Belvedere: Klimt und die Antike. Erotische Begegnungen
Juni 22, 2017 in Ausstellung
VON MICHAELA MOTTINGER
Hetärengespräche als Herzstück der Schau

Gustav Klimt: Freundinnen (Wasserschlangen I), 1905/06, mit letzten Überarbeitungen 1907. Belvedere, Wien. Bild: © Belvedere, Wien
Ab morgen widmet sich die Ausstellung „Klimt und die Antike. Erotische Begegnungen” in der Orangerie im Unteren Belvedere dem faszinierenden Dialog zwischen Gustav Klimts Werk und der antiken Kunst. In einem interdisziplinären Ansatz verschränkt die von Tobias G. Natter kuratierte Schau Archäologie und Kunstgeschichte. Ausgewählte Belege aus dem Schaffen des Jugendstilkünstlers zeigen den zentralen Wandel in seinem Antikenverständnis.
Ein Herzstück der Ausstellung bildet die von den Wiener Werkstätten gestaltete, mit Zeichnungen Gustav Klimts illustrierte Neuauflage der Hetärengespräche des Lukian. Die Gegenüberstellung antiker Vasenmalerei zeigt überraschende Übereinstimmungen zwischen Klimts Linienkunst und den antiken Bildwelten.
Die Antike bildete für Gustav Klimt während seiner gesamten künstlerischen Laufbahn eine wichtige Inspirationsquelle. Die ersten Einflüsse auf sein Schaffen sind in den Dekorationen im Wiener Burgtheater oder im Kunsthistorischen Museum zu erkennen, die reich an klassischen allegorischen Darstellungen sind. In seinem vom Historismus geprägten Frühwerk waren es motivische Details, die den Künstler interessierten. Nach 1900 ist es dann vor allem der „Geist der Antike“, den er in seine eigene Formensprache überträgt.

Gustav Klimt: Die feindlichen Gewalten (Detail des Beethovenfrieses), 1901/02. Belvedere, Wien. Bild: © Belvedere, Wien

Musensarkophag, 180–200 n. Chr. Kunsthistorisches Museum, Wien, Antikensammlung. Bild: © KHM-Museumsverband Mittlere Kaiserzeit
Das Buch entstand zu einer Zeit, als sich Gustav Klimt vom gefeierten Shootingstar der Belle Epoque zum Bannerträger der Moderne profilierte. Klimt strebte damals danach, sich von der Zensur durch diverse Auftraggeber zu befreien – die Illustration des Erotikons war ein erstes Going Public seiner erotischen Papierarbeiten, das aufgrund des Ausreizens gesellschaftlicher Normen von manchen als sittliche Grenzüberschreitung empfunden wurde. Einige der Exemplare gelangten in den Besitz prominenter Persönlichkeiten, wie Koloman Moser, Herrmann Bahr, Karl Ernst Osthaus und Berta Zuckerkandl. In der Ausstellung werden den 15 Dialogen ausgewählte Beispiele der attischen rotfigurigen Vasenmalerei gegenübergestellt.
Trotz der zeitlichen Distanz von mehr als zwei Jahrtausenden offenbaren sich im Zusammenspiel der antiken Vasenmalerei und Klimts Linienkunst überraschende Übereinstimmungen, die neue Sichtweisen auf das Antikenverständnis des Künstlers zeigen. Dazu der Ausstellungskurator Tobias G. Natter:“Die Ausstellung fasziniert durch die vielen Facetten von Klimt und seiner Motivsuche. Vor allem aber spricht die Zusammenschau, die es so noch nie gab, vom ewigen Frühling der antiken Kunst“.
Wien, 22.6. 2017