsessionen in Wades „Dark Material“, das andere Mal in der sanften Provokation von künstlich hergestellter Nähe in Germans Performance „Special Guest“. Die Finanz- und Sinnkrise unserer globalisierten Gesellschaft ist Ausgangspunkt bei Keith Hennessy, der in seiner Performance „Turbulence (a dance about the economy)“ einen Frontalangriff auf das wirtschaftlich-politische System startet, aber auch ein utopisches Modell einer non-hierarchischen Gesellschaft zeichnet. Anarchische Ansätze treffen auf Radical-Faerie-Aktivismus und erschaffen eine soziale Mikrogesellschaft in Form eines organischen Weltneubaus. In eine ähnliche Richtung zielt auch das Projekt rund um Jeremy Wade The Great Big Togetherness, in dem KünstlerInnen wie Liz Rosenfeld, Carlos Maria Romero & Guillaume Marie, Igor Koruga, AA Bronson, Johannes-Paul Raether, Keith Hennessy und Meg Stuart neue gesellschaftliche Politiken der Zusammengehörigkeit erproben möchten. Im Umfeld dieser queeren neuen Welt wird Annie Sprinkle (zusammen mit Beth Stephens) eine neue Edition ihrer weltweit erprobten ökosexuellen Kunsthochzeiten – diesmal wird Erde, Schlamm und Schmutz geheiratet – zelebrieren. Parallel dazu werden Emi Honda und Jordan McKenzie (auch als Elfin Saddle bekannt) eine sich selbst erschaffende Mikro-Garten-Installation kreieren, die Natur und Technik zu einer artifiziellen, neuen Wunderwelt fusioniert.
Musikalisch reicht der Bogen von Jeff Mills afrofuturistischer Club-Installations-Performance ‚The Sleeper Wakes‘ bis hin zu den politischen wie poetischen Songs von Teho Teardo und Blixa Bargeld oder dem neuen experimentellen Bandprojekt von Kim Gordon (Sonic Youth) und Bill Nace namens Body/Head. Peter Rehbergs elektronische Avantgarde-Label-Familie eMego (u.a. Fennesz, Stephen O’Malley, Kassel Jaeger), Vatican Shadows Hospital Productions (mit Ninos Du Brasil & Ron Morelli) und Morphosiś Morphine Records (mit Metasplice, Charles Cohen) stellen wegweisende Kreativwertstätten ins Rampenlicht, queere Ansätze aus dem Performance-Bereich spiegeln sich bei Mykki Blanco, Terre Thaemlitz, Peaches oder Xiu Xiu wieder. Neue elektronische Musik zwischen Sound Art, Indust rial, Noise und experimentellen Clubformaten nimmt mit Robert Henke, Jon Hopkins, Boddika & Joy Orbison, Tim Hecker, Pharmakon, Forest Swords, Oneohtrix Point Never, Mouse on Mars oder Vessel eine zentrale akustische Rolle ein. Als Surprise Guest des Abschlussabends am 3. Mai konnte Actress gewonnen werden, der sein umjubeltes neues Album live präsentieren wird.

www.donaufestival.at 

Wien, 16. 4. 2014

Die Kunstmeile Krems beim Donaufestival

April 25, 2013 in Ausstellung

Installation / Performance / Soundart

Douglas Gordon: Den ganzen Tag Frühstück  Bild: Douglas Gordon

Douglas Gordon: Den ganzen Tag Frühstück
Bild: Douglas Gordon

In Kooperation mit der Kunsthalle Krems hat sich das donaufestival in den letzten Jahren zunehmend dem Bereich der bildenden Kunst mit Projekten von Franz Graf und Franz Pomassl „Iceland Hits Danube“ oder zuletzt im Rahmen der Medieninstallation von John Bock geöffnet. Die Zusammenarbeit des donaufestival unter der künstlerischen Leitung von Tomas Zierhofer-Kin und der neu gewonnenen Kuratorin Gabrielle Cram sowie dem Direktor der Kunsthalle Krems, Hans-Peter Wipplinger, geht 2013 bereits in die vierte Runde und zeigt auch in diesem Jahr wie erfolgreich und synergetisch die Partnerschaft zwischen performativen Kunstformen und bildender Kunst sein kann. Neben dem Schwerpunkt vehement politisch agierender KünstlerInnen und Kollektive aus Mittel- und Südamerika, wie Tania Bruguera mit Immigrant Movement International, Teresa Margolles oder Carlos Amorales, die auf der Kunstmeile Krems neueste Produktionen uraufführen, setzt das donaufestival die Programmschiene von Performances bildender KünstlerInnen – in Kooperation mit der Kunsthalle Krems – fort. Eine zentrale Rolle werden dabei international agierende Künstler wie Douglas Gordon und Tino Sehgal spielen, die in der Ausstellung „Große Gefühle. Von der Antike bis zur Gegenwart“ in der Kunsthalle Krems neue Arbeiten präsentieren werden. Die zahlreichen Performances im Zuge des donaufestival (25/04/ – 04/05/2013) finden in der Kunsthalle Krems, dem Forum Frohner, dem Kunstraum Stein und der Factory der Kunsthalle Krems statt. Eine genreüberschreitende Kooperation.

