Von Felix Mitterer bis Cornelius Obonya

August 28, 2013 in Bühne

VON MICHAELA MOTTINGER

Die Walfischgasse startet mit Stars in die neue Saison

Cornelius Obonya, Stefano Bernardin, Claudia Kottal Foto: Robert Polster

Cornelius Obonya, Stefano Bernardin, Claudia Kottal
Foto: Robert Polster

Zunächst ein Rückblick als Vorschau: Weil der hauptberufliche Autor Felix Mitterer vergangene Saison als grandioser Schauspieler in Franz Kafkas „Bericht an eine Akademie“ dem Publikum schier atemberaubende Höhepunkte bescherte, gelang es Anita Ammersfeld, Intendantin des Wiener stadtTheater Walfischgasse, den Vielbegabten zu drei weiteren Abenden zu überreden: Am 25., 26. und 27. Oktober kann man Mitterer nochmals als Affen Rotpeter erleben!

Die ersten neue Eigen-Produktion ist ein Auftragsstück an Rupert Henning „C(R)ASH“ – Premiere ist am 16. Oktober. Das Stück erzählt über Realitäten, in denen wir leben: solche mit vier Wänden und solche, die wir manchmal einfach nicht wahrhaben wollen … Das junge Ehepaar Trish und Artie Rizzo ist vor kurzem erst in ein schönes, altes Haus eingezogen, das in einer ausnehmend guten Wohngegend steht, wo sich nur betuchtere Leute Grund und Boden leisten können. Der smarte, geschäftlich begabte Artie hat ziemlich viel Geld mit der Entwicklung und dem Verkauf einer Anwendungssoftware und diversen lukrativen Investments gemacht, während die hübsche, intelligente Trish erst vor kurzem ihr langjähriges Studium abschließen konnte. Als ein uniformierter Polizist vor der Türe steht, sind Trish und Artie zunächst auch nicht sonderlich beunruhigt – und Officer Leroy S. Brooks scheint ja ein besonders netter Kerl zu sein, der einfach nur einmal vorbeischauen wollte, um die neuen Bewohner des schönsten Heims in „seiner Gegend“ kennenzulernen. Das anfangs freundliche, zwanglose Gespräch wird zusehends angespannter – auch weil sich herausstellt, dass der Cop offenbar mehr über die Geschichte des Hauses weiß, als es zunächst schien: Brooks macht auch keinerlei Anstalten, seinen „Höflichkeitsbesuch“ zu beenden – ganz im Gegenteil: Es wirkt fast so, als würde der unerwartete Gast bleiben wollen – und als wäre es ihm lieber, die Rizzos würden gehen… Langsam kippt die Stimmung. Die eigenen vier Wände, die ihnen zwar laut Kaufvertrag gehören, aber eigentlich nicht zustehen, wenn man Leroy S. Brooks Worten glauben darf, sind plötzlich kein schützendes Heim mehr, sondern eine Gefängnis ohne Ausweg – und der Ausgang des unerwarteten Besuches ist völlig offen… Hochklassig besetzt mit Claudia Kottal, Stefano Bernardin und Salzburgs neuem, fabelhaftem „Jedermann“ Cornelius Obonya verspricht Hennings Stück in der Regie von Obonya-Ehefrau Carolin Pienkos ein besonderer schauspielerischer Genuss zu werden.

Bereits als zweites Stück (nach „Kleine Eheverbrechen“ im Jahre 2009) von Eric-Emmanuel Schmitt, einem der bekanntesten und erfolgreichsten zeitgenössischen französischen Autoren, bereits zweimal mit dem Prix Molière und 2001 mit dem „Grand Prix du Théâtre“ der Académie Française ausgezeichnet, ist als Eigenproduktion der Walfischgasse „Enigma“ zu sehen: Isabella Suppanz inszeniert das Interview eines Provinz-Journalisten mit einem zurückgezogen lebenden Literaturnobelpreisträger, das zum Ausgangspunkt einiger Enthüllungen wird – Lebenslügen, Verrat und Masken der Männlichkeit werden aufgedeckt. Aus den erzwungenen Bekenntnissen der beiden Männer entsteht das Bild einer rätselhaften Frau aus der Vergangenheit. Neu und wahrhaftig … Es spielen Christian Pätzold und Alexander Rossi; Premiere ist am 13. November.

Auch ein weiteres Stück von Yasmina Reza wird sehen sein: „3 x Leben“ beginnt als Feydeau´sche Komödie, wächst sich aber zu einem Bunuel’schen Albtraum aus. Reza beschreibt mit Sensibilität, Humor und hinterhältiger, abgrundtiefer Bösartigkeit in drei Variationen das Zusammentreffen zweier Ehepaare, das sich jedes Mal anders gestaltet, obwohl es immer um die gleiche Grundkonstellation geht. Dabei verschieben sich die Machtverhältnisse permanent und vor allem die Ehefrauen haben ein gerüttelt Maß schuld, daß jeder gegen jeden kämpft und zu erniedrigen versucht. Es spielen (nach „Gott des Gemetzels“ wieder) Oliver Baier sowie Barbara Horvath, Sinikka Schubert und Nicolaus Hagg; Regie Michael Gampe; Premiere: 15. 1. 2014.

Fortgesetzt wird natürlich auch in der neuen Saison die Reihe „Peter Huemer im Gespräch mit …“, zu Gast sind diesmal Paul Lendvai am 27. Oktober und Robert Menasse am 17. November (jeweils Sonntag, 11 Uhr). Als Neuheit veröffentlicht das stadtTheater erstmals eine selbstproduzierte DVD: Arik Brauers  Jugend-Erinnerungen „A Gaude wars in Ottakring“ wurde wegen der großen Publikums-Nachfrage in der Walfischgasse aufgezeichnet und wird auch im Fernsehen ausgestrahlt (Freitag, 8. November, 23:20 h auf ORF 3), dem Tag den Novemberpogromen 1938.

www.stadttheater.org

Rezension vom 14. 2. 2013: www.mottingers-meinung.at/felix-mitterer-spielt-franz-kafka

Wien, 28. 8. 2013