Burgstar Roland Koch inszeniert Shakespeare
Februar 22, 2013 in Tipps
Anne Bennent macht in St. Pölten „Viel Lärm um nichts“
Es ist schon erstaunlich, aus welchen Stoffen Shakespeare eine Komödie flechten konnte. „Viel Lärm um nichts“ ist diesbezüglich seine „grausamste“. Da wird eine Frischverlobte durch eine Intrige der Untreue bezichtigt, scheidet aus Schmach – wieder ein Schmäh – aus dem Leben. Der Vater nimmt sich aus Gram fast das seine. Aber zum Glück gibt’s einen „Deus ex machina“-Prinzen, der alles zum Guten wendet. Und außerdem neben Claudio und Hero, dem ernsthaften Liebespaar, Benedikt und und Heros Kusine Beatrice, damit neben Duellen mit scharfen Schwertern auch solche mit scharfen Zungen gefochten werden können. Wer den Kinofilm mit Kenneth Branagh, Emma Thompson und Denzel Washington kennt, weiß das eh alles …
Burgtheaterschauspieler Roland Koch, Darsteller in zahlreichen Shakespeare-Stücken, hat am Landestheater Niederösterreich/St. Pölten nun „Viel Lärm um nichts“ inszeniert. Am Burgtheater führte er bereits mit großem Erfolg bei „Was Ihr wollt“ Regie (er war damals kürzestfristig für die erkrankte Andrea Breth eingesprungen) – diesmal nahm er sich Kollegen Moritz Vierboom (der ist ab 16. 3. auch in „Mamma Medea“, in der Regie von Philipp Hauß, einem weiteren Burg-Mitglied, zu sehen) als Ränkeschmieder Don Juan mit. Für die Rolle der Beatrice kehrt Anne Bennent nach mehrjähriger Pause wieder ans Landestheater zurück
Das Ergebnis: Ein Erfolg. Allen voran glänzt die Bennent, als bissige, verkrampfte „Männerhasserin“ Beatrice, die mit sich selbst nicht im Reinen ist. Schlägt doch auch in ihrem Busen die Sehnsucht, den Richtigen zu finden, bevor sie als alte Jungfrau endet. Immer wieder greift sie den Männern ans Gemächt, aber da muss das optimale wohl erst noch geschnitzt werden … Ein Glück, dass ihr Widerpart „Benedict“ Tobias Voigt zur Wandlung fähig ist. Der von ihr als Hofnarr beschimpfte Shakespeare-Intellektuelle wird vom Zyniker, vom Sprücheklopfer zum Liebenden. Apropos, Wandlung: Auch Benno Ifland als Leonato legt eine großartige hin. Vom leicht senil-outrierenden Hausherrn, läuft er, als seine Tochter Hero verunglimpft wird, zu Hochform auf. Reißt das Stück vom Tralala in die tragische Tiefe.
Tralala gibt es ohnedies genug. Koch inszeniert schräg und schrill, das Bühnenbild eine Sperrholzwand, in der sich die Darsteller immer wieder verheddern. In dieser Welt der Konventionen findet man nur schwer ein Schlupfloch. Er hat den Geschlechter“kampf“ zeitgemäß eingedampft, wohl um ihnnicht überzustrapazieren. Dazu gibt’s viel Musik von einer wunderbaren Balkan-Turbofolk-Band (geleitet von Imre Lichtenberger Bozoki), die auch immer wieder schauspielerisch ins Geschehen eingreift. Schöne Idee. Souveräne Arbeit. Noch zu sehen bis 23. März.
Von Michaela Mottinger
Wien, 22. 2. 2013
Das Volkstheater zeigt: Die Besten aus dem Osten!
Folge 11: Moldawien
Die Kurzfestival-Reihe „Die Besten aus dem Osten!“ der Volkstheater-Dependance „Hundsturm“ ist eine theatrale und literarische Erkundungstour durch unsere Nachbarländer. Seit 2006 waren in mittlerweile 11 Folgen Rumänien, Polen, Ungarn, Kroatien, Slowenien, Tschechien, Estland, die Türkei, Serbien und zuletzt der Kosovo zu Gast.
Nun präsentiert Moldawien am 22. und 23. Februar, jeweils ab 19 Uhr, einen Einblick in die Vielschichtigkeit seiner Theaterszene mit Texten, Performances und zwei Gastspielen in Landessprache mit englischen Übertiteln. Irina Wolf, eine renommierte Kennerin der moldawischen Theaterlandschaft, wird in beide Abende einführen und Lectures zur aktuellen politischen Lage und zur Situation der Theaterschaffenden in Moldawien geben.
Am 22. Februar wird das Dokumentarprojekt „Casam“ von Foosbook gezeigt. Die Produktion wurde erst kürzlich beim rumänischen Theatertreffen in Bukarest ausgezeichnet und nimmt sich dem Tabuthema häuslicher Gewalt an. Der 23. Februar dreht sich um das Teatru Spalatorie. Das Künstler-Kollektiv zeigt mit „Rogvaiv“ eine ebenfalls preisgekrönte Dokumentar-Performance des rumänischen Polit-Aktivisten Bogdan Georgescu, die gegen von Politikern öffentlich artikulierte Intoleranz und gegen jede Form von Diskriminierung polemisiert. Für die Leitung des Projekts ist die im Westen zurzeit bekannteste moldawische Dramatikerin und Theatermacherin Nicoleta Esinencu verantwortlich. Ihr neuer Text „Gegenmittel“ wird in einer szenischen Lesung von den Volkstheater-Schauspielern Andrea Bröderbauer, Nanette Waidmann, Robet Prinzler und Jan Sabo vorgestellt.
Zum Abschluss gibt es eine aufsehenerregende Performance von Ion Bors auf einer alten sowjetischen Kettensäge – Drujba. Dabei geht es um die Reflektion darüber, wie ein Staat seine Macht über andere Länder via diplomatische Kanäle stülpt und so die Basis von Freundschaft auf ein Element eindampft: Angst. Nach den Vorstellungen gibt es an beiden Abenden DJ-Lines und Party!
Von Michaela Mottinger
Wien, 22. 2. 2013