www.donaufestival.at

Von Michaela Mottinger

Wien, 25. 4. 2013

Donaufestival 2013: Jetzt geht’s los!

April 25, 2013 in Tipps

Performative Kunstformen im Kontext

von bildender Kunst und Aktionismus

St.Genet: Transport of Delirium Act IV 2012 Seattle  Uraufführung "Paradisical Rites" Bild: Dan Hawkins

St.Genet: Transport of Delirium Act IV 2012 Seattle
Uraufführung „Paradisical Rites“
Bild: Dan Hawkins

Das donaufestival hat sich in den letzten Jahren national wie international als eines der markantesten und schillerndsten Festivals für die Kunst unserer Zeit etabliert.  Über 70 Konzerte und 20 Performance- und Kunstprojekte werden heuer an insgesamt sechs Festivaltagen, in der Zeit vom 25.04.-04.05., zu erleben sein. In seiner neunten Ausgabe widmet sich das donaufestival vermehrt performativen Kunstformen jenseits des Theaters, die im Kontext von bildender Kunst und Aktionismus agieren, zwischen Installation und Medienkunst, zwischen gewagter Behauptung und Camouflage – getragen von der großen Sehnsucht nach einer gesellschaftspolitisch relevanten Kunst.

PERFORMANCE/ART: Schwerpunkte: „Die Kunst der Wahrnehmungsveränderung“: das donaufestival setzt auch heuer seinen Schwerpunkt von Performances bildender KünstlerInnen – in Zusammenarbeit mit der Kunsthalle Krems – fort.  Eine zentrale Rolle werden dabei  Douglas Gordon und Tino Sehgal spielen. Ein Schwerpunkt widmet sich vehement politisch agierenden KünstlerInnen und Kollektiven aus Mittel- und Südamerika: darunter TERESA MARGOLLES, FRAN ILICH (und sein Kollektiv DIEGO DE LA VEGA), IMMIGRANT MOVEMENT INTERNATIONAL (der kubanischen Künstlerin Tania Bruguera), SIN KABEZA PRODUCTIONS, CHETO CASTELLANO & Lissette Olivares und CARLOS AMORALES. Das Architektinnen-Kollektiv um François Roche, new-territories und  [eIf/b^t/c], wird die Installation „Alterated States. Mind Machines“  im Eingangsbereich des Festivalzentrums gestalten.

Drei Auftragswerke. Drei Uraufführungen. Drei Welten. Drei Produktionen  auf der Suche nach einem neuen, anderen, essentiellen Theater und seiner Magie: HANS PETER LITSCHER: OPERATION OTTO RETTER (25.04.-04.05.), SAINT GENET: PARADISIACAL RITES (25.04.-04.05.), MIASMA: THE EELHOUSE (27.04.) Die in Wien lebenden Künstlerin Bella Angora wird mit der Uraufführung ihrer neuen Peepshow-Performance und Medieninstallation  soft, slow & sweaty – break unltd (25.04.-27.04.) zu Gast sein. Peter Weibel wird mit Hotel Morphila Orchester sein 3D-Rausch-Konzert „The Origin of Noise – The Noise of the Origin“ uraufführen, eine Versuchsanordnung über die Zukunft des Konzertes als interaktive, multimediale soziale Plastik zwischen radikaler Innovation und subkultureller Verwurzelung… Die während des donaufestival stattfindenden Ausstellungen der Kunsthalle Krems „Große Gefühle“ und Tillmann Kaiser: „Hermetische Melancholie III“  sowie Corinna Schnitt „Living a Beautiful Life“ in der Galerie Stadtpark  sind im Festival-Ticket inkludiert. Im Kino im Kesselhaus wird es u.a. einen Videokunst und Kurzfilmschwerpunkt geben.

TINO SEHGAL  (25.-27.04.): www.donaufestival.at/festival/programm/13/tino-sehgal Seine ephemeren Interventionen oder „Situationen“ finden ohne Ankündigung und ohne zeitliche und räumliche Begrenzung statt. Mit fragilen und teilweise minimalsten Veränderungen des Szenarios einer Ausstellungs-Wirklichkeit entstehen Momente von Unruhe, Verunsicherung, Irritation, aber auch Momente von Wahrnehmungs-Schärfung und  Veränderung statt. Douglas Gordon UND FILMKLASSE FRANKFURT: ALL DAY BREAKFAST (2.-4.5.): www.donaufestival.at/festival/programm/13/douglas-gordon-filmklasse-frankfurt Ganz anders rückt der aus Schottland kommende und in Berlin und Frankfurt lebende Medienkünstler Douglas Gordon unseren tradierten Wahrnehmungsmustern auf den Pelz. Persönliche und kollektive Erinnerung, deren Zusammenhänge, Konstruktionen und Aktivierungsprozesse stehen oft im Zentrum seiner Arbeit, für die er oft (pop)kulturelle Produkte wie Filme oder Musiken herangezogen hat.  Zum donaufestival lädt Douglas Gordon seine Filmklasse der Frankfurter  Städelschule zu der dreitägigen Performance „All Day Breakfast“. In gewohnter Manier der Demontage, Ausdehnung, De- und Neu-Konstruktion entsteht ein intermedialer Performance-Marathon. FRAN ILICH und sein  Kollektiv DIEGO DE LA VEGA (25.04.04.05.): www.donaufestival.at/festival/programm/13/fran-illich RAIDERS OF THE LOST CROWN ist ein Spiel zwischen Fiktion und Realität rund um die Rückkehrverhandlungen des aztekischen Penacho nach Mexiko. Während des donaufestivals manifestiert sich das Projekt als performativ inszeniertes klandestines Kaffee und Media Lab. „Die Mission von Raiders of the Lost Crown ist letztlich die Rückkehr der Federkrone nach Mexiko (obgleich die Frage, wem die Krone in Mexiko rechtmäßig zusteht, keine leicht zu beantwortende ist!). So spielt das Spiel mit der Trope der „Schatzsuche“, indem diese der Beute, resultierend aus kolonialer Expropriation, und Kriegstrophäen gegenübergestellt wird. So versucht es die Diskussion um Restitution und koloniale Schuld an ein größeres öffentliches Forum heranzutragen.“

TERESA MARGOLLES (25.04.): www.donaufestival.at/festival/programm/13/teresa-margolles Die erst im November 2012 mit dem Artes Mundi Preis für Zeitgenössische Kunst ausgezeichnete Künstlerin (*1963, Mexico) arbeitet seit Beginn ihrer künstlerischen Auseinandersetzungen performativ. In ihren Arbeiten setzt sie sich mit der alltäglichen massiven Gewalt in Mexiko auseinander, entstanden um den Krieg, um den Drogenhandel und den damit verbundenen Gewinnen. Die Arbeit, die Margolles am donaufestival inszeniert, ist ein kontextualisiertes Reenactment einer Performance, die sie 2012 auf der XVIII Bienal de Arte Paiz Guatemala umsetzte. Dort kam die Künstlerin in Kontakt mit Stickerinnen aus der Region am See Atitlán. Vier K’iche‘ (NachfolgerInnen der Maya) Frauen sprachen über ihre Erfahrungen, während sie ein Tuch mit traditionellen Maya Symbolen bestickten, welches mit Blut von einem Ort, an dem eine Frau ermordet wurde, getränkt war.  IMMIGRANT MOVEMENT INTERNATIONAL (2.-4.5.): www.donaufestival.at/festival/programm/13/immigrant-movement-international Das  von der kubanischen Künstlerin Tania Bruguera ins Leben gerufenes Langzeitprojekt mit der Basis in Queens/ NY )  hat im Rahmen der für das donaufestival eine  (IM)MIGRANT RESPECT-Kampagne entworfen. Immigrant Movement International will den „Immigranten“ als „global citizen“, als Weltenbürger neu definieren und damit die Basis für einen respektvollen gleichberechtigten Umgang schaffen. Im Sinne der von Bruguera postulierten „nützlichen Kunst“ werden künstlerische Arbeiten aktiv in eine soziale, politische und wissenschaftliche Auseinandersetzung und in das Schaffen neuer Realitäten eingebunden. Während des heurigen donaufestival wird  IM International  vom 2.-4.5. (tägl. 12:00-20:00) sein „IM International Think Tank Space“ im Kunsttraum Stein aufschlagen. SIN KABEZA PRODUCTIONS, CHETO CASTELLANO & Lissette Olivares: OPEN TV (2.-4.5.): www.donaufestival.at/festival/programm/13/sin-kabeza-productions-cheto-castellano-lissette-olivares Open TV erarbeitet live und unter Publikumsbeteiligung Shows, die später editiert werden und während des Festivals als dokumentierte Aufnahmen in einer Installation zu sehen sind. Caros Amorales MIT KLANGFORUM WIEN: ERASED SYMPHONIE (25.4.): www.donaufestival.at/festival/programm/13/carlos-amorales-mit-klangforum-wien

Für Erased Symphonie wird Strauss’s „Kaiser-Walzer“ in der Bearbeitung von Arnold Schönberg (1925) einem Löschungsprozess unterzogen. Amorales verwendet dafür einen präparierten Plotter (er tauscht die Cutter-Nadel mit einem Bleistift aus und später wird radiert).HANS PETER LITSCHER: OPERATION OTTO RETTER (25.4.-4.5.) www.donaufestival.at/festival/programm/13/hans-peter-litscher Indem der „Spurensuchers“ und „Echosammlers“  Hans Peter Litscher zur Erforschung des Lebens und Wirkens des total in Vergessenheit geratenen Kremser Queer-Theoretikers, Cross Dressers und Gesamtkunstwerkers Otto Retter Spuren der Vergangenheit nachgeht, erzählt Litscher mit seiner performativen, multimedialen Lebens- und Werkschau Retters eigentlich über Gegenwart und Zukunft. SAINT GENET: PARADISIACAL RITES (25.4.-4.5.): www.donaufestival.at/festival/programm/13/saint-genet Ganz anders vereinen der Performancekünstler Ryan Mitchell und seine Truppe Saint Genet die Genres zwischen bildender Kunst, Installation, Musik und Theater. Die bildgewaltige Rauminstallation „Paradisiacal Rites“ aus einem Kornfeld, von der Decke hängenden ausgestopften Wildvögel und kinetischen Skulpturen wirkt im ersten Moment wie die artifizielle Wiedererschaffung der Natur aus dem Geist der naturwissenschaftlichen Wunderkammer. In Wirklichkeit aber gerät die Installation zum Schauplatz von Mitchells „grausamen Theater“, das mit Blut, Honig und Blutegel nicht nur die PerformerInnen in psychische und physische Grenzsituationen bringt.

THE EELHOUSE: THE-MERZ-WORLD-NEW-CONSTRUCTION. PART II: THE BLACK SEA WASHING MACHINE (METAMORPHOSIS) (27.4.): www.donaufestival.at/festival/programm/13/the-eel-house Ähnlich bildgewaltig arbeitet auch das aus zahlreichen KünstlerInnen unterschiedlicher Genres bestehende Kollektiv rund um den Theatermacher Bastian Wilplinger und setzt im Auftrag des donaufestivals Maries Müllers Reise durch die Jahrhunderte (die im ersten Teil des Projekts in der Ankerbrot-Fabrik begonnen hat) fort, die zum Versuch ihrer Selbstbehauptung gegen die Zwänge einer psychotischen Gesellschaft wird; in den Sümpfen verbündet sie sich mit den Outcasts, den VerliererInnen der Gesellschaft. Mit innovativster Filmtechnologie wird dieses theatralische Ereignis, das im Stadtsaal und an einem noch geheimen Ort parallel stattfinden wird, in Spielfilmqualität live geschnitten und in Echtzeit ins Netz übertragen. Das Smartphone wird so in Krems zur dritten Performance-Ebene, zum dritten Spielort. Peter Weibel wird am 25.4. mit  Hotel Morphila Orchester sein 3D-Rausch-Konzert „The Origin of Noise – The Noise of the Origin“ uraufführen: www.donaufestival.at/festival/programm/13/peter-weibel-mit-hotel-morphila-orchester

Weitere performative Projekte: Bella Angora: SOFT, SLOW & SWEATY – BREAK. UNLTD“ (25.-27.4.). www.donaufestival.at/festival/programm/13/bella-angora KASPAR T. TOEPLITZ/JONATHAN SCHATZ: Tans_Niagara (25.4.): www.donaufestival.at/festival/programm/13/kasper-t.-toeplitz-jonathan-schatz PATAPHYSISCHER JAHRMARKT (26.4.): www.donaufestival.at/festival/programm/13/pataphysischer-jahrmarkt-1 MONSTERFRAU: MONSterfrau gegen marduk (2.5.): www.donaufestival.at/festival/programm/13/monsterfrau BORIS ONDREICKA (2.5.): www.donaufestival.at/festival/programm/13/boris-ondreicka 2/5BZ: Istanbul Courthoustep age (4.5.): www.donaufestival.at/festival/programm/13/2-5bz DENIMBOYSAYS (4.5.): www.donaufestival.at/festival/programm/13/denimboysays..

 www.donaufestival.at

Von Michaela Mottinger

Wien, 25. 4. 2013